Für die Ausstellung „SOLASTALGIE. Spaziergänge durch veränderte Landschaften“ im Museum Giersch der Goethe-Universität wurde Expertise aus Kunst und Wissenschaft gleichermaßen eingebunden. Der Landschaftsarchitekt Robert Anton und der Geologe Sascha Staubach haben ihre Kenntnisse eingebracht und dabei interessante Erfahrungen gemacht.

Das Konzept der „SOLASTALGIE“, das 2005 vom australischen Philosophen Glenn Albrecht geprägt wurde und als Titel für die aktuelle Ausstellung im Museum Giersch der Goethe-Universität gewählt wurde, beschreibt das Gefühl der Trauer über eine bedrohte Heimatlandschaft – und zugleich die Sehnsucht nach Trost und Verbundenheit. Robert Anton und Sascha Staubach stehen qua ihrer Profession eher für eine wissenschaftlich-nüchterne Naturbetrachtung. Wie waren sie eingebunden in die Ausstellungsvorbereitung, an welcher Stelle haben sie ihre Expertise eingebracht, wie hat ihnen der Ausflug in das Reich der Ästhetik und der emotionalen Naturbetrachtung gefallen?
Sascha Staubach, als Geologe im Fachbereich 11 beschäftigt, hat mit der US-amerikanischen Künstlerin Ilana Halperin zusammengearbeitet, die sich auf besondere Weise für das Verhältnis von geologischen Phänomenen und Alltag interessiert. Ihre kleinen Skulpturen aus Marmor oder Glimmer tragen gravierte Zeichnungen, die an Fossilien und Spuren erinnern. „Ilana hatte den Wunsch, das Rohmaterial neben ihre Kunst zu stellen, um zu zeigen, wie das Gestein in der Natur vorkommt und wie sie es dann geformt hat. Sie ist dafür zu uns in die Geowissenschaften gekommen, um sich unsere Sammlung zeigen zu lassen. Die umfasst über 25 000 Gesteine, Fossilien und Mineralien aus vier Milliarden Jahren Erdgeschichte. Ich muss wirklich sagen, dass ich von ihrem geowissenschaftlichen Wissen, das sie sich autodidaktisch angeeignet hat, sehr beeindruckt bin. Ich habe ihr unzählige Gesteinsproben gezeigt, daraus haben wir dann gemeinsam für die Ausstellung eine Auswahl getroffen. Das hat mir unglaublich viel Spaß gemacht“, erzählt Staubach. Der Geologe sammelt auch privat, konnte der Künstlerin davon auch Bilder zur Verfügung stellen. So besitzt er ein Stück altes Grubenholz, an dem ein sogenannter Tropfstein dranhängt, ungefähr 100 Jahre alt. Von dem Foto war die Künstlerin so begeistert, dass sie es unbedingt in die Ausstellung integriert hat. „Das war für mich als Geologe das erste Mal, dass mich eine solche Anfrage für eine künstlerische Zusammenarbeit erreicht hat. Ich würde das in Zukunft gerne häufiger machen und das, was bei uns in der Sammlung in der dunklen, staubigen Kammer schlummert, in die Öffentlichkeit zu tragen“, betont Staubach. Die Ästhetik ist für den Geologen das wichtigste Kriterium seiner eigenen Sammlung: „Ich finde die Gesteine und Kristalle einfach total schön.“ Aber auch die „Metadaten“ der Sammlungsstücke sind für ihn interessant – stammt der Fund aus einem bestimmten Bergwerk, enthält er neben den dort häufig vorkommenden Mineralen vielleicht auch den ein oder anderen Exoten und andere Informationen. „Natürlich schaue ich immer auch mit einem geowissenschaftlich geschulten Auge drauf, anders als ein Laie, der einfach nur sieht, dass da etwas Buntes glitzert. Aber am wichtigsten sind für mich wirklich Farbe und Form eines Objekts.“
Dass seine Arbeit in der Öffentlichkeit steht und dort wahrgenommen wird, ist für Robert Anton, technischer Leiter für den Wissenschaftsgarten und die Außenanlagen der Goethe-Universität, an sich nichts Besonderes. Doch auch für ihn war die Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Künstler Asad Raza eine interessante Erfahrung jenseits beruflicher Routinen und Abläufe. Raza begreift Kunst als eine aktive Begegnung innerhalb und außerhalb des Ausstellungsrahmens. In der Ausstellung SOLASTALGIE sind es im Erdgeschoss des Gebäudes 26 Bäume, die er für die Dauer der Ausstellung dort angesiedelt hat. Sie teilen sich den Raum mit den Gemälden der Sammlung Giersch, aber eben auch mit den Menschen, die das Museum besuchen oder dort arbeiten. Nach Ende der Ausstellung sollen die Pflanzen auf dem Campus der Universität verpflanzt werden. Während ihres Aufenthalts im Museum werden sie von sogenannten Caretakern begleitet: Menschen, die sich um die Bäume kümmern und zugleich mit Besucher*innen ins Gespräch kommen. Anton berichtet: „Der Kurator des Museums Tim Pickartz kam auf mich zu und fragte, ob ich den Künstler unterstützen könnte, ich habe gerne zugesagt. Ich habe dann zusammen mit Asad Raza in der Baumschule Pflanzen ausgesucht, ganz unterschiedliche: Weiden, Oliven, Steinlinden, japanischen Ahorn, Granatapfel und Kirschen. Es musste natürlich auch geschaut werden, dass die Pflanzen sich in den Räumen auch unterbringen lassen.“ Das Platzangebot gehörte aber nicht zu den Herausforderungen, die sich im Zuge der Zeit ergeben haben. Es fehlt natürliches Licht, die Raumtemperatur ist zumindest manchen Gewächsen zu hoch, berichtet Anton: „Wir sehen jetzt, dass die Idee, die Natur gewissermaßen in die Ausstellung und damit in einen geschlossenen Raum zu holen, selber zu einem ökologischen Problem geworden ist. Einigen Pflanzen geht es nicht so gut, sie haben Blätter verloren und kränkeln etwas. Das hatte ich befürchtet. Das Ende der Ausstellung werden so gesehen nicht alle überleben.“ Robert Anton ist aber nach wie vor von der Idee, die Natur mit in die Ausstellung zu integrieren, sehr angetan. „Die Mitarbeit an der Ausstellung hat große Freude gemacht, auch weil für mich als Landschaftsarchitekt das Gefühl der Trauer über eine bedrohte Heimatlandschaft wirklich sehr präsent ist. Damit sollte sich die Gesellschaft noch viel intensiver beschäftigen, die Kunst gibt uns dafür vielfältige Anlässe.“










