Am 24. und 25. November findet die internationale Jahreskonferenz „Normative (B)Orders. Migration and Citizenship in a Time of Crisis“ des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität statt.
Allein im Jahr 2015 waren jüngsten Angaben der Vereinten Nationen zufolge mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht – als Binnenvertriebene oder in anderen Ländern. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) spricht von einem „traurigen Rekordniveau“ und betont, dass sich die weitaus meisten Flüchtlinge in Staaten außerhalb Europas aufhalten. Die weltweiten Migrationsbewegungen gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Sie resultieren aus sozialen Konflikten und bringen ihrerseits gesellschaftliche Veränderungen hervor. Die aktuelle, mittlerweile neunte Internationale Jahreskonferenz des Exzellenzclusters „Die Herausbildung normativer Ordnungen“ nimmt dieses Wechselspiel aus einer interdisziplinären, empirischen und normativen Perspektive in den Blick und fragt dabei insbesondere auch nach der Bedeutung und den Veränderungen von Staatsbürgerschaft.
Die zweitägige Veranstaltung findet am 24. und 25. November statt, auch dieses Mal im Gebäude „Normative Ordnungen“ des Exzellenzclusters auf dem Frankfurter Campus Westend. Analog zur Konferenzsprache ist auch der Titel englisch: „Normative (B)Orders. Migration and Citizenship in a Time of Crisis“. Auf den Jahreskonferenzen werden zentrale Themenstellungen des geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsverbundes mit Gästen aus dem In- und Ausland diskutiert. Die interessierte Öffentlichkeit ist nach vorheriger Anmeldung willkommen. Auf dem diesjährigen Programm stehen drei Panels mit insgesamt neun Vorträgen. Hinzu kommt eine Keynote von Ayelet Shachar, Direktorin am Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften in Göttingen.
Der Beitrag der Rechtsprofessorin Shachar, zu deren Schwerpunkten Staatsbürgerschafts- und Einwanderungsrecht sowie hoch qualifizierte Migration zählen, widmet sich am 24. November um 17.00 Uhr dem Thema „Bordering Migration: Legal Cartographies of Membership and Mobility“. Darin wird sie grundsätzlich der Frage nachgehen, warum – und mit welchem Recht – Staaten einige wenige willkommen heißen, während sich viele andere, auch Schutz suchende Flüchtlinge, bei ihrem Einbürgerungswunsch kaum überwindbaren Hürden gegenübersehen. Die ehemalige Inhaberin des Canada Research Chair in Citizenship and Multiculturalism an der Universität Toronto beobachtet einen Trend in Richtung „Olympic Citizenship“ – höchstqualifizierte Menschen anderer Nationalität werden geradezu umworben, wie ja tatsächlich auch jene Topathleten, die kurz vor olympischen Spielen die Nationalität wechseln, um zum Ruhme ihres neuen „Heimatlandes“ Medaillen zu gewinnen.
Die Erörterung, was Staatsbürgerschaft, die wiederum faktische und normative Grenzen zwischen Menschen errichtet, heute heißt, zieht sich wie ein roter Faden durch die Tagung. Ebenso grundlegend sind Überlegungen, wie Staaten – jeweils einzeln oder im Verbund – ihrer Verantwortung für die Flüchtlingskrise gerecht werden sollten. Im ersten Panel geht es dabei auch um den Umgang mit den Ursachen. Es heißt „The Politics of Migration: Problems, Principles and Policies“ und wird moderiert von dem politischen Philosophen Rainer Forst und dem Rechtswissenschaftler Klaus Günther, den beiden Sprechern des Exzellenzclusters, die auch die Konferenz eröffnen. Vortragende sind die politischen Philosophinnen Lea Ypi von der London School of Economics and Political Science und Eszter Kollár, Postdoktorandin am Exzellenzcluster. Hinzu kommen der Makrosoziologe Steffen Mau (Humboldt-Universität zu Berlin) und der Politikwissenschaftler Jens Steffek (Exzellenzcluster).
„The Institutional, Legal and Normative Challenges of Europe’s Contemporary Migration Crisis“ stehen im Fokus des zweiten Panels am 25. November. Es geht von dem Befund aus, dass die so genannte Flüchtlingskrise in Europa auch hausgemacht ist. Schuld an dem krisenhaften Verlauf sind vor allem die unzureichenden institutionellen Entscheidungsstrukturen der EU, gepaart mit mangelnder Kooperationsbereitschaft. Zu den notwendigen Reformen gehört jetzt ein praktikables System der Lastenverteilung. Erster Referent ist Rainer Hofmann, Rechtswissenschaftler an der Goethe-Universität und Co-Direktor des Wilhelm-Merton-Zentrums für Europäische Integration und Internationale Wirtschaftsordnung. Die weiteren Mitwirkenden sind Angehörige des Clusters und auf dem Feld der politischen Wissenschaft zu Hause: Gunther Hellmann (Moderation), Nicole Deitelhoff und Christopher Daase sowie Nele Kortendiek.
Die „Rushdie-Affäre“ beeinflusste den europäischen Blick auf die so genannten Gastarbeiter, für die Menschen der westlichen Sahelzone ist Mobilität seit Jahrhunderten der Normalfall und das westliche Konzept der Staatsbürgerschaft nicht leicht zu verstehen, die diskursive Irrelevanz der südostasiatischen Flüchtlingskrise in Europa gibt Aufschlüsse über selektive Empathie: Das dritte Panel, mit dem die Jahreskonferenz am Nachmittag des 25. November endet, widmet sich dem Tagungsthema aus historischer und ethnologischer Perspektive. Eingeführt von der Ethnologin Susanne Schröter (Exzellenzcluster) sprechen der Migrationshistoriker Leo Lucassen (Amsterdam und Leiden) sowie die Ethnologen Mamadou Diawara (Exzellenzcluster) und Dominik M. Müller (zuvor Postdoktorand am Cluster, jetzt Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle).
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Die Konferenz steht allen Interessierten offen. Eine vorherige Anmeldung ist jedoch erforderlich – bitte unter: office@normativeorders.net | Weitere Informationen zum Programm gibt es hier »
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