Der Equal Pay Day erinnert daran, dass Frauen immer noch deutlich weniger verdienen als Männer. In diesem Jahr ist der 10. März als der Termin errechnet worden, im vergangenen Jahr war es noch der 17. März. Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen statistisch gesehen umsonst, während Männer vom 1. Januar an für ihre Tätigkeit bezahlt werden. Doch in Hessen gibt es Licht am Horizont. Darüber informieren das Hessische Sozialministerium und das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur der Goethe-Universität bei der Präsentation des Hessischen Lohnatlas.
„Arbeitgeberattraktivität durch Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern – der wichtige Beitrag der Hessischen Wirtschaft zur Geschlechtergerechtigkeit“ – unter diesem Titel laden die Staatssekretärin des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität
am Mittwoch, 17. März, von 9:30 bis 12 Uhr
zu einer virtuellen Konferenz
ein.
In Hessen beträgt die Lohnlücke gemäß dem Hessischen Lohnatlas im Jahr 2018 noch immer 11,9 Prozent. Allerdings wird die Lücke langsam aber stetig geringer. Seit 2012 hat die Differenz zwischen männlichen und weiblichen Einkommen um 4 Prozentpunkte abgenommen. „Dies ist eine sehr erfreuliche Entwicklung“, stellt Staatsekretärin Anne Janz fest, die auch das Grußwort spricht.
Bei der Veranstaltung geht es darüber hinaus auch um einen Blick auf die aktuelle Lage: Hat Corona für die Frauen beruflich eher Rückschläge gebracht? Oder können sie die während der Pandemie erfolgte Flexibilisierung sogar zu ihrem Vorteil nutzen? Und führt dies zu einer weiteren Verringerung der Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen? Damit würde die Pandemie einen Impuls setzen für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Aber wie müsste man dann die Weichen stellen für die Zeit danach?
Bei der Konferenz werden Befunde aus der einschlägigen Arbeitsmarktforschung, Erfahrungen aus Betrieben und Daten aus dem bereits 2020 veröffentlichen Hessischen Lohnatlas sowie Aktivitäten des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration zur Verbesserung der Entgeltgleichheit vorgestellt:
Die Arbeitsmarktforschung zeigt, dass sich Arbeit für viele Beschäftigte während der Pandemie wesentlich verändert hat. Zeitlich und räumlich flexibles Arbeiten wird tagtäglich von vielen gelebt, die im Homeoffice tätig sind. „Bei manchem Arbeitgeber entsteht die Erkenntnis, dass die Arbeitsergebnisse nicht schlechter als vor der Pandemie sind und dass Führung auf ‚Distanz‘ gut möglich ist“, stellt Dr. Christa Larsen, Geschäftsführerin des IWAK fest. Lange Zeit wenig hinterfragte Annahmen kommen ins Wanken, denn feste Arbeitszeiten in Präsenz stellen nicht mehr die notwendige Voraussetzung für optimale Arbeitsergebnisse dar. Von diesem Umdenken können vor allem diejenigen Beschäftigten profitieren, die diese Flexibilität benötigen, um ihre familiären und beruflichen Anforderungen gut miteinander zu vereinbaren. Dies trifft in der Praxis vor allem auf Frauen zu. Relevant ist das Umdenken auch in Bezug auf Karrierefragen. Bisher waren Präsenz vor Ort im Betrieb und feste Arbeitszeiten Voraussetzungen dafür. Dementsprechend hatten Frauen, die mehr Flexibilität zur Vereinbarkeit benötigen, oft das Nachsehen, auch finanziell. „Zudem sehen wir während der Pandemie, dass sich die Arbeitsteilung bei hochqualifizierten Paaren zu Hause günstig entwickelt. Männer übernehmen während des Homeoffice mehr familiäre Verpflichtungen als vor der Pandemie“, sagt Dr. Claudia Globisch vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, die bei der Konferenz vortragen wird. Veränderung der Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen begünstigt zudem die stärkere Teilhabe von Frauen an Erwerbsarbeit und eine Verbesserung ihrer Entgeltsituation.
