Dass die Laserspezialistin und Erfinderin des Raman-Lasers, Gisela Eckhardt, der Goethe-Universität einmal gut 11,5 Millionen Euro hinterlassen würde, war bis wenige Jahre vor ihrem Tod undenkbar. Denn eigentlich hatte Gisela Eckhardt nach ihrer Promotion der Universität 1958 mit Groll den Rücken gekehrt und war ausgewandert. 60 Jahre später bestimmt die ehemalige Physikstudentin jedoch „ihre“ Goethe-Universität als Erbin und legt den Grundstock für eine Stiftungsprofessur in Experimentalphysik. Diese Professur wird im Januar mit der Festkörperphysikerin Olena Fedchenko besetzt. Die Stadt Frankfurt würdigt die Laser-Pionierin mit der Benennung eines Gisela-Eckhardt-Platzes im Stadtteil Bockenheim. Im Rahmen der Feierlichkeiten am 30. Januar hält Prof. Olena Fedchenko ihre Antrittsvorlesung.
Dass die Goethe-Universität jüngst eine Professur für Experimentalphysik im Bereich Festkörper-Spektroskopie elektronisch korrelierter Materialien einrichten und nun mit der Festkörperphysikerin Olena Fedchenko besetzen konnte, ist dem Nachlass der Laserspezialistin Gisela Eckhardt zu verdanken: Die gebürtige Frankfurterin ist die erste Alumna, die der Universität eine Stiftungsprofessur ermöglicht – und damit auch ein Zeichen der späten Aussöhnung mit ihrer Universität setzt. Denn als Gisela Eckhardt, geborene Elsholtz, als einzige Studentin ihres Jahrgangs 1947 das ersehnte Physikstudium beginnt, erlebt sie bald den von Hindernissen geprägten Alltag einer Frau in einem männlich dominierten Forschungsumfeld. Eine verspätete Diplomprüfung, eine verzögerte Doktorarbeit – noch Jahrzehnte später beklagt Gisela Eckhardt den Zeitverlust in ihrem Studium durch ihren Doktorvater. Da lebt sie längst in den USA, in die sie mit ihrem Mann, einem ehemaligen Kommilitonen, 1958 emigriert ist. Im kalifornischen Malibu, dem damaligen Mekka der Physikforschung, kann sie sich dann nicht nur ihren Traum zu forschen erfüllen: Sie wird 1962 dank einer Entdeckung in der Laserforschung sogar weit über die Grenzen des Instituts bekannt. Die Harvard University nennt sie eine der ersten Pioniere der Laserphysik.
Ein Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über genau jene Entdeckung – den Raman Laser, der bis heute in der Medizin, Chemie und Biologie vielfach eingesetzt wird – bringt die Pionierin der Laserphysik 2017mit ihrer Universität wieder in einen bleibenden persönlichen Kontakt. 90jährig besucht Eckhardt auf Einladung der Universität ihren ehemaligen Fachbereich – mit mittlerweile drei Professorinnen und etlichen Nachwuchsforscherinnen. Kinderlos und bereits verwitwet beschließt Gisela Eckhardt, ihrer Universität die Mittel für eine Stiftungsprofessur für experimentelle Physik zu überlassen. Am 30. Januar 2020 stirbt Eckhardt mit 93 Jahren in den USA. Sie vererbt der Goethe-Universität die Summe von gut 11,5 Millionen Euro: Die Stiftungsprofessur, die ihren und den Namen ihres Mannes Wilfried Eckhardt tragen soll, kann rein aus den Erträgen eines Stiftungsfonds langfristig finanziert werden.
