Vier Wochen für die Ewigkeit / Rückblick auf die Frankfurt Summer School

Die Frankfurt Summer School bringt Studierende aus aller Welt zusammen, auch in diesem Jahr: Sechs Teilnehmer erzählen von ihren Eindrücken.

Es ist eine gelöste Stimmung, die einem beim Betreten des Gästehauses der Goethe-Universität in der Frankfurter Ditmarstraße entgegenschlägt. Studierende, beinahe ausnahmslos alle mit einem Bier- oder Sektglas bewaffnet, schlendern durch den festlich geschmückten Raum oder stehen in kleinen Grüppchen beisammen und unterhalten sich in den verschiedensten Sprachen. Es wird viel gelacht an diesem Abend Anfang August, der das gelungene Ende der vierten Frankfurt Summer School darstellt.

Das Programm, das die Goethe-Uni alljährlich in strategischer Partnerschaft mit dem DAAD organisiert, gibt Studierenden aus aller Welt die Gelegenheit, in den Semesterferien nach Frankfurt zu kommen. Die Universität bietet ihren Gästen in den vier Wochen der Summer School Kurse in drei akademischen Disziplinen an: Jura, Psychologie und Biologie beziehungsweise Chemie. Am Ende des Programms erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat.

Gerald (21) aus Frankfurt

Mindestens genauso interessant wie die Kurse sei jedoch das Rahmenprogramm, erzählt Gerald: „Wir haben unter anderem Ausflüge nach Berlin und Strasbourg gemacht. Mit so einer Gruppe ist das echt toll.“ Der 21-Jährige Frankfurter studiert Psychologie an der University of Kent und ist damit ein Exot unter den Teilnehmern: Er ist der einzige Deutsche, der für die Summer School in seine Heimat zurückgekehrt ist. Das Programm biete ihm die Möglichkeit, in die Studienbedingungen an der Goethe-Universität reinzuschnuppern, wo er vielleicht seinen Master machen möchte. Zudem habe es ihn gereizt, neue Leute kennenzulernen: „Auf der einen Seite war es natürlich super, so viele junge Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen. Andererseits waren in unserer Klasse über die Hälfte keine Psychologiestudenten. Da war es total interessant, zu sehen, wie die an eine Fragestellung herangehen. Das fand ich sehr, sehr spannend und hat mir viele neue Denkanstöße für mein weiteres Studium gegeben.“ Wirkliche kulturelle Unterschiede hat er zu seiner Überraschung nicht festgestellt, vielmehr haben ihn die vielen Gemeinsamkeiten erstaunt.

Robin (22) und Sophie (23) aus Birmingham

Sophie und Robin haben dagegen einen großen Unterschied zwischen westlichen und mittel- bzw. fernöstlichen Kulturen festgestellt: „Einfach gesagt sind die westlichen Gesellschaften mehr auf das Wohl des Individuums aus, östliche setzen mehr auf das der Gemeinschaft“, erzählt Sophie. Die 23-Jährige studiert wie Robin Psychologie in Birmingham, kennengelernt haben sich die beiden jedoch erst in Frankfurt. Die Stadt gefällt beiden sehr gut, Sophie überlegt sogar, ihren Master in Deutschland zu machen: „Ich finde die Leute hier wesentlich offener und irgendwie sozialer als bei uns in England“, meint sie. Robin pflichtet ihr bei. Sie ist in Deutschland geboren und mit einem Jahr nach Birmingham ausgewandert. Ihre Eltern sind Deutsche, weshalb die 22-Jährige fließend Deutsch spricht und oft in Deutschland ist. Ihre zweite Heimat gefällt ihr gut, durch die Summer School hat sie nun weitere Kontakte in Deutschland geknüpft.

Nia ist aus Tel Aviv nach Frankfurt gekommen. Der 27-Jährige studiert in seiner Heimat Jura und Philosophie und ist vor allem zum Deutsch lernen hier. Seine Mutter kommt aus Deutschland, zuhause hat er jedoch ausschließlich Hebräisch gesprochen. Vor einem halben Jahr hat er deshalb begonnen, sich die Sprache selbst beizubringen, von der Summer School verspricht er sich einen weiteren Fortschritt. Zudem interessieren ihn die deutsche Kultur und das deutsche Rechtssystem: „Das Rechtssystem eines Landes hängt sehr stark mit seiner Kultur zusammen“, meint der Jurastudent. „Deutschland und haben auch ganz andere Probleme als wir in Israel.“ Nia nennt etwa das Immigrationsrecht, die vielen Flüchtlinge hätten Europa vor rechtlich schwer zu klärende Fragen gestellt. „Das war ein schönes Beispiel dafür, was passiert, wenn theoretisches Recht in der Praxis nicht mehr umsetzbar ist.“

Nia (27) aus Tel-Aviv

Insgesamt haben Nia seine vier Wochen in Deutschland gut gefallen, in Frankfurt hat ihn vor allem das friedliche Miteinander der Menschen aus den verschiedensten Nationen beeindruckt. Trotzdem würde er aber lieber einmal in Berlin wohnen. „Da sind nämlich viele Israelis hingezogen. Ein kleines Stück seiner eigenen Kultur braucht man woanders schon“, meint er grinsend.

Nicole, 22, stammt wie ihr Landsmann Nia aus Tel Aviv. Gemeinsam mit ihrer kanadischen Freundin Caroline sitzt sie gerade beim Essen, springt jedoch sofort auf: „Komm“, ruft sie Caroline zu, „ich wollte schon immer mal in die Zeitung.“ Die beiden studieren Biologie beziehungsweise Chemie, die Summer School besuchen sie aus kulturellem Interesse: „Es ist toll, eine andere Perspektive auf die Dinge zu bekommen“, schwärmt die 23-jährige Caroline und meint damit nicht nur ihr Studienfach. „Über Politik wird etwa ganz anders berichtet als in Kanada. Ich verstehe zwar fast nichts, aber dafür reicht es“, fügt sie lachend hinzu. Nicoles Sprachkenntnisse sind dagegen bereits fundierter, sie hat während der Summer School große Fortschritte an sich festgestellt: „Wenn man in seinem Alltag gezwungen ist, eine fremde Sprache zu sprechen, geht das mit dem Lernen total schnell“, meint sie. Ansonsten haben den beiden vor allem die Ausflüge nach Berlin und Heidelberg gefallen. Große kulturelle Unterschiede zwischen den Teilnehmern hätte sie nicht festgestellt, erzählt sie: „Wir sind alles Menschen, die einfach nur ihre Zeit hier genießen wollen. Das verbindet automatisch.“

Abends hat sich Gerald, der Deutsche aus dem Ausland, oft mit seinen internationalen Kommilitonen getroffen und sie mit den regionalen Spezialitäten vertraut gemacht: „Ich habe ihnen den süßgespritzten Äppler nahegebracht. Anfangs waren sie zwar skeptisch, aber am Ende konnte ich zumindest einige überzeugen“, sagt er lachend. Dass die Summer School nun vorbei ist, stimmt ihn traurig: „Natürlich werde ich meine neuen Freunde vermissen.“ Denn auch, wenn manchen Geralds Apfelwein nicht geschmeckt hat: Die vier gemeinsamen Wochen, da ist er sich sicher, verbinden für immer.

Autor: Linus Freymark

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