
Wie neuartiger Wirkstoff gegen Eierstockkrebs an der Universitätsmedizin Frankfurt entwickelt wird, konnten Schüler*innen des Berufskollegs Olsberg im Hochsauerlandkreis Anfang November bei einem Laborbesuch in der Frauenklinik erfahren. Das Ovarialkarzinom – ein Tumor am Eierstock – ist mit rund 7400 Fällen pro Jahr in Deutschland zwar eine weniger häufige Krebsform, doch eine, die meist erst spät entdeckt wird, wenn bereits Tochtergeschwulste im Beckenbereich und der Bauchhöhle auftreten. Prof. Klaus Strebhardt aus der Abteilung Molekulare Gynäkologie und Geburtshilfe der Frauenklinik erklärte der Klasse, dass Operationen und Chemotherapien leider häufig nicht in der Lage sind, alle Tumorzellen vollständig zu vernichten – mit fatalen Folgen: Mehr als die Hälfte der Patientinnen mit Ovarialkarzinom verstirbt innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diagnose.
Auf der Suche nach neuen Therapien verfolgen Strebhardt und sein Team einen technologischen Ansatz, auf dessen Basis bereits Impfstoffe gegen SARS-CoV2 hergestellt werden konnten: Synthetische messenger-RNA, kurz mRNA, die in Zellen gebracht und dort als Bauplan für die Herstellung von Proteinen genutzt wird. Das Team brachte synthetische mRNA für ein Protein namens p53 in Eierstockkrebszellen ein. p53 schützt gesunde Zellen vor der Entartung, funktioniert aber bei 95 Prozent der betroffenen Patientinnen nicht ausreichend. Mithilfe synthetischer p53-mRNA konnten die Wissenschaftler*innen in kultivierten Krebszellen, in gezüchteten Eierstocktumoren (Organoiden) und schließlich in Mäusen das defekte p53 ersetzen, sodass die Krebszellen fast vollständig verschwanden.
Im Anschluss an den Laborbesuch wartete auf die angehenden biologisch- und chemisch-technischen Assistent*innen eine Diskussionsrunde mit einem ganz besonderen Gast, der Nobelpreisträgerin Prof. Katalin Karikó. Gemeinsam mit Drew Weissman erhielt sie 2023 die höchste wissenschaftliche Auszeichnung für die Entwicklung eben jener mRNA-Technologie. Die Klasse hatte den Besuch in Frankfurt in einem bundesweiten Wettbewerb der Initiative „Tierversuche verstehen“ gewonnen, und so ging es auch im Gespräch mit der Nobelpreisträgerin um Tierversuche. Wenn man auf diese verzichten wolle, müsse man direkt Menschen testen – oder gar nichts tun, meinte Karikó. In der Wissenschaft zu arbeiten, sei für sie Segen – sie könne Experimente machen, um zu verstehen, wie Dinge funktionieren und zusammenhängen – und gleichzeitig Fluch. Denn unablässig werde sie getrieben von dem Gedanken, dass Menschen an Krankheiten sterben müssten, zu deren Bekämpfung sie mit ihrer Forschung womöglich beitragen könne. Was sie jungen Menschen mit auf den Weg gebe? „Finden Sie einen Weg, mit Stress umzugehen – ich zum Beispiel laufe jeden Morgen. Und kümmern Sie sich nicht um das, was Sie nicht ändern können.“ Ihre Eltern, von Beruf Buchhalterin und Metzger, seien ihr immer ein Vorbild gewesen: „Ich habe von ihnen gelernt, dass das Leben harte Arbeit ist – und wie man gute Wurst macht.“
Für die Schüler*innen aus Olsberg war es ein Tag, der ihnen Einblicke in modernste Krebsforschung gab – und zeigte, welche Wege von der Laborbank bis zum Nobelpreis führen können.
Weitere Infos:
– mRNA-Wirkstoff gegen Eierstockkrebs →
– CARMA FUND investiert in mRNA-Therapie →










