Sie sind neugierig und freuen sich, dass es nun endlich richtig losgeht – die ersten Studierenden des Goethe-Orientierungsstudiums Natur- und Lebenswissenschaften wurden heute auf dem Campus Riedberg von der hessischen Wissenschaftsministerin Angela Dorn und der Präsidentin der Goethe-Universität Prof. Birgitta Wolff begrüßt. „Mit diesem Pilotprojekt bieten wir unseren Studierenden einen ‚Reiseführer‘ durch die Wissenschaftslandschaft. Neben Grundlagen in Physik, Mathematik, Chemie und Einblicken in verschiedene Disziplinen ermöglichen wir den Studis einen 360-Grad-Rundumblick in Wissenschaft, Uni und Studium“, so Wolff. Sie fügte hinzu, dass im Sommersemester auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein Orientierungsstudium starten wird, für das sich Interessierte bereits ab dem 1. Dezember bewerben können.
Ziel des von der hessischen Landesregierung initiierten Programms ist es, Studierenden, die sich noch nicht eindeutig für ein Studienfach entscheiden können oder wollen, einen fundierten Überblick über die unterschiedlichen Disziplinen zu geben und ihnen so die Wahl zu erleichtern. „Wer gerade erst an die Hochschule kommt, ist oft unsicher – das ist völlig normal. Wer weiß schon so genau, wo die eigenen Stärken und Interessen liegen?“, erläutert Wissenschaftsministerin Dorn. „Es kommen nicht alle mit den gleichen Voraussetzungen an die Hochschule. Insbesondere jene, deren Eltern nicht selber studiert haben und bei den ersten Schritten an der Uni helfen können, brauchen Unterstützung. Deshalb ist das Orientierungsstudium auch ein Beitrag zur sozialen Durchlässigkeit der Hochschulen. Besonders stolz bin ich darauf, dass die Orientierungsstudiengänge in Frankfurt und in Kassel BAföG-fähig sind. Das war nicht einfach, weil das BAföG-Gesetz einen sehr engen Rahmen festlegt.“
Langfristig soll mit Orientierungsangeboten dieser Art erreicht werden, dass sich weniger Studierende zu einem Fachwechsel veranlasst sehen und die Quote der Studienabbrecherinnen und -abbrecher sinkt. Diese liegt in Frankfurt wie bundesweit bei etwa 20 Prozent, in der Fächergruppe Mathematik und Naturwissenschaften an deutschen Hochschulen durchschnittlich sogar bei mehr als 40 Prozent.
Die hessische Regierungskoalition hatte schon 2014 die Einführung eines Orientierungsstudiums an ausgewählten hessischen Hochschulen beschlossen. Mit ihren Konzepten konnten sich die Universitäten Frankfurt und Kassel durchsetzen. Sie erhalten für das Orientierungsstudium insgesamt 1,6 Mio. Euro vom Land; 1,1 Mio. davon gehen nach Frankfurt. Die Pilotprojekte mit einer Laufzeit von zunächst zwei Jahren werden wissenschaftlich ausgewertet und sollen Impulse zur weiteren Verbesserung der universitären Lehre auch in anderen Bachelorstudiengängen geben. „Wir entwickeln unsere Studiengänge stetig weiter und erproben regelmäßig neue forschungsnahe Lehr-/Lernformate, um einer heterogenen Studierendenschaft noch besser gerecht zu werden,“ sagte Prof. Roger Erb, Physikdidaktiker und als Vizepräsident zuständig für die universitäre Lehre.
Der jetzt gestartete achtsemestrige Bachelor „Natur- und Lebenswissenschaften“ umfasst zwei Semester Orientierungsstudium und sechs Semester Fachstudium, der im Sommer anlaufende Bachelor in den Geistes- und Sozialwissenschaften ein Orientierungssemester und sechs Semester Fachstudium. Beide Bachelorstudiengänge sind von Beginn an BAföG-fähig; insgesamt stehen 130 Studienplätze zur Verfügung.
Die meisten der angehenden Natur- und Lebenswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die ihr Orientierungsstudium Anfang Oktober an der Goethe-Universität aufgenommen haben, tendierten schon nach dem Abitur in eine naturwissenschaftliche Richtung. „Aber ich hätte mich nicht entscheiden können, ob ich nun Bio und Biochemie studieren soll; das kann ich mir jetzt in entsprechenden Vertiefungsmodulen erstmal anschauen, auch im Labor“, berichtete eine Studentin bei der Auftaktveranstaltung. Zur Wahl stehen weitere Vertiefungsmodule in Chemie, Physischer Geographie, Geowissenschaften und Meteorologie sowie in den Sportwissenschaften, die als Disziplin mit sowohl naturwissenschaftlichen als auch sozialwissenschaftlichen Inhalten in beiden „GO“-Programmlinien vertreten sind.
Das besondere Plus des neuen Bachelors ist es, dass die Studierenden frühzeitig Einblicke in unterschiedliche naturwissenschaftliche Fächer, aber auch in interdisziplinäre Herangehensweisen erhalten. Die Kompetenz, über Fächergrenzen hinauszuschauen, wird in Zeiten globaler gesellschaftlicher Herausforderungen immer wichtiger. Einen ersten Eindruck davon, wie hochkomplexe Fragestellungen aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven bearbeitet werden, um gemeinsame Lösungen zu finden, bekommen die Studierenden in einer Ringvorlesung, an der sich sieben Institute beteiligen. Unter dem Motto „Frankfurt 2035: 40°C – Fakten und Fake News“ steht dieses Semester das Thema Klimawandel auf dem Programm, wie der Atmosphärenforscher Prof. Joachim Curtius erläuterte.
Wissenschaftlich „sauberes Arbeiten“ im Labor und beim Schreiben wissenschaftlicher Texte sowie kritischer Umgang mit Daten auf der Grundlage mathematischer Kenntnisse gehören ebenfalls zum ausgeklügelten Lernprogramm des Orientierungsstudiums, außerdem ein freier Studienbereich, in dem sich die Studierenden in unterschiedlichen fachlichen Zusammenhängen ausprobieren können. Begleitet werden sie während der gesamten Orientierungsphase von studentischen Mentorinnen und Mentoren. Das natur- und lebenswissenschaftliche Orientierungsstudium endet im Sommer mit einem einwöchigen Praxisprojekt, in dem die Studierenden in Teams selbst zu einem Thema forschen werden. Die Hoffnung der Programmkoordinatorin, Dr. Bianca Bertulat, ist, dass die Studierenden dann ‚ihr‘ Fach gefunden haben und eine „reflektierte Entscheidung“ treffen können.
Information: Dr. Bianca Bertulat, Wissenschaftliche Koordinatorin GO Natur- und Lebenswissenschaften, Telefon 069 798-29455, E-Mail: bertulat@rz.uni-frankfurt.de, Informationen zu GO-Orientierungsstudium und zur Bewerbung unter: www.orientierungsstudium.uni-frankfurt.de