Von der klinischen Kardiologie ins Labor und wieder zurück

Nachwuchsförderung am CPI: Der junge Mediziner Julian Leberzammer erforscht, wie Makrophagen auf systemische Entzündungen reagieren. Betreut wird er dabei von Prof. Andreas Zeiher und Prof. Stefanie Dimmeler.

Julian Leberzammer im Labor.

Julian Leberzammer ist jung und wissbegierig. Er gehört zur nächsten Generation von Ärzten, die sich nicht nur am Krankenhausbett für ihre Patient*innen einsetzen, sondern auch mit eigener Forschung zur Weiterentwicklung der Behandlungsmethoden beitragen wollen. Der 30-Jährige befindet sich gerade in der Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie und interessiert sich besonders für das Krankheitsbild der Herzinsuffizienz. Auf seinem dualen Karriereweg in Klinik und Forschung wird er vom Exzellenzcluster Cardio-Pulmonary Institutes (CPI) unterstützt.

Gerade für junge Mediziner*innen der Kardiologie und Pulmologie, die sich neben ihrer praktischen Arbeit auch wissenschaftlich engagieren möchten, bietet das CPI weitreichende Möglichkeiten, die eigenen Forschungsideen umzusetzen. Dies lockte auch Julian Leberzammer vor drei Jahren von München nach Frankfurt. Nachdem er in seiner Heimatstadt sowohl Schule, Studium und als auch Promotion mit Bestnoten absolviert hatte, war Leberzammer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Mentoren. Diese fand er am CPI, wo ihn die CPI Senior Members Prof. Andreas Zeiher und Prof. Stefanie Dimmeler betreuen; sein Arbeitsgruppenleiter ist PD Dr. Sebastian Cremer.

Das Cardio-Pulmonary Institute
Herz- und Lungenkrankheiten sind weltweit die häufigsten Todesursachen. Das Cardio-Pulmonary Institute (CPI) besteht aus grundlagenorientierten, klinischen und translationalen Forscher*innen und Expert*innen, die sich zusammengeschlossen haben, um Herz- und Lungenerkrankungen zu verstehen und neue Therapieansätze zu finden. Das Konsortium der Universitäten Frankfurt (GU) und Gießen (JLU) sowie des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung (MPI-HLR) wird im Rahmen der Exzellenzstrategie der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. CPI wird im Rahmen des  Exzellenzwettbewerbes des Bundes und der Länder einen Vollantrag stellen.
www.cpi-online.de

Das Forschungsinstitut für Kardiovaskuläre Regeneration (ICR) von Prof. Stefanie Dimmeler ist eng mit der Abteilung für Kardiologie und Angiologie des Uniklinikums vernetzt, wo Leberzammer unter der Leitung von Prof. David M. Leistner als Assistenzarzt arbeitet. Zuletzt war Leberzammer in der Notaufnahme und in der Intensivstation tätig. Er ist also bestens mit schweren Krankheitsverläufen vertraut und weiß auch um die Grenzen der modernen Medizin. „Als klinisch tätiger Arzt sehe ich täglich Krankheitsbilder und Zusammenhänge, die ich im Labor untersuchen möchte, um sie besser zu verstehen.“ So wuchs auch sein Interesse an der Rolle von Makrophagen (Fresszellen) in der Entwicklung der Herzinsuffizienz (Herzschwäche) sowie der Wechselwirkung von kardiovaskulären Erkrankungen mit bakteriellen und viralen Lungenentzündungen.

Weit verbreitet: Herzinsuffizienz

Ohne Zweifel stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein wichtiges Forschungsfeld dar, zumal sie weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählen. Dazu gehört auch die Herzinsuffizienz, ein Zustand, bei dem das Herz nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen. Dieses Krankheitsbild betrifft Millionen von Menschen, deren Lebensqualität dadurch massiv eingeschränkt ist. Patient*innen leiden unter anderem an Atemnot, Flüssigkeitsansammlungen in den Beinen, Müdigkeit und Schwäche. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Herzinsuffizienz, was den Handlungsbedarf in einer alternden Gesellschaft wie der unseren unterstreicht. Zu den Risikofaktoren gehören z. B. zum Beispiel fettreiche Diät, Bluthochdruck, aber auch pulmonale Infektionen wie beispielsweise SARS-CoV-2, die zu einer Entzündungsreaktion führen können. Julian Leberzammer interessiert dabei besonders, „wie Makrophagen und ihre Vorläufer im Herzen, in der Gefäßwand und im Blut auf systemische Entzündungen reagieren“.

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Interaktion zwischen verschiedenen Organsystemen wie Herz und Lunge. Dies findet beim CPI besondere Beachtung, denn die Kommunikation zwischen den Organen ist noch nicht in der Tiefe untersucht. Während in Frankfurt mehrheitlich die Herz-Kreislauf-Forschung beheimatet ist, befasst sich das Team von Prof. Susanne Herold am Standort Gießen mit Erkrankungen der Lunge. Auch darüber hinaus ermöglicht das Netzwerk des CPIs Beziehungen zu Partnerinstituten, so dass Fachwissen, Techniken und finanzielle und intellektuelle Ressourcen kombiniert werden können. Da viele Wissenschaftler*innen in ihren Expertisen sehr spezialisiert sind, können durch eine effektive Bündelung dieser Ressourcen auch sehr komplexe Projekte erfolgreich verwirklicht werden. Von diesen Kooperationen profitiert auch Julian Leberzammer, der Wert darauf legt „die patientenrelevanten Fragestellungen im Team zu beantworten.“.

