Projekt IMPACT: Implementierung von KI-basiertem Feedback und Assessment mit Trusted Learning Analytics in Hochschulen
Das Verbundprojekt „Implementierung von KI-basiertem Feedback und Assessment mit Trusted Learning Analytics in Hochschulen“ wird die Goethe-Universität gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin, der Fernuniversität Hagen, der Freien Universität Berlin und der Universität Bremen durchführen. Prof. Hendrik Drachsler, Professor für Informatik mit dem Schwerpunkt Educational Technologies am DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation und an der Goethe-Universität, hat die Verbundleitung inne und ist auch für das Frankfurter Teilprojekt „KI in der Studieneingangsphase für das summative Assessement und Feedback sowie der Pilotierung, Evaluation & Implementierung, Dissemination“ verantwortlich.
Verantwortungsvoller Umgang mit Studierendendaten
Im Verbundprojekt IMPACT werden fünf Hochschulen zusammenarbeiten, die über eine besondere Expertise im Bereich ethischer, rechtlicher und sozialer Implikationen (ELSI) und auch praktische Erfahrungen im didaktischen Einsatz von Learning Analytics verfügen. Studierende sollen in den verschiedenen Phasen ihres Studiums – als Studieninteressierte und –einsteiger*innen, im Studienverlauf und zum Abschluss von Studienleistungen ein sogenanntes „hoch informatives und personalisiertes Feedback“ (HIF) erhalten, das auf den Studien des renommierten neuseeländischen Erziehungswissenschaftlers John Hattie basiert. Die Kunst des Feedbacks ist nach Hattie daran geknüpft, gleichzeitig Feedback geben und empfangen zu können.
Hendrik Drachsler erläutert das grundlegende Prinzip der Learning Analytics folgendermaßen: „Im Rahmen von Learning Analytics werden Studierendendaten erhoben und analysiert, um Studierende bei der Erreichung ihrer Studienziele zu unterstützen und zur Verbesserung der Lehre beizutragen. Die Verwendung von Learning Analytics ist an deutschen Hochschulen bisher kaum realisiert. Es ist daher notwendig, ein Verständnis zu schaffen, welchen Mehrwert Learning Analytics dem deutschen Hochschulwesen bieten kann.“ Drachsler betont, dass zusätzlich Leitprinzipien festzulegen seien, die einen klaren Rahmen für die verantwortungsvolle und ethisch vertretbare Anwendung von Learning Analytics und den Umgang mit Studierendendaten schaffen. „Eine solche verantwortungsvolle und ethisch vertretbare Umsetzung von Learning Analytics bezeichnen wir als Trusted Learning Analytics.“
Der ChatBot kennt die Antworten
Im IMPACT-Projekt, so Drachsler, werden bereits an den beteiligten Hochschulen etablierte Open-Source-Software-Lösungen und Vorarbeiten miteinander kombiniert und in Anwendung gebracht. Dabei können die rasant gewachsenen Datenbestände mittels KI analysiert werden und in personalisierte „hoch informative personalisierte Feedbacks“ umgewandelt werden. Beispielsweise können in der Studienorientierungs- und -eingangsphase (SOEP) Studierende je nach Bedarf niedrigschwellig beraten werden; dabei profitieren sie in weit höherem Maße von den im Vorfeld ausgewerteten Datenmengen, als dies in Form einer persönlichen Betreuung möglich wäre. „Wir erwarten, dass Chatbots hilfreiche Unterstützungssystem in Zukunft sein können und relevante Informationen über die jeweilige Universität, als auch über das jeweilige Studierenden-Thema sein können“, erklärt Drachsler. GUDI ist beispielsweise ein ChatBot der Goethe-Universität, der die Antworten auf viele essentielle Fragen, zum Beispiel Semestertermine, Ansprechpartner und angebotene Services der Uni kennt. Der ChatBot lernt durch die von Nutzer*innen gestellten Fragen ständig neu hinzu und wird um zusätzlichen Wissen erweitert. Anzumerken ist, dass Chats mit GUDI anonym gespeichert werden und keine Rückschlüsse auf Personen möglich sind.
