Handwerksbetriebe rekrutieren Personal über Social Media

Der Einsatz von XING und Facebook bei der Personal-Rekrutierung bleibt nicht länger den gut ausgestatteten Personalabteilungen von Großunternehmen vorbehalten: Von den Frankfurter Handwerkern greifen 60 Prozent auf Soziale Netzwerkseiten zurück, insbesondere wenn sie junge Mitarbeiter der Generation Y gewinnen wollen. Das belegt eine Untersuchung, die fortgeschrittene Master-Studierende der Soziologie vorlegt haben. Sie ist eine von drei Fallstudien, die in einem einjährigen Lehrforschungsprojekt entstanden sind und von zwei Wissenschaftlerinnen des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität initiiert und begleitet wurden. Ihr Augenmerk richteten die Studierenden besonders darauf, wo und warum es bei der „Partnersuche“ im Netz noch klemmt.

„Die Sozialen Netzwerkseiten bringen vor allem Vorteile für Betriebe kleiner und mittlerer Größe – und hier sind die Potenziale noch längst nicht ausgenutzt“, haben die Studierenden Anna Trost und Jasmin Werle bei ihrer Fallstudie festgestellt. „Die E-Rekrutierung ist kostengünstiger als das Schalten von Anzeigen in Tageszeitungen und kann flexibel eingesetzt werden“, ergänzt Julia Sauer, die auch an den Betriebsbefragungen beteiligt war. Die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, die Maler- und Lackiererinnung Rhein-Main sowie dem KFZ-Gewerbe Frankfurt/Main und Main-Taunus halfen den Studierende mit den Betrieben in Kontakt zu kommen – auch im eigenen Interesse. „Die Ansprache von potenziellen Mitarbeitern und Auszubildenden über Soziale Netzwerkseiten ist eine Möglichkeit, auf die Karriereperspektiven im Handwerk hinzuweisen“, so Felix Diemerling, Geschäftsführer der Maler- und Lackiererinnung.

Er und Claus Kapelke, Hauptgeschäftsführer von der Innung des KFZ-Gewerbes wollen – aufbauend auf den Ergebnissen dieser Fallstudie – ihre Betriebe unterstützen, Netzwerke stärker für die Akquise von Personal zu nutzen. „Handwerksbetriebe entdecken Social-Media-Kanäle verstärkt für sich, wenn es darum geht, neue Zielgruppen, insbesondere Jüngere, auf sich aufmerksam zu machen“, sagt Armin Bayer, bei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main zuständig für den Bereich Wirtschaftspolitik. Die Kooperation mit Praxispartnern bei der Feldforschung war für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. „Für die Qualifikation unserer Studierenden sind solche Erfahrungen sehr wichtig“, so Lisa Schäfer, die gemeinsam mit der Geschäftsführerin des IWAK, Dr. Christa Larsen, dieses Lehrforschungsprojekt betreut.

Welche Bedeutung haben die sozialen Netzwerke in der Phase des Berufseinstiegs für Studienabsolventen und für Unternehmen? Mit diesen beiden Seiten der Partnersuche beschäftigte sich die zweite Fallstudie. Olivia Depta hat herausgefunden, dass sich 75 Prozent der befragten Studierenden verschiedener Hochschulen der Region mithilfe solcher Portale über Karrieremöglichkeiten informieren. 50 Prozent interessieren sich besonders für die Unternehmenskultur. Dazu die Co-Autorin Tamara Weddig-Gerbes: „Das ist für viele unserer Generation typisch. Wir wollen wissen, mit wem wir es zu tun haben.“ Bei den Personalverantwortlichen in den Unternehmen scheint noch nicht angekommen zu sein, wie wichtig für die Berufseinsteiger Informationen über Hilfen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind, wie ein Ergebnis der Studie zeigt.

Aber offensichtlich kennen die Hochschulabsolventen auch die Erwartungen der Personalrecruiter nicht besonders gut: „Die Studierenden der Generation Y erwarten, dass die Unternehmen sie ansprechen. Doch die Personalverantwortlichen finden, die Jobsuchende sollten stärker in die Offensive gehen und sich auch direkt bei den Unternehmen bewerben“, sagt Katharina Gies, die an dieser Fallstudie beteiligt war. Die Ergebnisse zur Goethe-Universität lassen sich auch in der Studienberatung nutzen, wenn es um die Berufsorientierung geht.

Studienabsolvent/innen sind laut der Studie zu über 90 Prozent über Xing auf dem Bewerbermarkt. Demgegenüber sind die Unternehmen noch deutlich zurückhaltender. „Es ist noch ein weiter Weg bis alle Unternehmen mit Hilfe von XING Personal, dem vorrangig genutzten Portal, rekrutieren werden“, so die Soziologie-Studentin Anna Strohalm, die an dieser Fallstudie mitgearbeitet hat. Es ist allerdings sehr ermutigend, dass nicht nur die jungen, technikaffinen Personalrecruiter auf XING zurückgreifen.

„Wir haben herausgefunden, dass gerade die Gruppe der 40- bis 50-jährigen Personaler stark XING nutzt“, konstatiert Julia Rettig, eine der Autorinnen dieser Fallstudie. Jedoch stellt XING fast nie den einzigen Rekrutierungskanal dar. „Unsere Befunde zeigen“, sagt Miriam Geib, „dass die Sozialen Netzwerkseiten immer in Kombination mit anderen Kanälen wie den klassischen Anzeigen in Tageszeitungen zum Einsatz kommen.“

Quelle: Pressemitteilung vom 31. März 2017

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