Die Erforschung komplexer geometrischer und arithmetischer Objekte ist das Ziel des neuen Sonderforschungsbereichs Transregio 326 (TRR 326), der von der Goethe-Universität koordiniert wird. Die DFG gab heute bekannt, dass der TRR 326 in den kommenden vier Jahren mit 9,2 Millionen Euro gefördert wird. Der SFB 1039 „Krankheitsrelevante Signaltransduktion durch Fettsäurederivate und Sphingolipide“, auch unter der Sprecherschaft der Goethe-Universität, wird fortgesetzt und erhält für die dritte Förderphase 9,6 Millionen Euro. Zwei weitere TRR, an denen die Goethe-Universität beteiligt ist, werden ebenfalls durch die DFG gefördert: Beim TRR 211 „Stark wechselwirkende Materie unter extremen Bedingungen“ geht in der zweiten Förderperiode die Sprecherschaft von der Goethe-Universität an die Technische Universität Darmstadt über (9,2 Millionen Euro). Auch am TRR 301 „Die Tropopausenregion in einer Atmosphäre im Wandel“ (Sprecherin: Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 12,3 Millionen Euro) sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität maßgeblich beteiligt.
Prof. Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität Frankfurt, gratuliert den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu ihrem Erfolg: „Das Engagement der Goethe-Universität insbesondere in den Transregio-Sonderforschungsbereichen zeigt unsere exzellente wissenschaftliche Vernetzung in der Region, gerade in den Naturwissenschaften und in der Medizin. Im Verbund der Rhein-Main-Universitäten Frankfurt, Mainz und Darmstadt haben wir dieser regionalen Zusammenarbeit einen Rahmen gegeben: Mittlerweile gibt es mehr als 30 Forschungsverbünde und Forschungsnetzwerke in dieser strategischen Allianz, und im vergangenen Jahr haben wir das RMU-Studium etabliert, damit auch talentierte Studierende von der RMU profitieren können.“
Die mathematische Erkundung komplizierter geometrischer und arithmetischer Räume mithilfe der Uniformisierung ist das Forschungsthema des TRR 326 „Geometrie und Arithmetik uniformisierter Strukturen – GAUS“. Erfolgreich beantragt haben den TRR 326 neben der koordinierenden Goethe-Universität Frankfurt die Technische Universität Darmstadt und die Universität Heidelberg, assoziierte Institutionen sind die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die Technische Universität München. Das Konzept der Uniformisierung geht auf Ideen von Felix Klein und Henri Poincaré aus dem 19. Jahrhundert zurück und sucht nach einer einheitlichen Beschreibung bestimmter geometrischer Objekte. Ein sehr einfaches Beispiel für einen uniformisierten geometrischen Raum findet sich imSpielzeug Slinky, einer Metallspirale, die in „Purzelbäumen“ eine Treppe hinunter„laufen“ kann. Zusammenpresst hat sie – von oben gesehen – die Geometrie eines Kreises. Dieser Kreis wird uniformisiert, indem wir die Metallspirale auseinanderziehen. Besonders einfach wird es, wenn die Spirale komplett entrollt geometrisch nur noch ein einfacher Draht ist. Damit die Information des Slinky erhalten bleibt, ist jede Spiralwindung auf dem Draht mit einem Farbtupfer markiert, wodurch der Draht eine Verschiebungssymmetrie erhält (man wechselt die Etage in der Spirale). Ein global komplizierter geometrischer Raum (im Beispiel der Kreis des Slinky) wird durch einen deutlich einfacheren Raum ersetzt (hier eine Gerade), ohne die lokale Struktur zu verändern. Die ursprüngliche Komplexität wird dabei durch innere Symmetrien (im Beispiel veranschaulicht durch periodische Markierungen) des einfacheren Raums beschrieben.