Entlastung der Lehrenden
Was bedeutet nun aber der Einsatz von KI in der universitären Lehre für die Rolle und das Selbstverständnis des Lehrenden? Hendrik Drachsler betont, dass auch weiterhin die Dozierenden für qualitative hochwertige Lehre benötigt werden. „Wir können aber mit Künstlicher Intelligenz das Feedback vor allem in großen Veranstaltungen schneller und für mehr Studierende zur Verfügung stellen, als es von einem Lehrenden und entsprechenden Tutoren gegeben werden kann. Auch wird KI bei der Auswertung von Prüfungen sehr hilfreich sein und Zeitersparnis ermöglichen. Im Projekt IMPACT werden wir erforschen, in wieweit beispielsweise Freitexteingaben in Prüfungen von KI klassifiziert werden können. Denn Freitextaufgaben sind für viele Studierende eine beliebte Form zum Ausdruck des gelernten Wissens, aber die Bewertung der Freitexte ist sehr zeit- und ressourcenaufwändig.“ Gerade bei größeren Kohorten, so Drachsler, könnten die Lehrenden durch KI-Anwendungen entlastet werden; Lernprozesse würden auch über Lehrveranstaltungen hinaus unterstützt. Die individuelle Begleitung der Studierenden durch Trusted Learning Analytics führe dazu, dass Studierende sich stärker mit Lernzielen, Anforderungen und Bewertungskriterien auseinandersetzen und selber ein Verständnis dafür entwickeln, wie lernförderliche Handlungsstrategien aussehen.
Institutionelle Einbettung
An allen beteiligten Hochschulstandorten spielt die Digitalisierung eine zentrale strategische Rolle. Daher werden die KI-basierten Lehr- und Lerninnovationen in das Qualitätsmanagement für Lehre, Studienberatung und Weiterentwicklung von Studiengängen aufgenommen, die jeweiligen Vizepräsident*innen für Lehre und Studium sowie die Chief Information Officer sind eingebunden. Ebenso involviert sind Supporteinrichtungen für digitale Lehre (an der Goethe-Universität studiumdigitale) und die für Personalentwicklung zuständigen Abteilungen. Ferner werden an der Goethe-Universität die Ergebnisse des Projekts IMPACT im Rahmen des hessischen DigLL-Netzwerkes (Digital gestütztes Lehren und Lernen in Hessen) die Hochschulen des Landes weitergegeben.
An vier hessischen Hochschulen wird Künstliche Intelligenz (KI) in der Hochschullehre dank Geld des Bundes und des Landes Hessen intensiviert: Projekte der Goethe-Universität Frankfurt, der Universität Kassel, der Frankfurt University of Applied Sciences und der Hochschule für Gestaltung Offenbach wurden zur Förderung aus dem Bund-Länder-Programm „KI in der Hochschulbildung“ ausgewählt. Sie erhalten bis 2025 insgesamt 6,6 Millionen Euro. Das hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) Juni 2021 bekanntgegeben.
Die Goethe-Universität Frankfurt ist mit zwei Vorhaben am Start. Das Verbundprojekt „Implementierung von KI-basiertem Feedback und Assessment mit Trusted Learning Analytics in Hochschulen“ (IMPACT) wird die Goethe-Universität gemeinsam mit der Humboldt-Universität zu Berlin, der Fernuniversität Hagen, der Freien Universität Berlin und der Universität Bremen durchführen. Beteiligt sind am Standort Frankfurt auch: Prof. Dr. Holger Horz, Institut für Psychologie – Zentrale Einrichtung Interdisziplinäres Kolleg Hochschuldidaktik (IKH) und Pädagogische Psychologie, Schwerpunkt Psychologie des Lehrens und Lernens im Erwachsenenalter; Prof. Dr. Andreas Frey (Pädagogische Psychologie, Schwerpunkt Beratung, Diagnostik & Evaluation);
Im zweiten Frankfurter Projekt „AI and digital Technology in Learning and Instruction“ (ALI) wird unter der Leitung von Prof. Holger Horz ein interdisziplinär geprägtes Studienangebot zum Einsatz von KI und digitaler Technologien in Bildungsprozessen entwickelt (s. auch Vorstellung des Projekts im UniReport 5/2021).
Dies ist ein vorab erschienener Beitrag aus dem UniReport Ausgabe 1.2022, der am 10. Februar 2022 erscheint.