In der vergangenen Woche ist eine neue Skulptur des Künstlers Bruno Feger in einem feierlichen Akt auf dem Campus Westend vorgestellt worden: „Haus der Winde“ erinnert an Auguste Deter, die erste Alzheimerpatientin. Universitätsvizepräsident Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz dankte in seinem Grußwort dem großzügigen Stifter Rudolf Dederer: „Heute dürfen wir ein Kunstwerk übernehmen, das eine besondere Bedeutung für den Campus und dessen Geschichte hat. Wir haben bereits ein Erinnerungsstück an Alois Alzheimer, aber noch keines an Auguste Deter – bis jetzt. Sie sind ein Vorbild für unsere Stadt und unsere Universität. Wir brauchen Stifter, wie Sie. Für Ihre Unterstützung möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken.“ Noch steht die Skulptur auf der Terrasse des ehemaligen Bauleitgebäudes. Ihren endgültigen Standort entlang des Weges, der vom Nina-Rubinstein-Weg in Richtung Campusplatz führt, soll sie im September beziehen.
Der Frankfurter Rudolf Dederer ist pensionierter Jurist und Stadtteilhistoriker der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Er hat sich mit der Geschichte von Auguste D. detailliert auseinandergesetzt und die protokollierten Interviews, die der Arzt Alois Alzheimer mit seiner Patientin führte, ausführlich studiert: Mit 51 Jahren litt Auguste D. unter Verfolgungswahn und wurde am 25. November 1901 in die „Städtische Anstalt für Irre und Epileptische“, die Mitte des 19. Jahrhunderts auf dem sogenannten Affenstein, dem heutigen Universitätsgelände, gebaut worden war, eingeliefert. Assistenzarzt Alois Alzheimer diagnostizierte bei ihr zum ersten Mal die später nach ihm benannte Krankheit.
„Ich habe mich sozusagen verloren – als ich diesen Satz gelesen habe, war das die Initialzündung, mich näher mit Auguste D. zu beschäftigen“, sagte Dederer, spätestens als er zufällig während eines Spaziergangs auf dem Campus Westend entdeckte, dass bei den Bauarbeiten zum PEG-Gebäude der Eiskeller der 1928 abgerissenen Anstalt gefunden wurde und mit ihm etliche alte originale Scherben aus dem Geschirrbestand der Anstalt. „Ich wusste sofort, dass sind Bruchstücke einer ehemaligen Existenz. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ich überzeugt, ihr gebührt ein Erinnerungsmal in Frankfurt“, sagte Dederer bei der Enthüllung der Skulptur „Haus der Winde“.
Einige der Originalscherben, die die Universität ihm überlassen hat, werden in einer Stahlkassette unter einer Glasplatte in den Betonsockel eingelassen und das Kunstwerk an seinem finalen Standort komplettieren. „Ich war der Meinung, man müsse Auguste D. ihre Würde und Integrität zurückgeben und das am besten hier auf dem Campus, wo sich ihre Geschichte ereignet hat“, sagte Dederer.
Der Wunsch und die finanzielle Unterstützung ein solches Kunstwerk zu schaffen, war also da. Nun musste es noch angefertigt werden. Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz beauftragte nach Gesprächen mit Rudolf Dederer Dr. Carsten Siebert, Chemiker, freier Kurator und Leiter des KunstRaum Riedberg der Goethe-Uni, einen Künstler zu finden, der ein Denkmal für Auguste D. schaffen würde. „Ich wollte, dass es eine Skulptur wird, die gegen die mächtige Architektur ankommt und den äußerlichen Bedingungen standhalten kann“, sagte Dr. Carsten Siebert. Das Kunstwerk ist schließlich aus Stahl gefertigt und anschließend verzinkt worden, so dass es nicht rostet.
„Es musste ein Künstler sein, den ich kenne und mit dem ich gut arbeiten kann“, sagte Siebert. Er entschied sich letztlich für Bruno Feger. Der Künstler hat bereits drei Arbeiten an der Goethe-Universität stehen, eine im Foyer des PEG-Gebäudes, die anderen zwei schmücken den Campus Riedberg.
„Demenz ist ein Veränderungsprozess, für den ich ein Sinnbild schaffen wollte“, erklärte Bruno Feger, der den Auftrag gerne angenommen hat. Die Arbeit „Haus im Winde“ stellt eine Art Karton dar, der zu mehreren Seiten geöffnet ist, als Symbol für ein Behältnis voller Erinnerungen, die ein Mensch mit sich trägt und Stabilität bedeuten, die in dieser veränderten Form allerdings verloren gehen. Entsprechend der Demenzerkrankung, die einen Stabilitätsverlust herbei führt und Erinnerungen verschwinden lässt. „Ich wollte auch eine Art Nacktheit darstellen, denn die Krankheit nimmt den Patienten die Farbe des Lebens und setzt sie ins nackte Sein“, sagte Feger.