Die Stadt Frankfurt zeichnet hervorragende Persönlichkeiten mit Migrationsgeschichte aus

„Ankommen heißt, sich aktiv als Teil der Gemeinschaft einzubringen“. Die Stadt Frankfurt zeichnet jedes Jahr hervorragende Persönlichkeiten mit Migrationsgeschichte aus. Diesmal sind sechs von ihnen mit der Goethe-Universität verbunden.

Nikola Kowal, Foto: Nicolas Det, Prof. Dr. Rana Alsoufi, Foto: privat, Khayal Gasimli, Foto: Nicolas Det, Puria Parvini, Foto: privat, Galina Putjata, Bild: Nicolas Det, Mariana Shumliakivska, Foto: Katharine Schulenburg
Nikola Kowal, Foto: Nicolas Det, Prof. Dr. Rana Alsoufi, Foto: privat, Khayal Gasimli, Foto: Nicolas Det, Puria Parvini, Foto: privat, Galina Putjata, Foto: Nicolas Det, Mariana Shumliakivska, Foto: Katharine Schulenburg

Mehr als die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger in Frankfurt haben eine Migrationsgeschichte. Aus rund 180 Herkunftsländern sind sie nach mehr oder weniger langen, mehr oder weniger beschwerlichen Wegen in einer für sie fremden Stadt angekommen, haben ihr Leben vor Ort neu ausgerichtet und gestaltet. Und damit auch die Stadt, in der sie leben, aktiv mitgeprägt: durch ihre Sprachen (oft sind es zahlreiche), durch ihre Kultur, ihre Fähigkeiten, ihre persönlichen Erfahrungen und ihr soziales Engagement.

Zwanzig solcher Persönlichkeiten mit Migrationsgeschichte aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft würdigt jedes Jahr die Kommunale Ausländerinnen- und Ausländervertretung (KAV) der Stadt Frankfurt am Main – das aktive „Migrationsparlament“ vertritt die Interessen der internationalen Einwohnerinnen und Einwohner in Frankfurt. Sechs der Personen, die am 1. November in der Paulskirche für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet wurden, sind mit der Goethe-Universität verbunden – als Studentin und Doktorandin, als Ärzte, als Professorin und Professor. Sie beeindrucken nicht nur durch eine außergewöhnliche schulische bzw. wissenschaftliche Laufbahn, sondern auch durch ihr Bewusstsein für gesellschaftliche Missstände und ihr hohes soziales Engagement.

„Es muss aber noch viel passieren“

Galina Putjata, Foto: Nicolas Det
Galina Putjata, Foto: Nicolas Det

„Ankommen heißt, sich aktiv als Teil der Gemeinschaft einzubringen. Sich nicht hilfsbedürftig als ‚Flüchtling‘ positioniert, sondern als Mensch mit meinem Können und Wissen anerkannt und wertgeschätzt zu fühlen“, beschreibt etwa die Linguistin Galina Putjata stellvertretend für viele die Situation von Migrant*innen. „Dafür muss aber noch vieles passieren. Deswegen setze ich mich heute dafür ein, dass sich Strukturen verändern, Abschlüsse anerkannt werden und mitgebrachten Sprachen Platz eingeräumt wird.“ Putjata ist seit 2020 Professorin für Mehrsprachigkeitsforschung an der Goethe Universität. In Odessa (Ukraine) geboren, lebt sie seit 13 Jahren in Deutschland. Neben ihrer wissenschaftlichen Laufbahn verfolgt Galina Putjata seit Jahren zahlreiche Projekte zur Förderung von Mehrsprachigkeit und Bildung und engagiert sie sich unter anderem für gesellschaftliche Normalisierung jüdischen Lebens und Studierende mit Migrationshintergrund.

Mariana Shumliakivska, Foto: Katharine Schulenburg
Mariana Shumliakivska, Foto: Katharine Schulenburg

Ebenfalls in der Ukraine, genauer in Schytomyr, geboren ist Mariana Shumliakivska. Die Molekularmedizinerin begann ihre akademische Laufbahn 2016 mit einem Bachelorstudium in Biotechnologie in Polen. Nach Austauschprogrammen in München und Köln promoviert Mariana Shumliakivska derzeit am Institut für Kardiovaskuläre Regeneration an der Universitätsmedizin Frankfurt. Parallel dazu studiert sie an der Goethe-Universität Humanmedizin. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit engagiert sich Shumliakivska in zahlreichen Projekten für die Ukraine.

