Wie kommt es zu Übergängen im Lebenslauf? Und wie werden sie gestaltet? Damit befasst sich ein Graduiertenkolleg an der Goethe-Universität und der Universität Tübingen. Nach drei Jahren Forschungsarbeit hat die DFG nun die Mittel für eine Verlängerung zugesagt.
Wie Übergänge im Lebenslauf entstehen und wie sie gestaltet werden, das untersuchen Promovierende an den Universitäten Frankfurt und Tübingen im Rahmen des Graduiertenkollegs „Doing Transitions“, das seit 2017 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Das Thema wird aus dem Blickwinkel der Erziehungswissenschaften, der Psychologie und der Soziologie erforscht.
Menschen haben im Lauf ihres Lebens vielerlei Übergänge zu bewältigen. Bisher interessierte sich die Forschung vor dem Hintergrund, dass hier sowohl soziale Ungleichheit als auch Ein- und Ausschlussprozesse verstärkt werden, vor allem dafür, wie Übergänge verlaufen und auf welche Weise das Risiko des Scheiterns minimiert werden kann.
„Doing Transitions“ geht nun davon aus, dass diese Übergänge nicht per se vorhanden sind, und untersucht die ihnen zugrundeliegenden sozialen Konstruktionsprozesse. Die Arbeiten der ersten Förderphase (2017-2021) haben sich auf Formen der Gestaltung und Herstellung von Übergängen fokussiert: etwa normative Unterscheidungen und Zuschreibungen von Gelingen und Scheitern wie die Einmündung in eine Erwerbstätigkeit als Ausdruck der „Beschäftigungsfähigkeit“ eines Menschen, institutionelle Formen der Regulierung wie Prüfungen, die zum nächsten Bildungs- oder Lebensabschnitt qualifizieren, oder verschiedene Umgangsweisen von Menschen mit Übergängen wie die Integration einer neuen Rolle in das eigene Selbstverständnis. Dabei kamen nicht nur etablierte, allgemein verbindliche Übergänge in den Blick wie der Eintritt in die Schule, ins Arbeitsleben oder in die Rente, sondern auch weniger offensichtliche oder selbstverständliche Übergänge wie der zur selbständigen Mobilität im Kindesalter, der Übergang weg vom bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht, der Übergang zum Alleinleben im höheren Alter, die Inszenierung des eigenen Erwachsenwerdens im Internet oder das Revival des Übergangsrituals der Jugendweihe.
Jetzt hat die DFG auch die zweite Förderphase (2021-2025) bewilligt, in der weitere Dimensionen untersucht werden: Was geschieht, wenn mehrere Personen gleichzeitig verschiedene Übergänge erleben (z.B., wenn der Jobwechsel eines Elternteils den Umzug der Familie und den Schulwechsel der Kinder nach sich zieht)? Welche zeitlichen Dimensionen sind in Übergängen enthaltenen, etwa der institutionell und subjektiv „richtige“ Zeitpunkte für einen Übergang (z.B. Elternschaft), die sich oft unterscheiden, sowie die Materialität von Übergängen (wenn etwa die Berufswahlsoftware der Berufsberatung den passenden Beruf vorschlägt oder Körperimplantate nicht nur Krankheiten bekämpfen, sondern auch Identitäten verändern).
Derzeit ist die zweite Kohorte von Promovierenden im Kolleg. 2022 erfolgt die Ausschreibung für eine dritte Kohorte. In jeder Kohorte werden elf oder zwölf Promovierende sowie ein oder zwei Postdocs finanziert und können sich vollständig der Promotion bzw. Habilitation widmen. Außerdem sind jeweils fünf oder sechs anderweitig geförderte Promovierende beteiligt.
Das Fördervolumen für die zweite Förderphase beträgt 4,6 Millionen Euro, mit denen vor allem die Stellen der Promovierenden und Postdocs finanziert werden. Geleitet wird das Graduiertenkolleg von Prof. Dr. Andreas Walther (Fachbereich Erziehungswissenschaften, Goethe-Universität) und Prof. Dr. Barbara Stauber (Institut für Erziehungswissenschaft, Tübingen). Aus Frankfurt sind außerdem Prof. Dr. Sabine Andresen, Prof. Dr. Christiane Hof, Prof. Dr. Frank Oswald, alle Erziehungswissenschaft) sowie Prof. Dr. Birgit Becker und Prof. Dr. Sarah Speck (beide Soziologie) beteiligt.
Weitere Informationen unter www.doingtransitions.org.