Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – das hört man allenthalben. Doch was macht den Mittelstand stark? Und was hat er den Großkonzernen voraus? Dieses Forschungsfeld nimmt eine virtuelle Konferenz an der Goethe-Universität in den Blick, die von Donnerstag, 17. September, 14 Uhr bis Freitag, 18. September, 14 Uhr vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) veranstaltet wird.
Gerade während der Coronakrise stellt der Mittelstand seine Stärken unter Beweis. Die kleinen und mittelgroßen Betriebe, die auch in Hessen rund 90 Prozent aller Unternehmen ausmachen, sind meist deutlich besser gewappnet als die großen, wenn es darum geht, sich neuen Herausforderungen zu stellen. „Sie sind flexible Organisationen, die schnell auf Neues reagieren können, das gehört zu ihrem täglichen Programm“, stellt Dr. Christa Larsen, Geschäftsführerin des IWAK und Organisatorin der Konferenz fest. Ein wesentlicher Erfolgsgarant für kleine und mittelgroße Betriebe seien Besitzer- oder Geschäftsführerpersönlichkeiten. Sie „lebten“ oft für ihren Betrieb, seien regional gut eingebunden und immer auf der Suche nach guten Lösungen. Und sie blieben an Bord, auch und gerade, wenn es schwierig werde. Sie scheuten nicht davor zurück, ihren Beschäftigten etwas abzuverlangen, um die Krise zu überstehen. „Denn sie wissen, dass ihre Beschäftigten in guten Zeiten auch mehr als sonst üblich vom Betrieb profitieren. Das ist wie in einer großen Familie, ein Geben und Nehmen. Deshalb sind Betriebszugehörigkeiten von 20 oder 30 Jahren keine Seltenheit“, sagt Larsen.
Zu Recht werde der Mittelstand inzwischen vereinzelt von der jungen Generation entdeckt – geht man hier doch flexibel auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse ein. Doch nicht nur junge Berufseinsteiger interessieren sich dennoch meist mehr für die großen Unternehmen mit den klingenden Namen; auch die Arbeitsmarktforschung befasst sich immer noch viel zu wenig mit diesem Bereich des Arbeitsmarktes. Das sollte sich ändern, findet Christa Larsen: „Die Innovationspotenziale des Mittelstands zu erforschen, hilft nicht nur während der Krise. Die Politik muss wissen, wie sie diese Potenziale gezielt fördern kann.“ Dies ist auch das Anliegen des European Network on Regional Labour Market Monitoring, in welchem 400 Arbeitsmarktforscher aus mehr als 20 Ländern zusammengeschlossen sind, um entsprechende Hinweise bereitzustellen (http://regionallabourmarketmonitoring.net/). Das Netzwerk wird von der Goethe-Universität aus koordiniert, ebenso die jährliche Konferenz der Mitglieder, die nun zum 15. Mal stattfindet.
„Es ist unbedingt notwendig, bei diesem Thema europäisch zu denken. Denn hier liegt die Zukunft der europäischen Wirtschaft“, sagt Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident an der Goethe-Universität mit dem Zuständigkeitsbereich Third Mission, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis.
Zwei Tage lang werden Arbeitsmarktforscher aus verschiedenen europäischen Regionen ihre Forschungsergebnisse vorstellen und diskutieren. Sie wollen herausfinden, welche Faktoren den Mittelstand so erfolgreich bei der Bewältigung der Krise machen. In Vorbereitung darauf haben 30 Forscherinnen und Forscher aus zehn Ländern einen Sammelband erstellt – ganz im europäischen Gedanken, so dass länderübergreifende Perspektiven diskutiert werden können. Der Band wird bei der Konferenz verfügbar sein. Vertreter der europäischen Kommission haben ein Vorwort dafür geschrieben und verfolgen die Konferenz, die auch Beiträge aus Hessen hat. „Viele bauen zurecht auf den Mittelstand“, sagt Dr. Jenny Kipper aus dem Frankfurter Organisationsteam. Dieser hat beste Voraussetzungen, um die Transformation zu einer nachhaltigen Arbeitsmarktpolitik zu schaffen, die die Europäische Kommission anstrebt.
Das Programm zur Veranstaltung (PDF)
Die Veranstaltung kann am 17. September ab 14 Uhr und am 18. September ab 9:15 Uhr als Live-Stream verfolgt werden.
Zudem besteht am 17. September von 10 bis 12 Uhr unter 069 798-22152 die Möglichkeit, ein Interview mit Dr. Christa Larsen, der Geschäftsführerin des IWAK, zu führen, die auch die Koordinatorin des European Network on Regional Labour Market Monitoring ist. Gerne mit Voranmeldung unter: c.larsen@em.uni-frankfurt.de