Heute Abend findet der nächste Vortrag in der öffentlichen Vortragsreihe der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur Christen in Ostafrika und Westasien – Alte Traditionen und neue Herausforderungen statt.
Die Christen im Osmanischen Reich – von der Duldung zum Völkermord
22. Juni 2022, 20:15 Uhr
Prof. Dr. Boris Barth (Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Prag)
Abgesehen von der türkischen Regierung bestreitet heute niemand mehr, dass 1915/16 im Osmanischen Reich ein Genozid stattgefunden hat. Im Vergleich zur Shoah ist in der deutschen Öffentlichkeit allerdings sehr viel weniger darüber bekannt.
Der Vortrag untersucht die destruktiven Dynamiken, die zu den Morden führten und die Motive der jungtürkischen Regierung, die maßgeblich hierfür verantwortlich war. In der historischen Forschung ist umstritten, ob die christliche Religion das zentrale Feindbild dargestellt hat, oder ob neue Formen des Rassismus des 20. Jahrhunderts für die Vernichtungsaktionen zentral waren. Anhand von ausgesuchten Fallbeispielen wird diese Kontroverse allgemeinverständlich dargestellt.
Dr. Boris Barth ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte. Seit seiner Dissertation 1993 hatte er verschiedene Lehr- und Forschungspositionen inne. Er war tätig an den Universitäten Düsseldorf, Hagen, an der Jacobs-University Bremen, in Potsdam und in Konstanz, wo er 2003 habilitierte. Zuletzt war er lange tätig am Institut für Internationale Studien (IMS FSV UK) der Karls-Universität Prag. Seine Forschungsinteressen sind: Finanzimperialismus und die europäische Expansion seit dem 18. Jahrhundert, das Verhältnis von Banken und Politik, die Weimarer Republik und die Dolchstoßlegenden, Genozid und Rassismus im globalen Rahmen, Globalisierung im 19. Jahrhundert und die Geschichte der Demokratie. Ein durchgehendes Thema ist seit vielen Jahren die Geschichte von Völkermord und dessen Präventation.
Über die Reihe
Ostafrika und Westasien werden im breiteren öffentlichen Bewusstsein mit dem Islam verbunden. Doch schon ein rascher Blick in die Vergangenheit – und auf jüngere politische Ereignisse – lässt die religiöse Vielfalt in der Region erkennen: Juden, Christen und Muslime lebten nebeneinander, in denselben Orten, teils in Nachbarschaft. Neben friedlichen Nachbarschaftsbeziehungen der Religionen und den Machthabern gab es allerdings auch blutige Konflikte.
Die öffentliche Vortragsreihe der Deutsche Bank Stiftungsgastprofessur Christen in Ostafrika und Westasien – Alte Traditionen und neue Herausforderungen widmet sich den Christentümern dieser Regionen, die traditionell als „orientalisches Christentum“ bezeichnet werden.