Mit vielen neuen Erkenntnissen ist ein Team von Frankfurter Archäologen aus der irakisch-kurdischen Provinz Sulaimaniyah zurückgekehrt. Insbesondere der Fund eines Webstuhls aus dem 1. Jahrtausend nach Christus sorgte für Aufsehen.
Sechs Wochen war die Gruppe von Studierenden und Doktoranden der Vorderasiatischen Archäologie um Prof. Dirk Wicke vom Institut für Archäologische Wissenschaften an der Goethe-Universität im Nordirak. Es war bereits der zweite Grabungsaufenthalt der Frankfurter Archäologen an dem rund drei Hektar großen Fundplatz Gird-î Qalrakh in der Shahrizor-Ebene, wo sie vor allem Baureste aus der sasanidischen und neuassyrischen Zeit freigelegt haben. Die Region ist noch weitgehend unerforscht und kann erst seit dem Sturz Saddam Husseins allmählich archäologisch erschlossen werden.
Ziel der Ausgrabungen auf der Kuppe und am Hang des rund 26 Meter hohen Siedlungshügels war es, eine möglichst vollständige Sequenz zur Keramikabfolge in der Region zu erbringen. Eine solche Abfolge ist bislang ein Desiderat in der archäologischen Forschung zur Shahrizor-Ebene, einer Randebene Mesopotamiens mit Kontakten in die alten Kulturregionen sowohl des südlichen Irak als auch des Westiran. Denn mit ihrer Hilfe können andere archäologische Funde zeitlich eingeordnet werden. Die Grabungsstätte sei geradezu ideal für die Erstellung einer solchen Sequenz, sagt Archäologieprofessor Wicke: „Es handelt sich um einen eher kleinen Fundplatz, aber der Hügel ist verhältnismäßig hoch, und wir finden darin eine geschlossene Abfolge von Keramikscherben. Der Hügel war vermutlich vom frühen 3. Jahrtausend vor Christus bis in die islamische Zeit hinein lückenlos besiedelt.“
Nicht gerechnet hatten die Archäologen mit dem Fund eines sasanidischen Webstuhls (ca. 4.-6. Jh. n. Chr.), dessen verbrannte Reste und hier vor allem die Webgewichte aus Ton, an Ort und Stelle dokumentiert werden konnten. Neben den verkohlten Resten lagen zahlreiche Siegelungen, die möglicherweise von Stoffballen stammen, was auf eine größere Textilproduktion an dem Fundort hindeutet. Aus neuassyrischer Zeit (ca. 9.-7. Jh. v. Chr.) stammt hingegen eine massive, steinerne Hangterrassenmauer, die auf größere Baumaßnahmen der Zeit an dem Fundplatz schließen lassen. Möglicherweise wurde der alte Siedlungsplatz im frühen 1. Jahrtausend v. Chr. erneut befestigt und neu genutzt.
Die Arbeiten des Projektes, das Prof. Wicke 2015 mit Unterstützung des lokalen Antikendienstes initiiert hat, wurden in diesem Jahr durch den an der Goethe-Uni angesiedelten Förderverein Enki e.V. sowie durch die Thyssen-Stiftung unterstützt und sollen im nächsten Jahr fortgesetzt werden.
Quelle: Pressemitteilung vom 23. Oktober 2017