Mikrobiologe Prof. Volker Müller von der Goethe-Universität ist neues Mitglied der Leopoldina

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat Prof. Volker Müller, Leiter der Abteilung Molekulare Mikrobiologie und Bioenergetik an der Goethe Universität, als neues Mitglied der Sektion Mikrobiologie und Immunologie aufgenommen. Die Leopoldina ist die älteste naturwissenschaftliche-medizinische Akademie der Welt, vertritt die deutsche Wissenschaft im Ausland und berät Politik und Öffentlichkeit. Neue Mitglieder werden aufgrund ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen nominiert und in einem mehrstufigen Verfahren in die Akademie gewählt.

Prof. Dr. Volker Müller, Goethe-Universität Frankfurt. Foto: Uwe Dettmar für Goethe-Universität

Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, gratulierte seitens des Präsidiums der Goethe-Universität Prof. Müller zu der Auszeichnung: „Volker Müller ist ein außergewöhnlicher Wissenschaftler und eine international anerkannte Koryphäe in der Mikrobiologie. Seine Arbeiten spannen einen großen Bogen von der Entstehung des Lebens, der Biochemie und Bioenergetik erster Stoffwechselwege auf der Erde, der Lebensweise dieser altertümlichen Organismen bis hin zu der Anwendung dieser Bakterien zur Lösung der großen Herausforderungen unserer Zeit, die Bekämpfung des Klimawandels, die Versorgung der Menschheit mit sauberer und nachhaltiger Energie und der Kampf gegen Infektionskrankheiten. So haben seine Arbeiten etwa zum Prototypen einer Wasserstoffbatterie geführt, die auf der diesjährigen Hannover-Messe ausgestellt wurde. Andere seiner Arbeiten haben jüngst Pathomechanismen von Krankenhauskeimen aufgezeigt, die von hoher medizinischer Relevanz sind. Die Wahl in die Leopoldina ist daher eine hoch verdiente Auszeichnung.“

Die bereits 1652 als Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina gegründete Vereinigung wurde 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Ihr gehören 1600 herausragende Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt an, die wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen wissenschaftlich bearbeiten. „Ich freue mich außerordentlich über die Würdigung meiner wissenschaftlichen Arbeiten und auf meine neuen Aufgaben in der Akademie“, sagt Müller, der bereits im vergangenen Jahr in die renommierte Amerikanische Akademie der Mikrobiologie aufgenommen wurde.

Müller hat über 300 Veröffentlichungen und ist ein weltweit führender Experte auf dem Gebiet der Kohlendioxid-Fixierung durch Bakterien und Archaeen, die dafür Wasserstoff als Energiequelle nutzen. Die Organismen leben fern vom Sauerstoff in Sedimenten etwa von Seen oder Meeren und kommen auch im menschlichen Darm vor. Über einen als Wood-Ljungdahl-Weg bekannten Prozess binden sie molekularen Wasserstoff (H2) an Kohlendioxid (CO2) und gewinnen dabei Energie. „Da dies der einzige von insgesamt sieben Stoffwechselwegen zur CO2-Fixierung ist, bei dem Energie gewonnen wird,

wird dieser Weg als der erste Stoffwechselweg auf der Erde angesehen“, sagt Müller.

Wie die zelluläre Energie in diesem fundamentalen Stoffwechsel erzeugt wird, hat Müllers Arbeitsgruppe in den letzten Jahren aufgeklärt. Dabei entdeckten die Forscherinnen und Forscher neue Atmungsenzyme, ATP-Synthasen und Kopplungsmechanismen und konnten die enzymatischen Mechanismen bis ins atomare Detail auflösen. „Diese Mikroben sind eine wahre Schatzkammer für Biochemiker, und es gibt noch mehr Schätze zu entdecken und zu heben“, freut sich Müller.

Die Erkenntnisse aus dieser Grundlagenforschung nutzte er in Forschungsprojekten zu „carbon capture and storage“ sowie „carbon capture and utilization“. So hat seine Gruppe den Stoffwechsel der Bakterien so umprogrammiert, dass sie aus CO2 die wertvollen Basischemikalien Laktat, Ethanol, Butyrat oder auch Aceton produzieren, was zu einer CO2-neutralen, nachhaltigen Biotechnologie beitragen kann.

Auch für das gegenwärtig hochaktuelle Problem der Speicherung des Energieträgers Wasserstoff hat Müller eine biologische Alternative erarbeitet. „Wir haben den Stoffwechsel der Bakterien so verändert, dass sie Wasserstoff an CO2 binden und den flüssigen, organischen Wasserstoffträger Ameisensäure ausscheiden. Dieser Prozess ist reversibel und der Wasserstoff kann aus der Ameisensäure rückgewonnen werden“. Basierend auf diesen Arbeiten hat das Forschungsteam eine Biobatterie zur Wasserstoffspeicherung entwickelt, die es zusammen mit der Firma Festo auf der Hannover-Messe 2024 einem großen Publikum vorstellte.

In einem anderen Forschungsfeld befasst sich Müller mit dem gefährlichen human-pathogenen Bakterium Acinetobacter baumannii, wozu er eine deutschlandweite DFG-Forschungsgruppe leitete. Müllers eigene Arbeitsgruppe konnte dabei aufklären, dass der Erreger bei Stress in einen Tiefschlaf fällt, in dem es für Jahre ausharren kann. Wenn die Bedingungen wieder günstiger werden, kann es aufwachen und wieder gefährlich werden. Dadurch sind die bekannten, immer wieder aufflammenden Infektionen in einem Patienten oder im Krankenhaus zu erklären.

Müllers Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel kürzlich durch einen ERC Advanced Grant und ein Reinhart-Koselleck Projekt der DFG.

Hintergrund:
Hannover-Messe: Wasserstoffbatterie mit Knowhow der Goethe-Universität (2024)
Wie Bakterien Energie durch CO2-Fixierung gewinnen (2022)
Forscher der Goethe-Universität entwickeln neue Biobatterie zur Speicherung von Wasserstoff (2022)
Forschungsteam der Goethe-Universität entdeckt Achillesferse von gefährlichem Krankenhauskeim (2022)

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