„Ich habe ein tiefes Verständnis und Respekt für kulturelle Vielfalt entwickelt“

Khayal Gasimli, Foto: Nicolas Det
Khayal Gasimli, Foto: Nicolas Det

Mediziner ist auch Khayal Gasimli, der – in Baku, Aserbaidschan, geboren – zum Medizinstudium nach Deutschland kommt. Dort fällt er früh durch außerordentliche Leistungen auf: Nicht nur wird seine Doktorarbeit von der Berliner Krebsgesellschaft e.V. gefördert, auch zahlreiche seiner Publikationen werden ausgezeichnet. Seine klinische und akademische Laufbahn beginnt Khayal Gasimli an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und führt über Marburg an die Universitätsfrauenklinik der Goethe-Universität. Inzwischen hat sich Khayal Gasimli dort habilitiert.

Puria Parvini, Foto: privat
Puria Parvini, Foto: privat

Mehrere medizinische Titel erworben hat Puria Parvini, der derzeit als Leitender Oberarzt der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie am Carolinum Zahnärztlichen Universitäts-Institut gGmbH tätig ist. In Teheran geboren kommt Puria Parvini 1986 als Zwölfjähriger nach Deutschland – dort finanziert er sich Schule, Internat und Studium selbst. Schon während der Schulzeit engagiert er sich sozial, später wird er mehrfach für sein Engagement in der Lehre ausgezeichnet. Seit 2023 ist Puria Parvini außerplanmäßiger Professor (sowie M.Sc. M.Sc) an der Universitätsmedizin Frankfurt.

Prof. Dr. Rana Alsoufi, Foto: privat
Prof. Dr. Rana Alsoufi, Foto: privat

Für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet wird auch Prof. Dr. Rana Alsoufi, die in ihrer Geburtsstadt Amman aufwächst. In Jordanien studiert sie Islamische Theologie mit dem Schwerpunkt islamisches Recht. Mit einem Stipendium setzt sie ihr Studium in Großbritannien fort, wo sie auch promoviert. An der Goethe-Universität forscht und lehrt sie seit 2018: zunächst als Juniorprofessorin für Normenlehre des Islam am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam, seit 2024 auf einer Professur auf Lebenszeit.

Nikola Kowal, Foto: Nicolas Det
Nikola Kowal, Foto: Nicolas Det

„Das Jurastudium war schon immer mein Traum, und ich wollte diesen Traum verwirklichen – unabhängig davon, wo ich wohne“, sagt die Studentin Nikola Kowal, die 2016 als Zwölfjährige mit den Eltern von Polen nach Deutschland zieht. Um ihren Traum zu verwirklichen, investiert sie viel Zeit, um so schnell wie möglich Deutsch zu lernen und die Schule mit einem guten Abschluss zu verlassen. 2023 legt sie als eine der Jahrgangsbesten das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,0 ab. Danach beginnt sie das Studium der Rechtswissenschaften an der Goethe Universität und bewirbt sich erfolgreich um ein Deutschlandstipendium.

Was die Ausgezeichneten ihrer Meinung nach auf ihrem Weg nach Frankfurt unterstützt hat? Viele verweisen auf ihr persönliches Durchhaltevermögen und ihre Disziplin, auf die Leidenschaft für ihren Beruf und ein inspirierendes professionelles Umfeld, auf das Sprechen vieler Sprachen und oft auch auf familiäre Unterstützung. Gemeinsam teilen sie, die Angekommenen, die Eigenschaft interkultureller Toleranz – „durch meine langjährige Freundschaft und Bekanntschaft mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen“, sagt etwa Khayal Gasimli, „habe ich ein tiefes Verständnis und Respekt für kulturelle Vielfalt entwickelt“. Und Puria Parvini ergänzt: „Manchmal ist es nicht der Verstand, der uns leitet, sondern das Herz, das einen mit unaufhaltsamer Kraft vorantreibt.“

In der Broschüre „Herausragende Persönlichkeiten mit Migrationsgeschichte 2024“ finden sich ausführliche Biographien aller Ausgezeichneten.

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