Makrophagen
Weiße Blutkörperchen, die zu
der Gruppe der Fresszellen (Phagozyten) gehören. Sie sind Teil des Immunsystems. Funktion: Beseitigung von Mikroorganismen.

Angiologie
Teilgebiet der Inneren Medizin,
das sich mit Gefäßerkrankungen beschäftigt

RNS
Ribonukleinsäure

Interventionelle Kardiologie
Kathetergestützte Behandlung struktureller Herzerkrankungen

Mit- und voneinander lernen wird auch in der CPI Academy großgeschrieben. Nach dem Medizinexamen haben Interessierte die Möglichkeit, sich für 12 zwölf Jahre als Mitglied zu registrieren, sofern sie zwei hochrangige Forscher*innen als ihre Mentoren benennen können. CPI Academy-Mitglieder haben die Möglichkeit, Weiterbildungen und Kurse zu besuchen, beispielsweise zu den Themen Statistik, Wissenschaftskommunikation, Entrepreneurship oder Bildbearbeitung. Außerdem finden regelmäßig Lectures statt, bei denen führende Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt eingeladen werden, um über ihre Forschung und ihren Werdegang zu berichten. Die Chance, unmittelbar von den großen Vorbildern zu lernen, nutzen die Nachwuchswissenschaftler*innen gern.

Eine Technik, die Julian Leberzammer während seiner hiesigen Forschungstätigkeit erlernt hat, ist die „Einzelzell-RNA-Sequenzierung“. Er beschreibt, dass bei dieser Methode „eine große Anzahl an einzelnen Zellen sehr genau analysiert wird. Man kann untersuchen, was in jeder einzelnen Zelle vor sich geht.“ Zellstrukturen in menschlichen Organgeweben sind keinesfalls einheitlich, es handelt sich vielmehr um komplexe Zellgemische. Um die vielschichtigen Vorgänge bei den Entzündungsreaktionen verstehen zu können, die später zur Herzinsuffizienz führen, hilft Leberzammer die Einzelzell-RNA-Sequenzierung enorm. „Damit kann man beispielsweise untersuchen, welche Zellprogramme bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten in unterschiedlichen Zelltypen aktiviert werden. Wir untersuchen dafür beispielsweise Zellen aus Herzen mit verschiedenen Arten der Herzschwäche und vergleichen diese mit gesunden Herzen.“ Ziel dieser Arbeiten ist es, antientzündliche Therapiemöglichkeiten für spezielle Formen der Herzschwäche zu entwickeln. Hierfür hat Julian Leberzammer einen CPI Start-Up Grant erhalten. Neben der ideellen Unterstützung erhält Leberzammer so auch die Möglichkeit, Personal, teure Labormaterialien und Analysegeräte zu finanzieren.

Laborrotation

Momentan ist Leberzammer für seine Forschung durch eine Förderung des INDEEP Clinician Scientist Programms des Fachbereichs Medizin der Goethe-Universität Frankfurt und der DFG von der klinischen Tätigkeit freigestellt und kann sich ganz auf die Forschung konzentrieren. Er freut sich aber bereits, wieder in die klinische Kardiologie zurückzukehren und sein neu gewonnenes Wissen anzuwenden, sozusagen „from bedside to bench and back“. Diese sogenannte Laborrotation ermöglicht es Leberzammer, ein Jahr in Vollzeit und zwei Jahre jeweils zu 50  Prozent am Institut für Kardiovaskuläre Regeneration bei Frau Prof. Dimmeler zu forschen. „Dies war für mich davor immer nur für kürzere Zeiträume möglich. Es ist sehr hilfreich, sich einen längeren Zeitraum am Stück nur auf die Forschung fokussieren zu können.“, so Leberzammer.

Diese Kombination aus Grundlagen-, translationaler und klinischer Forschung, ist ein Grundpfeiler in der Ausbildung von jungen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen am CPI. Dabei wird besonderer Wert daraufgelegt, dass der Nachwuchs unabhängig Entscheidungen zu treffen lernt , mit dem Ziel, ihn für seine zukünftigen Aufgaben als Führungskräfte vorzubereiten.

Die ersten Erfolge konnte Leberzammer bereits verbuchen. Er wurde für den Rudi Busse Young Investigator Award für experimentelle Herz-Kreislauf-Forschung 2024 der DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie) nominiert und darf seine Forschungsergebnisse auf dem DGK-
Kongress am 3. bis 6. April in Mannheim vorstellen. „Es ist herausfordernd, grundlagenwissenschaftliche Forschung für eine große Bandbreite an Zuhörer*innen, welche sowohl aus (niedergelassenen) Kardiolog*innen als auch aus Wissenschaftler*innen besteht, interessant und verständlich zu präsentieren“, sagt Leberzammer. „Aber ich freue mich sehr, die Arbeit unseres Teams beim DGK-Kongress 2024 in Mannheim vorstellen zu dürfen“.

Autorinnen: Laura Fräulin mit Daniela Daume

Relevante Artikel

Herzforschung meets KI

Moderne Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) spielen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Wie Forscher des Exzellenzclusters Cardio-Pulmonary Institute

Die Grenzen von Sprache und Vernunft

Die slowenische Philosophin Alenka Ambrož ist auf Einladung des Forschungsschwerpunktes „Democratic Vistas: Reflections on the Atlantic World“ Fellow am Forschungskolleg

Öffentliche Veranstaltungen

You cannot copy content of this page