Ein Interview zum Thema Equal Pay Day: „Die Pandemie ist auch eine Superchance“ mit Dr. Christa Larsen, Geschäftsführerin des IWAK, können Sie hier lesen.
Aus Sicht von Betrieben hat der Wandel noch andere Gründe. Darüber sprechen die Vertreter von Adobe Systems, Salesforce und PwC: Der Fachkräftemangel ist während der Pandemie bei vielen nicht kleiner geworden. „Wir brauchen gerade jetzt mehr Fachkräfte und wollen unsere sehr gut ausgebildeten Beschäftigten halten“, sagt Frank Rohde von Adobe Systems: „Im Wettbewerb um Fachkräfte müssen wir als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden – ein Baustein dafür ist gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, aber auch die Möglichkeit, seine Arbeitszeit flexibel und mobil zu gestalten.“ Nina Gohlke von Salesforce bestätigt: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das sollte heute eine Selbstverständlichkeit sein. Wir überprüfen unsere Gehaltsstrukturen regelmäßig, um dies sicherzustellen. Gleiche Aufstiegschancen für Frauen und Männer sowie Entgeltgleichheit sind nicht nur im Sinne der Chancengleichheit relevant, sondern auch nötig, um als Arbeitgeber attraktiv für die besten Talente zu sein!“
Auch in vielen anderen Branchen und der öffentlichen Verwaltung werden Entgeltanalysen durchgeführt, um zunächst Transparenz zur Entgeltlage zu schaffen. „Das ist ein erster Schritt, der nicht selten bei dem einen oder anderen betrieblichem Entscheider zu einigem Erstaunen geführt hat“, berichten Pia Müller-Pleines und David Nowacki von PwC, die über Erfahrungen aus der Equal Salary-Zertifizierung verfügen. Der Transparenz folgen Maßnahmen, deren Ergebnisse regelmäßig beobachtet werden.
Dass die Entgeltlücken zwischen Frauen und Männern trotz alledem noch groß sind, verdeutlicht der Hessische Lohnatlas, der im vorigen Jahr in der zweiten Ausgabe erschienen ist und die Jahre 2012 bis 2018 umfasst. Besonders deutliche Lücken gibt es im Mittelstand und in Betrieben mit hohem Altersschnitt. „Wir zeigen mit dem Lohnatlas auf, wo die Betriebe in Hessen stehen und dass der Handlungsbedarf noch sehr groß ist“, stellt Staatssekretärin Anne Janz fest. Ein wichtiges Ziel der Landesregierung ist die Verbesserung der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern in Hessen. Der Austausch bei der geplanten Veranstaltung wird wichtige Impulse setzen, gerade um die Chancen, die sich während der Pandemie ergeben, zu nutzen. Als weitere Aktivitäten in diesem Jahr sind der Dialog der Sozialpartner aus den größten Branchen in Hessen vorgesehen und die Vorstellung und Diskussion der Befunde aus dem Lohnatlas in den Regionen vor Ort. „Wir haben viel vor und wollen einen lebendigen Diskurs im Land gestalten. Damit wir die neuen Chancen für Frauen gut nutzen“, betont Staatssekretärin Anne Janz.
Der Hessische Lohnatlas wird vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität erstellt. Dort finden kontinuierlich Forschungsbefunde Eingang. Über Veranstaltungen und Vorträge wird ein Diskurs mit der Praxis aus der Universität heraus gepflegt. „Dieser gelebte Wissenstransfer macht einen Unterschied“, meint Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident für Third Mission der Goethe-Universität.
Anmeldungen sind noch möglich unter lohnatlas@iwak-frankfurt.de
Publikation: Den Hessischen Lohnatlas finden Sie zum Download unter dem folgenden Link: http://www.hessischer-lohnatlas.de und das Konferenzprogramm unter https://hessenlink.de/wNBk7