Im Masterprogramm »Ökologie und Evolution« wird Diversität großgeschrieben

Auf Exkursion im Ginnheimer Wäldchen. Foto: privat

Wir Menschen sind untrennbar mit unserer Umwelt verbunden. Spätestens das vergangene Jahr sollte jetzt wirklich alle daran erinnert haben. Im Frankfurter Masterprogramm Ökologie und Evolution kreiste aber auch schon vorher alles um Naturschutz, ums Pilzesammeln und den Umgang mit Schildkrötenhybriden. Der Studiengang ist am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität angesiedelt. „Diversität ist dabei neben den Begriffen im Titel des Studiengangs unser wichtigstes Stichwort“, sagt Meike Piepenbring, Pilzforscherin und Leiterin des Masterstudiengangs. Denn im Zentrum stehe die gesamte biologische Vielfalt. Während in anderen Masterprogrammen der Biologie der Fokus meist auf wenigen Modellorganismen liegt, sind die Studieninhalte der Zoologie, Botanik und Mykologie, also die Wissenschaft von den Pilzen, in Frankfurt alle gleichermaßen relevant. Worauf sich die Studierenden spezialisieren möchten, falls sie es denn wollen, bleibt ihnen dabei selbst überlassen. Einen Kurs außerhalb ihres fachlichen Schwerpunkts sollten sie aber auf jeden Fall belegen. „Ich interessiere mich hauptsächlich für Evolutionsbiologie, Tiere und Pilze, aber ich habe auch Kurse zur Ökologie und zu Pflanzen belegt. Das hat mir überraschend gut gefallen“, erzählt David. Er hat zuvor seinen Bachelor in Biologie an der Goethe-Universität gemacht, für den Master ist er gleich hiergeblieben. Zusätzlich zu dem Lehrangebot der Universität bietet das Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt mit dem Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum (BiK-F) weitere Lehrveranstaltungen an. Sie machen sogar rund ein Drittel des Wahlpflichtbereichs aus und dienen der Spezialisierung. „Ich fand es sehr spannend mal außerhalb der Uni zu arbeiten und einen so intensiven Einblick in das Senckenberg Institut zu bekommen“, sagt Nina. Sie kam nach ihrem Biologiestudium an der TU Darmstadt an die Goethe-Uni in Frankfurt.

Durch Corona fanden alle Lehrveranstaltungen zunächst über Zoom statt. Die bei Studis beliebten Praxismodule im Labor und Exkursionen in die Natur mussten anfangs erstmal ausfallen. „Das war sehr schade, weil dieser Praxisbezug einer der Hauptgründe war, warum ich mich für den Master entschieden habe“, sagt David. Doch mittlerweile ist die Arbeit im Labor und im Gelände dank Hygienekonzepten wieder möglich. „Wir haben die Kurse in kleinere Gruppen eingeteilt, um die Hygienekonzepte umsetzten zu können. Das bedeutet zusätzliche Arbeit, aber es führt auch zu einer viel engeren Betreuung“, erklärt Piepenbring. Und auch die ein oder andere Exkursion konnte stattfinden. „Der praktische Teil unseres Mykologiekurses fand in Präsenz statt. Wir sind in kleinen Gruppen in den Wald gegangen, um Pilze zu sammeln. Anschließend haben wir sie im Labor mikroskopisch untersucht und bestimmt“, berichtet Nina. Dadurch habe sie die „Pilzbrille“ aufgesetzt bekommen und draußen kaum auf etwas anders achten können. „Ich bin gebürtige Frankfurterin und dachte bisher, ich kenne mich aus. Durch das Studium habe ich aber eine ganz neue Perspektive auf meine Heimat bekommen“, erklärt Nina.

