Eine Infektion mit dem Zaire ebolavirus endet meist tödlich. Das Virus wird vermutlich durch verschiedene Flughund- und Fledermausarten übertragen. Wissenschaftler*innen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Goethe-Universität haben erstmals modelliert, wo diese Arten in Afrika leben könnten. Die Ergebnisse der kürzlich im Fachblatt „Scientific Reports“ veröffentlichten Studie legen nahe, dass die Flughund- und Fledermausarten ein größeres Verbreitungsgebiet haben, als bislang angenommen wurde. Die Modellierung soll helfen, das Auftreten von Ebola künftig besser abzuschätzen, vorherzusagen und Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen.
Das Ebolavirus gilt als einer der gefährlichsten Krankheitserreger weltweit. Bei dem bisher schwersten Ausbruch starben in Westafrika zwischen 2014 bis 2016 mehr als 11.000 Menschen. Auch in Europa werden immer wieder einzelne Fälle gemeldet, die mit Aufenthalten in den betroffenen Gebieten in Verbindung stehen. Ein wichtiger Infektionsherd sind Reservoirwirte, die zwar mit dem Virus infiziert sind, denen er aber nichts anhat. Bei den diversen Arten des Ebolavirus handelt es sich dabei höchstwahrscheinlich um verschiedene Flughund- und Fledermausarten.
Wissenschaftlerin*innen haben erstmals untersucht, wo neun dieser Flughund- und Fledermausarten in Afrika geeignete Lebensräume und klimatische Bedingungen vorfinden. „Das Zaire ebolavirus ist eines der gefährlichsten Ebolaviren. Bis zu 88 Prozent der Infizierten sterben daran. Um Ausbrüche des Virus zu verhindern oder eindämmen zu können, ist es deshalb essentiell zu wissen, wo potentielle Infektionsherde lauern“, erklärt der Parasitologe Prof. Dr. Sven Klimpel, Goethe-Universität Frankfurt und Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Sein Team konnte anhand ökologischer Nischenmodellierungen zeigen, dass entsprechende Flughund- und Fledermausarten in West- bis Ostafrika einschließlich großer Teile Zentralafrikas leben können. Ein breiter Gürtel möglicher Habitate zieht sich von Guinea, Sierra Leone und Liberia im Westen über die Zentralafrikanische Republik, die Republik Kongo und die Demokratische Republik Kongo bis hin zum Sudan und Uganda im Osten. Einige der untersuchten Flughund- und Fledermausarten könnten sogar im östlichen Teil Südafrikas vorkommen.
In einem zweiten Schritt verglichen die Forscher*innen die möglichen Lebensräume mit Verbreitungskarten der Flughund- und Fledermausarten, die die Weltnaturschutz-Organisation IUCN auf der Grundlage des beobachteten Vorkommens der Tiere erstellt hat. Das Team analysierte ebenfalls, wo in der Vergangenheit Zaire ebolavirus-Pandemien ausgebrochen waren. Mit überraschendem Ergebnis: „Die modellierten Lebensräume der Wirte des Zaire ebolavirus sind größer als die Verbreitungsgebiete, von denen wir bisher wissen. Die Flughund- und Fledermausarten haben die darüberhinausgehenden Lebensräume möglicherweise aufgrund von Barrieren noch nicht erobert“, so Klimpel.
„Eine andere, beunruhigendere Erklärung wäre, dass die Wissenschaft das Verbreitungsgebiet der Ebola-übertragenden Flughund- und Fledermausarten bisher unterschätzt hat. Die Modelle würden in diesem Fall ein realistischeres Bild liefern“, sagt Dr. Lisa Koch, Erstautorin der Studie von der Goethe-Universität. Regionen in denen Ebola ausbricht, leiden neben den gesundheitlichen oft unter den wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Epidemie. Die Ergebnisse der Studie könnten helfen, Krankheiten, die in den modellierten Verbreitungsgebieten der Reservoir-Wirte auftreten, stärker im Auge zu behalten sowie die Öffentlichkeit über mögliche Ebola-Infektionen zu informieren und somit letztendlich alle Folgen einer Epidemie abzumildern.
Mit Blick auf Europa sagt Klimpel: „Ebolaviren sind, wie auch das SARS-CoV-2, gemeinhin als Coronavirus bekannt, Viren aus dem Tierreich, die auf den Menschen überspringen können. Zukünftig werden derartige Krankheiten, sogenannte Zoonosen, vermutlich verstärkt auftreten, da der Mensch zum Beispiel häufigeren Kontakt mit Wildtieren hat und die Globalisierung dem Virus hilft, sich weltweit zu verbreiten. In Europa mit seinem prinzipiell guten Gesundheitssystem ist Ebola auch in Zukunft sicher ein Einzelfall. Nichtsdestotrotz lohnt es sich angesichts dieser Trends auch in unseren Breiten intensiver Ärzt*innen und Pflegepersonen im Umgang mit tropischen Infektionskrankheiten aus- und weiterzubilden.“
Quelle: Pressemitteilung, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, 7. September 2020