U4-Verlängerung: Goethe-Uni erwartet mehr Engagement der Stadt für die Anbindung des Campus Westend

Frankfurt und die Goethe-Universität befinden sich in einem dynamischen Prozess der Weiterentwicklung und des Wachstums: „Für Stadt und Region ist die Goethe-Universität ein starker Magnet für die Gewinnung junger Menschen und innovativer Köpfe aus aller Welt“, sagte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Birgitta Wolff. „Bis 2030 werden täglich 10 bis 12.000 Menschen mehr als heute auf den Campus Westend der Goethe-Universität strömen, 80 bis 90 Prozent davon mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Damit steht die Stadt vor einer wichtigen verkehrspolitischen Weichenstellung!“ Mit einem Anschluss des Campus Westend an die U4 könne die Stadt Frankfurt – wie bereits in vielen großen Städten Deutschlands mit Universitäten der Fall – ein starkes Zeichen für eine bessere Vernetzung des Campus Westend mit der Stadt und dem Hauptbahnhof sowie für mehr nachhaltige Mobilität setzen. Gleichzeitig stärke dies die Entwicklung der Campusmeile, so die Uni-Präsidentin.

Presseberichte
> Frankfurter Rundschau: „U-Bahn zur Frankfurter Goethe-Universität“, 28. März 2019
> Merkurist: „U4-Verlängerung. Universität kämpft für eigene U-Bahn-Haltestelle“, 27. März 2019

„Die gegenwärtige Realität am Campus Westend in Sachen Mobilität ist sehr unbefriedigend“, erklärte der Mobilitätsforscher Prof. Dr. Martin Lanzendorf: „Die Wege zum Campus Westend der Goethe-Universität mit öffentlichen Verkehrsmitteln, insbesondere über die U-Bahn-Linien mit dem hochfrequentierten Haltepunkt ‚Holzhausenstraße‘, sind inzwischen chronisch überlastet.“ An einem Ausbau der seit dem Jahr 1968 in unveränderter Größe betriebenen U-Bahn-Station führe schon aus Sicherheitsgründen kein Weg vorbei.

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Die große Zahl derzeit und künftig entstehender Neubauten im Norden des Campus Westend ließen sich zudem über die U-Bahn-Haltestelle Holzhausenstraße nicht mehr erschließen, so der Mobilitätsforscher. Der derzeit in Realisierung befindliche dritte Bauabschnitt auf dem Campus Westend, das Studierendenhaus, das neue Center for Humanities, der geplante Bau der Universitätsbibliothek sowie die Verlagerung von zwei Leibniz-Instituten auf den Campus Westend und nicht zuletzt auch der Bau des Adorno-Gymnasiums werden die heutigen Nutzerzahlen auf dem Campus Westend um weitere 30 Prozent steigern. Da mutmaßlich mehr als 80 % dieser Menschen den ÖPNV nutzen, sei dies mit der gegenwärtigen Verkehrsinfrastruktur nicht mehr zu bewältigen. Von städtischer Seite müsse daher entschieden gehandelt werden. Allein nach der Verlagerung der Universitätsbibliothek von Bockenheim an den Campus Westend werden künftig mindestens 750.000 Menschen mehr pro Jahr den Campus Westend frequentieren, rund 2.500 am Tag.

Frank Nagel, Vorsitzender des Fachausschuss Verkehr der CDU Frankfurt, betonte: „Der Campus Westend wächst künftig im Nordwesten besonders stark. Daher hat die Realisierung der vom Magistrat der Stadt Frankfurt noch im Juli 2015 leicht favorisierten Planungsvariante ‚Ginnheimer Kurve‘ mit einer U-Bahn-Campus-Station langfristig den höchsten erwartbaren Nutzwert. Mit einer solchen Trassenführung werden deutlich mehr Menschen ans U-Bahn-Netz angebunden, als dies bei der anderen derzeit öffentlich diskutierten Streckenvariante der Fall ist.“ Sogar eine Station auf dem Campus Westend zwischen Hörsaalzentrum und dem Gebäude der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (RuW) sei vorstellbar. Nagel forderte den Verkehrsdezernenten auf, jetzt zügig der Öffentlichkeit Informationen über die Kosten der verschiedenen Varianten und eine aktuelle Kosten-Nutzen-Untersuchung vorzulegen.“

Laut Verkehrszählungen von traffiQ bewegen sich allein auf den Linien U1, U2, U3, U8, U9 inzwischen mehr als 120.000 Menschen pro Tag – Tendenz weiter steigend. Damit ist die Strecke die meistfrequentierte U-Bahn-Strecke in Frankfurt überhaupt. Ein entscheidender Grund für die verstärkte Nutzung dieser Strecke ist auch der starke Anstieg an Studierenden und Mitarbeitenden auf dem Campus Westend auf heute weit mehr als 30.000 Personen seit 2001. Auch das Verkehrsverhalten hat sich stark geändert: Dank Semesterticket und Hessen-Ticket steigen immer mehr Studierende und Beschäftigte auf öffentliche Verkehrsmittel um.

Sebastian Heidrich, Verkehrsreferent des AStA, sieht die Stadt in der Pflicht, mehr für die Studierenden und eine nachhaltige Mobilität zu tun. „Etwa 48.000 Studierende sind heute an der Goethe-Universität eingeschrieben, über 30.000 davon allein am Campus Westend. Wir finden es ärgerlich, dass angesichts immer größerer Entfernungen, die Studierende heute täglich wegen hoher Frankfurter Mietpreise pendeln müssen, keine direkte U-Bahn-Anbindung an den Frankfurter Hauptbahnhof besteht.“ Aufgrund der schlechten Anbindung verlieren viele Studierende Tag für Tag viel Zeit, die dann zum Lernen fehlt. Der Anteil studentischer ÖPNV Nutzer ließe sich im Vergleich zu heute noch deutlich weiter steigern, wenn eine Anbindung des Campus Westend an die U4 erfolge. In der mangelnden Bereitschaft der Stadt, sich um die Universität zu kümmern, sieht Heidrich auch ein Mentalitätsproblem: „Trotz inzwischen über 80.000 Studierender begreift sich Frankfurt weiterhin nicht als Studierendenstadt. Studierende sind hier immer noch kaum ein relevanter Faktor.“

Dr. Sönke Bästlein, Mitglied des Hochschulrats erinnerte daran, dass das Land Hessen mit einer Milliardeninvestition die fast vollständige Erneuerung der Goethe-Universität finanziert. Er sieht die Stadt Frankfurt in der Verantwortung, die Universität, immerhin die drittgrößte in Deutschland, durch eine angemessene Infrastruktur mit der Stadt zu vernetzen, wie auch die Universitätsstandorte untereinander, da die Fachbereiche zunehmend interdisziplinär arbeiten. „Wenn der Campus Bockenheim und die Universitätsbibliothek verlagert werden, dann braucht der Campus Westend auch seine eigene ‘Bockenheimer Warte‘. Die Goethe-Universität ist aus der einzigartigen bürgerschaftlichen Tradition zum Wohle Frankfurts entstanden, sie kann langfristig nur attraktiv bleiben, wenn die Stadt sie mit ihren Verkehrsadern in das Stadtleben einbindet.“

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