Universitätspräsident Prof. Enrico Schleiff ist dankbar für die späte Versöhnung der Alumna mit der Goethe-Universität, die durch die Initiative der Privaten Hochschulförderung und auch des Fachbereichs ermöglicht wurde. „Gisela Eckhardt, die Stifterin der neuen Professur für Experimentalphysik, wollte zeitlebens eines: Als Physikerin forschen, frei und uneingeschränkt – was ihr als Frau im Nachkriegsdeutschland allerdings kaum möglich war. Es wäre ihr sicherlich nachträglich eine doppelte Genugtuung zu sehen, dass wir die Professur nicht nur mit einer Frau besetzen konnten, sondern mit Olena Fedchenko auch eine brillante Wissenschaftlerin für uns gewinnen konnten, die auf einem ähnlichen Gebiet forscht wie Gisela Eckhardt selbst. Für unseren Fachbereich Physik ist Olena Fedchenko ein großer Gewinn, denn sie stärkt unsere experimentelle Kompetenz in der Festkörperphysik.“
Experimentalphysikerin Olena Fedchenko erhält Gisela-und-Wilfried-Eckhardt-Stiftungsprofessur
Die thematische Nähe des Spezialgebiets der Experimentalphysikerin Olena Fedchenko zur Laserpionierin Gisela Eckhardt wäre sicher im Sinne der Stifterin gewesen: Mit Olena Fedchenko besetzt seit dem 1. Januar 2025 eine Expertin die neue Gisela-und-Wilfried-Eckhardt-Stiftungsprofessur, die im Bereich der Elektronenspektroskopie mit großem Potenzial für den Einsatz in der modernen Festkörperforschung besonders ausgewiesen ist. „Mit dieser Expertise stärkt Olena Fedchenko einen von drei wissenschaftlichen Schwerpunkten des Fachbereichs Physik, nämlich unseren Forschungsschwerpunkt ,Kondensierte Materie und Quantenmaterialien‘“, sagt der Geschäftsführende Direktor des Physikalischen Instituts Prof. Cornelius Krellner. „Wir verfügen in Frankfurt bereits über eine breite Expertise in Theorie und Experiment, um das komplexe Problem miteinander wechselwirkender Teilchen im Festkörper zu analysieren; nun kommt mit Olena Fedchenkos Arbeitsgruppe in der experimentellen Elektronenspektroskopie ein entscheidendes Bindeglied zwischen Theorie und Experiment hinzu. Damit haben wir den unbedingt notwendigen Schlüssel für wichtige Zukunftstechnologien in der Hand.“
Olena Fedchenko studierte und promovierte an der Staatlichen Universität Sumy (Ukraine) in Physik und Mathematik mit dem Schwerpunkt Festkörperphysik. Nach einer Forschungszeit als Assistentin am Institut für Angewandte Physik an derselben Universität wechselte sie 2015 an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Dort war sie als Postdoktorandin an zwei Sonderforschungsbereichen und mehreren BMBF-Projekten beteiligt und trug damit zur Entwicklung der Photoemissionstechnik am DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) bei. In den Jahren 2019 und 2024 wurden ihre Arbeiten als DESY-Highlights des Jahres nominiert. 2024 wurde sie zudem für den Charles S. Fadley Award für herausragende Beiträge zur Grundlagenforschung in der Photoemissionsspektroskopie mit harten Röntgenstrahlen vorgeschlagen.
Einweihung des Gisela-Eckhardt-Platzes mit Festveranstaltung am 30. Januar –Antrittsvorlesung von Prof. Olena Fedchenko
In Frankfurt wird Gisela Eckhardt, die Stifterin der neuen Professur, auf eine weitere Weise geehrt werden: Auf Vorschlag des Ortsbeirats Bockenheim und des Physikalischen Vereins benennt die Stadt Frankfurt einen bislang namenlosen Platz an der Ohmstraße nach der gebürtigen Frankfurterin. Die Einweihung des Gisela-Eckhardt-Platzes findet statt am 30. Januar, dem fünften Todestag Gisela Eckhardts.
Im Rahmen der anschließenden Festveranstaltung des Physikalischen Vereins, deren Ehrenmitglied Gisela Eckhardt seit 2018 ist, hält Prof. Dr. Olena Fedchenko ihre Antrittsvorlesung (19 Uhr, Robert-Mayer-Straße 2, 60325 Frankfurt; Infos.
Weitere Informationen zur Einweihung des Gisela Eckhardt-Platzes erhalten Sie hier.
Eine ausführlichere Darstellung, wie die Goethe-Universität zu einer Stiftungsprofessur für Experimentalphysik kam, lesen Sie hier.