Einmal jährlich verleiht das Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung den Forschungsförderungspreis für exzellente ethnologische Dissertationen im deutschsprachigen Raum. In diesem Jahr ging der Preis an Dr. Joseba Estevez für seine Arbeit „Conquering mountains and taming demons: The ritual roles of the Lanten priests and masters“.
Dr. Joseba Estevez hat Ethnologie und Südostasienstudien and der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster studiert. Sein Masterstudium schloss er mit einer Arbeit zu Irian Jaya (Westpapua), einem Teil der Republik Indonesien, ab. Im Jahr 2007 wandte er sich dann der Erforschung einer ganz anderen Region zu, die an der Universität Münster durch Josephus Platenkamp sowie Volker Grabowsky intensiv erforscht wurde. Sie umfasst das Festland Südostasiens, insbesondere Laos, aber auch die nördlichen Grenzregionen zu Vietnam, China und Thailand. Dieses Gebiet zeichnet sich aus kulturanthropologischer Sicht durch eine kaum fassbare Komplexität aus.
Im Mittelpunkt der von Josephus Platenkamp betreuten Dissertation stehen die Lanten, die sich selbst Mun, also „Menschen“ oder „Personen“ nennen, eine der vielen ethnischen Minoritäten, die in der Luang Namtha Provinz von Laos leben. Die Lanten sprechen Mun, eine Sprache aus der Hmong-Mien Familie, und Laotisch, verwenden in ihren Ritualen aber auch chinesischsprachige Texte und singen antiphonische Lieder in einem anderen südchinesischen Dialekt. Während die meisten Laoten Theravada Buddhisten sind, umfasst das rituelle System der Lanten Daoismus, chinesischen Buddhismus und Konfuzianismus und enthält Elemente von Ahnenverehrung und Animismus. Allein diese wenigen Fakten zeigen, mit welch einer komplexen Situation es der Preisträger Joseba Estevez zu tun hatte, als er sich die Aufgabe stellte, die „cosmovision“ der Lanten, die die sichtbare und unsichtbare Welt verbindet, zu verstehen.
Die Kommission würdigt mit ihrer Wahl eine besondere ethnographische Leistung. Estevez´ Dissertation bringe uns die Kosmovision einer ethnischen Minderheit auf detaillierte und verständliche Weise näher und vermittele, wie Beziehungen zu transzendenten Instanzen die Form einer rituellen himmlischen Bürokratie annehmen, welche in diesem Kontext durch die historischen Beziehungen zu chinesischen Staatsbeamten geprägt ist.