Das studentische Projekt »RiedbergTV« bildet Fächer und Leben auf dem naturwissenschaftlichen Campus ab.
Ein Studium der Naturwissenschaft fordert den ganzen Mann, die ganze Frau. Eine Gruppe von Studierenden schafft es dennoch, nebenher eine Art Produktionsfirma zu betreiben. Die Leistungen von „RiedbergTV“ sind inzwischen an der ganzen Uni gefragt. Ein riesiger Topf, aus dem Dampfwolken steigen. Geduldig warten Kinder und Erwachsene in der Schlange, bis sie an der Reihe sind, um ihr Stickstoffeis überreicht zu bekommen.
Mit der Kamera ganz vorn dabei, um alles in Bild und Ton festzuhalten: das Team von „RiedbergTV“. Alljährlich produzieren die Mitglieder der studentischen Initiative Videos über die Geschehnisse bei der Night of Science. Aber auch über viele andere Themen am Campus Riedberg. Zu finden sind die Videos auf der Seite https://riedberg.tv.
Am Anfang stand das Podcast-Wiki der Physik: Seit 2010 haben Studierende für PhysikOnline Videos über Physik-Themen produziert, finanziert von Studium Digitale. Sven Köppel, der damals als Hilfskraft dabei war, erinnert sich: „Wir hatten die Idee, das Projekt auf alle Fachbereiche auszudehnen.“ Die interdisziplinäre Öffnung sollte auch einen neuen Blickwinkel auf das Studium bringen, erklärt der 27-jährige Physik-Doktorand. Und es sollten nicht mehr nur fachliche Themen umgesetzt werden, sondern auch Nachrichten über den Campus.
2015 wurde „RiedbergTV“ aus der Taufe gehoben. Die ersten beiden Jahre konnten durch den studentischen eLearning-Fonds finanziert werden, die weitere Finanzierung ist bislang offen. Zu tun haben die derzeit sieben Hilfskräfte, die am Projekt beschäftigt sind, und die engagierten Ehrenamtlichen mehr als genug. Die auf dem Riedberg versammelten Naturwissenschaften bieten unendlich viele Themen.
Wer sich naturwissenschaftliche Experimente nochmal genauer ansehen oder sich Vorlesungsinhalte erklären lassen möchte, soll bei RiedbergTV das passende Video finden. Er kann sich auch ein genaueres Bild von Professoren machen, die hier forschen und lehren, und von deren Arbeitsgruppen. Viele Studentinnen und Studenten wüssten nicht, welche Arbeitsgruppen es in ihrem Fach gibt und was alles erforscht wird, meint Sven Köppel.
Aber auch das nichtwissenschaftliche Personal wird gewürdigt: Das Video- Porträt von Frank Schaun, der seit 25 Jahren die physikalischen Sammlungen betreut, hatte innerhalb von zwei Tagen 1000 Klicks. Auch vor kniffeligen Einzelfragen haben die Jungfilmer keine Scheu – und packen sie auf unkonventionelle Weise an. Da wird gleich mal die Lichtgeschwindigkeit mit Hilfe von Schokolade bestimmt. Die Videos sollen aber auch das Campusleben abbilden. „Man bekommt oft zu wenig mit, was auf dem Campus alles läuft“, hat Lars Gröber festgestellt, der im fünften Semester Physik studiert. Insofern soll RiedbergTV auch für mehr Verbundenheit der Studierenden am Riedberg sorgen und für mehr Transparenz. Wer prüft meine Abschlussarbeit auf mangelhaftes „Denglisch“?
Ein Video porträtiert Scientific English Trainer Paul Abbott und seinen „Denglisch-Repairshop“. Wo kann ich mich in einer Denkpause sportlich betätigen? Ein anderes Video nimmt den User zu Fuß mit auf Entdeckungsreise: So erfährt er, dass man im Physik-Gebäude Tischtennis spielen kann und wo er sich dafür Schläger und Bälle besorgen kann. Inzwischen hat sich das Angebot an der gesamten Goethe-Universität herumgesprochen, so dass selbst die zentrale Verwaltung schon mit Aufträgen an sie herangetreten ist.
Um die viele Arbeit auf mehr Schultern verteilen zu können, wurde ein Mentorenprojekt für Deutschland- Stipendiaten angestoßen. „30 Leute waren anfangs mit dabei“, erzählt Constanze Heinzen. Am Ende sei zumindest ein „harter Kern“ übrig geblieben, bilanziert die 22-jährige Biologie-Studentin. Das notwendige Knowhow bringen sich die Jungfilmer vorwiegend selbst bei. „Wir haben einen Medienwissenschaftler im Team, der kennt sich mit der Kamera aus und gibt sein Wissen weiter“, sagt Constanze Heinzen. Wie man ein Thema in Bilder umsetzt, welche Fragen vor der Kamera zu stellen sind und wie man die abgedrehten Sequenzen zu einem ansprechenden Video zusammenschneidet, darüber findet unter den Beteiligten ein reger Austausch statt.
Bewusst hat man sich gegen Youtube und für das Posten auf der eigenen Seite entschieden: „Das ist vor allem den Wissenschaftlern sehr sympathisch“, sagt Lars Gröber. Als „eher unpolitisch, dafür inhaltslastig“ beschreibt der 21-Jährige den Geist in der Gruppe. An Ideen herrsche kein Mangel, bei der Fertigstellung derzeit aber ein regelrechter Stau. Was bringt einen künftigen Naturwissenschaftler dazu, so viel Zeit in eine Nebenbeschäftigung zu investieren?
„Für mich war das eine große Chance, den Uni-Kosmos und seine inneren Strukturen kennenzulernen“, erklärt Doktorand Sven Köppel. Als Student fehle einem da oft der Durchblick. „Im Projekt habe ich unheimlich viel gelernt: Planung, Teamarbeit, Kommunikation und Selbstorganisation – das kann ich später alles im Beruf brauchen“, ist Constanze Heinzen überzeugt. Und Lars Gröber ergänzt: „Nicht zuletzt lernt man viel über sich selbst.“
Und das Projekt ist weiter ausbaufähig: Als Nächstes sollen auch die Mathematik und die Informatik, die noch immer in Bockenheim residieren, stärker einbezogen werden. Außerdem wolle man „regelmäßiger werden und rhythmischer“, sagt Lars Gröber. Wofür die Gruppe durchaus noch Verstärkung gebrauchen könnte. Interessenten können sich online unter http://riedberg.tv/bewerbung bewerben.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 1.17 (PDF-Download) des UniReport erschienen.