Science Hero Preis / Aufmerksamkeit für massenhaftes Insektensterben

Entomologischer Verein Krefeld erhält Science Hero Preis.

Für seine langjährige Dokumentation der Insektenbestände wird der Entomologische Vereins Krefeld mit dem Science Hero Preis ausgezeichnet. Der Verein habe die Insektenforschung unabhängig von wissenschaftlichen Trends beständig fortgesetzt und so das Insektensterben als ein immens wichtiges Problem mit Ökosystemschäden bisher nicht bekannten Ausmaßes aufgezeigt, heißt es in der Begründung. Die Preisverleihung ist anlässlich der Eröffnung des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultätentages am 14. Juni 2019 um 18.30 Uhr an der Goethe-Universität Campus Riedberg / Otto-Stern-Zentrum, Ruth-Moufang-Straße 2, OSZ B.

Der Science Hero Preis wird seit 2015 von der Konferenz Biologischer Fachbereiche an Personen oder Organisationen in der biowissenschaftlichen Forschung und Lehre verliehen, die bürokratische Ausuferungen oder politische Absurditäten mit Humor bekämpfen, standhaft ertragen oder effizient vermieden haben. Der Preisträger erhält die Bronze-Figur einer Eule, die auf einem Paragraphen-Dschungel thront. Sie symbolisiert die in Deutschland so häufige Fesselung der Grundlagenforschung durch die Bürokratie.

Der Entomologische Verein Krefeld beschäftigt sich seit 1905 mit der wissenschaftlich orientierten Insektenkunde (Entomologie). Seine Arbeit beruht auf öffentlich finanzierter sowie ehrenamtlicher Forschung. Bereits vor dreißig Jahren haben die Krefelder Entomologen standardisierte Methoden der Datenerhebung für Fluginsekten entwickelt und Untersuchungen mit konsequent identischem „sampling design“ in zahlreichen Schutzgebieten über ganze Vegetationsperioden durchgeführt. Daraus resultierten unschätzbare Daten und Originalproben sowie im Jahr 2017 eine vielbeachtete Publikation in der internationalen Online-Fachzeitschrift „PLOS ONE“.

Ein Kommentar in der Fachzeitschrift „Science“ zu den Daten der Krefelder Entomologen erweckte weltweites Aufsehen. Die Forscher fanden, dass die Gesamtmenge an Insekten in Schutzgebieten innerhalb der letzten 27 Jahre um ca. 76 Prozent zurückgegangen ist. Die Gelehrtengesellschaft „Royal Society of Biology“ wertete diese Erkenntnis als einen der „Big Biology Breakthroughs“ des Jahres 2017. Die Untersuchungsergebnisse zu Insektenrückgängen unter Umweltrisiken wurden zudem in den diesjährigen „Global Risks Report“ aufgenommen.

Insekten sind die wichtigsten Akteure in der Bestäubung von Blütenpflanzen. Sie regulieren Energie- und Nährstoffflüsse und sind Nahrungsquellen für viele andere Arten. „Wir sind bis heute keineswegs in der Lage, die zahlreichen von ihnen ausgeübten Funktionen im Naturhaushalt auch nur annähernd zu verstehen“, so Dr. Martin Sorg, Mitglied des Entomologischen Vereins Krefeld. Verluste regional angepasster Populationen und vollständiges Aussterben von Arten in ganzen Naturräumen können irreversible Folgen haben. „Wir haben durch viele unserer Daten den Eindruck, dass wir baselines verloren haben und weiter verlieren. Und in Unkenntnis der schleichenden Verluste können wir die jeweils historischen Zustände in ihrer Artendiversität und dem ‚natürlicheren‘ Volumen an Interaktionen gar nicht mehr ausreichend begreifen“, bedauert Dr. Sorg.

Die Ökosystemschäden, die durch Insektenrückgänge zu befürchten sind, können aufgrund von Kenntnislücken in ihrem vollen Ausmaß nicht prognostizierbar werden. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Forschungsbedarf, und aktuell ist erkennbar, dass sich die Forschungslandschaft in der Entomologie verändert – und weiter verändern muss. „Bisher betreibt man Biodiversitätsforschung zu Insekten vorzugsweise zu den artenärmsten Insektengruppen. Dies ist als extrem verengter Blickwinkel nicht ausreichend für ein Verständnis von Biodiversität. Man könnte auch sagen: Tausende von UFO-Fluginsektenarten durchstreifen das Land, üben vermutlich wichtigste Funktionen in der Natur aus – und sind weder in ihrer Bestandsgefährdung bewertet, noch ist ihre Biologie ausreichend bekannt. Notwendig ist daher Grundlagenforschung und ein Langzeitmonitoring auch mit Schwerpunkten zu den artenreichsten Insektengruppen, zu denen der Kenntnisstand in eklatantem Maße defizitär ist“, so Dr. Andreas Müller, Vorsitzender des Entomologischen Vereins Krefeld.

Sitzplätze für Pressevertreter können nach Voranmeldung reserviert werden: fragen@nightofscience.de.

Besuchen Sie anschließend die Night of Science auf dem Campus Riedberg mit populärwissenschaftlichen Vorlesungen, Führungen durch die Laborräume und Experimente zum Mitmachen.

Quelle: Pressemitteilung vom 11. Januar 2019

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