Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) entstandene Publikation weist Fälschungsvorwurfe überzeugend zurück: Die Goldbleche von Bernstorf, um die seit Jahren eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung geführt wird, stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Bronzezeit und sind damit keine Fälschungen. „Die Ergebnisse der mit archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden durchgeführten Untersuchungen der Goldbleche und der Bernsteine von Bernstorf haben bislang den Vorwurf von Fälschungen nicht bestätigen können“, sagte der Archäologe Prof. Rüdiger Krause von der Goethe-Universität in Frankfurt.
Krause und sein Kollege Prof. Dr. Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung München, weisen in einem gerade erschienenen Buch auf Basis akribischer Untersuchungen nach, dass nach Abwägung aller bisher bekannten Ergebnisse kein einziges stichhaltiges Argument für das Vorliegen von Fälschungen gefunden werden konnte. Das Buch wurde heute in der Archäologischen Staatssammlung München von den beiden Herausgebern vorgestellt.
Die Autoren heben hervor, dass die Gold- und Bernsteinfunde von Bernstorf auch aus kulturhistorischer Sicht herausragende, aber nicht außergewöhnliche Zeugen einer raumgreifenden Kulturentwicklung im 14. Jh. v. Chr. mit vielfältigen Bezügen und Beziehungen zwischen der Nordischen Bronzezeit Südskandinaviens, den bronzezeitlichen Gruppen Mitteleuropa und den Hochkulturen des östlichen Mittelmeerraumes darstellen. Dabei bildet der Raum Süddeutschland offensichtlich eine Drehscheibe für die Vermittlung und den Transfer von Gedankengut und unterschiedlichen Objekten und Gütern – wie Metallen und Bernstein. Es verwundert daher nicht, dass außergewöhnliche Objekte wie die Goldbleche und die mit Schriftzeichen versehenen Bernsteine bis nach Süddeutschland auf den Bernstorfer Berg bei Kranzberg gelangt sind – immerhin der größten Befestigung der Mittleren Bronzezeit nördlich der Alpen.
Zu dem öffentlich immer wieder erhobenen Vorwurf, bei den Funden handele es sich um Fälschungen, erklärten die beiden Forscher: „Es ist in der Geschichte der Archäologie nicht ungewöhnlich, dass außergewöhnliche archäologische Objekte zunächst als Fälschungen bezeichnet werden. Meist ist es aufwendig und mit langwierigen Untersuchungen verbunden, bis die Authentizität von antiken Objekten zweifelfrei geklärt werden kann. Auf diesem Weg sind wir mit der nun vorliegenden Publikation und den zugrunde liegenden Untersuchungen einen entscheidenden Schritt vorangekommen.“
Die Vorwürfe, bei den in Bernstorf gefundenen Goldbleche und den mit Ritzungen versehenen Bernsteine handele es sich um Fälschungen, waren insbesondere in den vergangenen zwei Jahren durch den Chemiker E. Pernicka vom Curt-Engelhorn Zentrum für Archäometrie in Mannheim vehement verfochten und zuletzt sogar mit unkritisch verwendeten und falschen Fakten belegt worden. Der Fälschungsvorwurf hatte sich vor allem an der erstaunlichen Reinheit des Goldes entzündet und der Tatsache, dass die Objekte zunächst von Laienarchäologen geborgen worden waren.
Krause und Gebhard weisen dagegen nach, dass die Frage der Echtheit keinesfalls nur anhand des Goldreinheitsgrads beantwortet werden kann. „Die Frage der Echtheit lässt sich nur durch Anwendung unterschiedlicher Analysemethoden beantworten. Anhand von Vergleichsobjekten und auch durch die zahlreichen Schriftquellen des 2. und 1. Jahrtausends v. Chr. aus dem Vorderen Orient lässt sich zeigen, dass es in der Antike Goldreinigungsverfahren gab (das sog. Läutern von Gold), mit denen sich reinstes Gold herstellen ließ, das sogar die Reinheit von analytisch hergestellten modernem Gold erreichen konnte. Aber auch an den gravierten Bernsteinen lassen durch Untersuchungen mit ultraviolettem Licht und spezieller Lichtmikroskopie deutlich Verwitterungsspuren feststellen, die eine neuzeitliche Herstellung eindeutig ausschließen.“
In dem jetzt vorgelegten Buch, dessen Entstehung auch durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert wurde, sind viele Fragen zur Auffindung, Bodenlagerung, zur Herstellung und zum Ausgangsmaterial in umfangreichen Detailstudien vorgelegt. Der erste Teil, verfasst von Rupert Gebhard und Rüdiger Krause, stellt eine synoptische Betrachtung aller Ergebnisse und Analysen dar. Der zweite Teil umfasst Beiträge und Gutachten zahlreicher Autoren, die einzelne Aspekte zu den Funden untersucht haben. Behandelt werden die aktuellen Thesen zur Fälschung der Funde von Bernstorf und stellen diese in einen größeren Zusammenhang interdisziplinärer Forschung. Anhand eines bekannten Falles (der sog. „Himmelsscheibe von Nebra“) werden Methoden, Möglichkeiten und Grenzen von Authentizitätsprüfungen ausführlich diskutiert. Durch die Anwendung und Kombination neuer Ansätze und Methoden leistet das Buch auch einen Beitrag zur Grundlagenforschung auf dem Gebiet von Fälschungsanalysen.
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Publikation
Rupert Gebhard und Rüdiger Krause, Bernstorf – Archäologisch-naturwissenschaftliche Analysen der Gold- und Bernsteinfunde vom Bernstorfer Berg bei Kranzberg, Oberbayern.
Mit Beiträgen von Barbara Armbruster, Vanessa Bähr, Ursula Baumer, Peter Freiberger, Patrick Dietemann, Karl Thomas Fehr (†), Jochen Haberstroh, Werner Häusler, Rupert Hochleitner, Helene Hofmann, Bernd Kromer, Andrea Lazzaro, Paola Paoletti, Martin Pietsch, Martin Radtke, Christian Rewitzer, Astrid Röpke, Claudia Rohde, C. Sebastian Sommer, Friedrich E. Wagner, Ursel Wagner, Stefan Winghart
Abhandlungen und Bestandskataloge der Archäologischen Staatssammlung, Band 3
herausgegeben von Rupert Gebhard, zugleich: Frankfurter Archäologische Schriften, Band 32, herausgegeben von Hans-Markus von Kaenel, Rüdiger Krause, Jan-Waalke Meyer und Wulf Raeck.
319 Seiten, zahlreiche Abbildungen. € 49,00.
Bezug: Archäologische Staatssammlung München, Postfach 22 14 27, 80535 München, www.archaeologie-bayern.de und Verlag Dr. Rudolf Habelt, Bonn.
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