Bedrohte Biodiversität

Naturschutz ist ein weiteres zentrales Thema des Masterstudiengangs. Meike Piepenbring ist es wichtig, dass Biodiversität und deren Bedrohung sowohl regional als auch global gedacht werden. „In den vergangenen Jahren hat dieses Thema weiter an Bedeutung gewonnen, wobei wir uns vor allem mit evidenzbasiertem Naturschutz beschäftigen.“ Wie gut ist die Wasserqualität der heimischen Gewässer und wie beeinträchtigt sie die im Wasser lebenden Organismen? Wie bewirtschaftet man einen Wald möglichst nachhaltig? Und welchen Wald muss man besonders schützen? Welche Pflanzen, Tiere und Pilze leben in der Stadt und nutzen ökologische Nischen in direkter Nachbarschaft zum Menschen? Diese Fragen sind zentral für den Naturschutz im Rhein-Main-Gebiet. Aber es gibt auch Kooperationen weltweit, besonders in Lateinamerika und Afrika. Gemeinsam mit einer Partneruniversität wird in Benin eine Arbeitsgruppe zur Erforschung von westafrikanischen Pilzen aufgebaut. Forschungsreisen nach Benin sind fester Bestandteil des Programms. „Normalerweise nehmen wir Studierende, die kurz vor ihrer Masterarbeit stehen, mit auf diese Forschungsreisen. Dieser Austausch ist fachlich und menschlich enorm wertvoll“, findet Piepenbring. Vergangenes Jahr machte Corona einen Strich durch die Reisepläne.

Ein weiteres Projekt für den internationalen Umweltschutz ist die „Frankfurt Spring School on Conservation Project Management“. Jedes Jahr kommen angehende Biologinnen und Biologen mit Naturschutz-Interesse aus der ganzen Welt für vier Wochen zusammen, um wichtige Fähigkeiten für das internationale Projektmanagement kennenzulernen. Dabei geht es weniger um fachliche Themen der Biologie, sondern viel mehr um finanzielles, politisches und personelles Management in Naturschutzprojekten.

Zukunftspläne

Nina und David denken schon an ihren Abschluss. Ihre Themen könnten nicht unterschiedlicher sein: Nina möchte die Gewässer des Fechenheimer Mainbogens auf toxische Stoffe untersuchen, um herauszufinden, ob der angrenzende Industriepark Auswirkungen auf die dortige Auenlandschaft hat. „Früher wollte ich am liebsten die ganze Welt retten und Umweltschutz nur global denken. Heute liegt mein Fokus eher auf regionalem Naturschutz.“ Etwas zu verändern, sei in der unmittelbaren Umgebung doch motivierender. „Nach meinem Abschluss kann ich mir nicht vorstellen, in der Wissenschaft zu bleiben. Ich möchte Naturschutz lieber praktisch voranbringen.“ Aktuell absolviert sie ein Praktikum beim Umweltamt der Stadt Frankfurt, wo sie unterschiedliche Projekte kennenlernt. Durch die politische Arbeit habe sie eine weitere Perspektive auf den Naturschutz bekommen. Denn was notwendig und umsetzbar sei, sehe man in Politik und Wissenschaft nicht immer gleich. Davids Fachgebiet hingegen ist die Evolutionsbiologie. Für seine Masterarbeit analysiert er die DNA von zwei Schildkrötenarten, die durch Paarung einen Hybriden hervorgebracht haben. Seine Analysen sollen später einmal bei der Aufklärung evolutionärer Beziehungen helfen. „Ich möchte in der Wissenschaft arbeiten und mich nach dem Abschluss auf eine Promotionsstelle bewerben, am liebsten in Frankfurt“, erzählt er. In seinem Bereich sei eine Promotion eine Mindestanforderung für eine gute Stelle.

Auch Meike Piepenbring schmiedet Zukunftspläne. Oberstes Ziel sei es, den Masterstudiengang attraktiver sowie international besser bekannt und zugänglich zu machen. Momentan kommt der Großteil der Studierenden aus dem deutschsprachigen Raum, da für die Kurse fortgeschrittene Deutschkenntnisse erforderlich sind. „Langfristig wollen wir englischsprachig werden und unsere internationalen Kooperationen weiter ausbauen“, erläutert die Professorin. Von dieser Internationalisierung würde besonders die Forschung zur Biodiversität und zum Naturschutz profitieren.

Natalia Zajić

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 3/2021 (PDF) des UniReport erschienen.

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