Beim TRR 326 GAUS befassen sich Mathematikerinnen und Mathematiker mit der Uniformisierung sehr komplizierter geometrischer Räume – wobei dies moderne geometrische Konzepte umfasst, insbesondere tropische und p-adische Geometrien – und mit analogen Anwendungen der Uniformisierungstechnik auch bei arithmetischen (zahlentheoretischen) Fragegestellungen. Die Forscherinnen und Forscher versuchen hier, grundsätzliche Zusammenhänge zu erkennen, etwa zu Modulräumen, automorphen Formen, Galoisdarstellungen oder kohomologischen Strukturen. Prof. Jakob Stix, Mathematiker an der Goethe-Universität und GAUS-Sprecher, meint: „Mit dem SFB-Transregio GAUS knüpfen wir an die überaus erfolgreiche Zusammenarbeit von TU Darmstadt und Goethe-Universität im LOEWE-Schwerpunkt ‚Uniformisierte Strukturen in Arithmetik und Geometrie‘ sowie die DFG-Forschergruppe ‚Symmetrie, Geometrie und Arithmetik‘ der TU Darmstadt und der Universität Heidelberg an. Ich freue mich sehr auf die gemeinsame Forschung mit so vielen herausragenden Kolleginnen und Kollegen.“
In seine dritte Förderperiode geht der Sonderforschungsbereich 1039 „Krankheitsrelevante Signaltransduktion durch Fettsäurederivate und Sphingolipide“, den die Goethe-Universität zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim jetzt fortsetzt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befassen sich mit einer Gruppe schlecht wasserlöslicher Biomoleküle, den Lipiden. Sehr prominent bilden diese als Lipiddoppelschicht die Membranen, die unsere Zellen umhüllen und die auch das Innere der Zellen gliedern. In Form von Fetten dienen sie unserem Körper als Energiespeicher.
Im SFB 1039 allerdings wird eine immer noch vergleichsweise wenig erforschte Funktion untersucht: Lipide sind Teil vieler Signalwege, über die die Zellen Wachstum und Stoffwechsel regulieren und mit ihrer Umgebung kommunizieren. Fehlregulierte Lipide sind offenbar bei der Entstehung und im Verlauf von Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes, Krebs, Entzündungen oder neurodegenerativen Erkrankungen entscheidend beteiligt. Nach grundlegenden Arbeiten in den beiden ersten Förderperioden steht in der dritten Förderperiode das Verständnis des Gesamtorganismus im Zentrum der Forschung. Prof. Josef Pfeilschifter, Pharmakologe an der Goethe-Universität und Sprecher des SFB 1039, erläutert: „Wir wollen das Lipid-Signalnetzwerk als Ganzes verstehen und so innovative Wege zur Diagnostik und Therapie verschiedenster Krankheiten entwickeln, die mit fehlregulierten Lipiden zusammenhängen. Dabei können wir uns auf eine langjährige und breite Expertise im ‚Lipid-Signalling‘ stützen, die auch auf der Etablierung ausgefeilter Analysemethoden auf Basis der Massenspektometrie fußt.“
An zwei weiteren SFB-Transregios sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität maßgeblich beteiligt:
Wie sich Materie unter extremen Druck- und Temperaturbedingungen verhält, bei denen Atome überlappen und miteinander verschmelzen, erforscht der TRR 211 „Stark wechselwirkende Materie unter extremen Bedingungen“, der in seine zweite Förderphase geht. Für extrem kurze Zeiträume können solche Materiezustände in Teilchenbeschleunigern erzeugt werden und etwas über die starke Wechselwirkung verraten, die die Atomkerne zusammenhält. Im Weltall treten solche extremen Materiezustände auf, wenn zum Beispiel Neutronensterne miteinander kollidieren. Neben der Goethe-Universität sind die Technische Universität Darmstadt als neue Sprecheruniversität und die Universität Bielefeld beteiligt.
Im neuen TRR 301 „Die Tropopausenregion in einer Atmosphäre im Wandel“ werden Atmosphärenwissenschaftler:innen die Zone in der Atmosphäre untersuchen, die die untere „Wetterschicht“ (Troposphäre) von der darüber liegenden Stratosphäre trennt: Die Tropopausenregion. Der Forschungsfokus liegt dabei auf den physikalischen und chemischen Prozessen dieser Region und deren Einfluss auf die planetare Zirkulation und das Klima. Hauptstandorte sind die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Sprecherin) und die Goethe-Universität Frankfurt. Beteiligt sind außerdem die Technische Universität Darmstadt, die Ludwig-Maximilians-Universität München, das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, das Forschungszentrum Jülich sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen.