SAFE Policy Lecture über die Aufgabe von Banken und ihre Bedeutung für stabile Finanzmärkte

Prof. Anjan Thakor; Foto: Uwe Dettmar

Warum existieren Banken und welche Funktionen erfüllen sie in modernen Gesellschaften? Bei einer SAFE Policy Lecture am 18. Oktober sprach Anjan V. Thakor von der Olin Business School der Washington University in St. Louis über die Rolle, die Banken für die Gesellschaft spielen und was dies für die Finanzstabilität und die Bankenregulierung bedeutet.

Für Thakor sind Kreditinstitute ein „wesentlicher Teil der Gesellschaft“ und dienen einem höheren Zweck. Für ihn spiegelt dieser höhere Zweck das ureigene Ziel der Organisation wider. „Es ist der bedeutungsvollste Beitrag – jenseits von wirtschaftlichen Transaktionen und Geschäftsergebnissen – die eine Organisation erbringen kann“, sagte Thakor. Oft werde die Bedeutung von Banken unterschätzt: „Wir konzentrieren uns sehr auf Finanzmärkte, aber gut funktionierenden Finanzmärkte funktionieren nicht ohne Banken“, so Thakor. Diese Bedeutung der Kreditinstitute führe zu einer großen Verantwortung. Laut Thakor haben sich die Finanzindustrie und insbesondere die Banken in den letzten Jahren einen schlechten Ruf erworben. Dies sei vor allem auf die Erfahrungen aus der Finanzkrise zurückzuführen, sagte Thakor. Er wies darauf hin, dass heute in Umfragen 35 Prozent der Amerikaner als Gesellschaftsform den Sozialismus bevorzugen würden. „Ich finde das beängstigend“, bekräftigte Thakor.

Er nannte drei Kernfunktionen von Banken: Zunächst betonte er, wie wichtig die Schaffung von Liquidität sei, die es der Wirtschaft erlaube, mehr zu investieren. Er wies darauf hin, dass Banken nur dann Liquidität schaffen würden, wenn sie Einlagen für Kredite nutzten, nicht aber, wenn sie nur Einlagen annehmen würden. „Deshalb müssen die Banken auf der einen Seite das Einlagengeschäft und die Kontoführung und auf der anderen Seite die Funktion der Kreditvergabe übernehmen“, erklärte Thakor. Außerdem sorgten Banken für die Verwahrung von Werten und erzeugten Vertrauen, und schließlich verarbeiteten sie verschiedenste Informationen und würden so die Vertrags- und Verifizierungskosten reduzieren.

Diese Funktionen sind mit Bankrisiken und Finanzkrisen verbunden. „Jede Krise ist anders. Aber alle Krisen haben zwei Dinge gemeinsam: irgendeine Art einer Preisblase und eine zu hohe Verschuldung“, sagte Thakor. Er wies darauf hin, dass viele Probleme auf einen Mangel an Kapital zurückzuführen seien. Banken mit einer höheren Eigenkapitalquote würden mehr Kredite vergeben und mehr Liquidität schaffen; sie würden mehr Wirtschaftswachstum schaffen und mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Finanzkrise überstehen. Darüber hinaus würden solche Banken geringere Risiken eingehen, Kreditanfragen sorgfältiger prüfen und in der Folge weniger systemische Risiken schaffen.

Eine falsche Lehre aus der Finanzkrise

Was bedeutet das für die Bankenregulierung? Für Thakor ist die Regulatorik „ein zweischneidiges Schwert“. Seiner Ansicht nach können regulatorische Maßnahmen Bankdienstleistungen zu Beginn verbessern. Auf lange Sicht würden die Banken jedoch riskanter und stärker fremdfinanziert agieren, da ihr Verhalten durch die Regulierung verzerrt werde; auf diese Weise würde die Wahrscheinlichkeit einer Finanzkrise steigen. Aus der Sicht von Thakor werden Bankgeschäfte durch die Regulierung von Reserve- und Liquiditätsanforderungen eingeschränkt, weil sie Banken davon abhalten würden, Liquidität durch Kreditvergabe zu schaffen und damit auch Einlagen begrenze. Aus seiner Sicht sind Liquiditätsanforderungen eine falsche Lehre aus der Finanzkrise gewesen.

Um auf eine Krise vorbereitet zu sein, sollten aus Sicht von Thakor höhere und antizyklische Kapitalanforderungen für Einlageninstitute und Schattenbanken eingeführt werden. Zusätzlich sollten die Liquiditätsanforderungen reduziert und die Regulierungsstruktur solle stärker über nationale Grenzen hinweg harmonisiert werden. Thakor plädierte für Beschränkungen der Verschuldung von Verbrauchern und regte an, die finanzielle Bildung zu verbessern. „Banken müssen dem Steuerzahler und der Gesellschaft erklären, warum sie existieren und welchem Zweck sie dienen“, sagte er. Eine Bank-Kultur, die mehr auf Sicherheit angelegt sei, könne das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsystems stärken, so Thakor.

Im Falle einer Krise befürwortete er strengere Konsequenzen für die Führungskräfte scheiternder Banken. Darüber hinaus argumentierte er gegen eine ausufernde Bankenregulierung, aber für Dividendenbeschränkungen und Kapitalhilfe, die die Anteile der Gesellschafter verwässere.

Seiner Ansicht nach könnte dies das Vertrauen in das Finanzsystem stärken und somit dazu beitragen, aktuellen Entwicklungen wie großen und komplexen Kreditinstituten, dem Wachstum von Fintech und der Ernüchterung gegenüber des Kapitalismus aufgrund von Bankenkrisen und Rettungsaktionen Rechnung zu tragen. „Wir brauchen den höheren Zweck, mehr Kapital und eine stärkere Bank-Kultur – wir brauchen mehr Vertrauen“, schlussfolgerte Thakor.

Quelle: SAFE News vom 24. Oktober 2018

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