Das Forschungskolleg Humanwissenschaften stellt vor: Till van Rahden und sein neues Buch „Demokratie. Eine gefährdete Lebensform“

(v.l.): Johannes Völz, Till van Rhaden und Nicole Deitelhoff

Eine Diskussion zwischen der Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff und dem Historiker Till van Rahden

Demokratie – lange Zeit wurde in der Öffentlichkeit nicht viel über sie geredet, zumindest nicht in der alten Bundesrepublik. Am Montag Abend stellte Till van Rahden sein Buch über die Demokratie vor, und das große öffentliche Interesse daran zeigt, dass das, was nicht der Rede wert war, nun viele Fragen aufwirft und die Menschen umtreibt. Vor vollem Saal las Till van Rahden zentrale Passagen aus seinem Buch; anschließend diskutierte er seine Thesen mit der Frankfurter Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff und den Zuhörern. Moderiert und strukturiert wurde die Diskussion von Johannes Völz, Amerikanist an der Goethe-Universität und Mitglied des Direktoriums des Forschungskollegs Humanwissenschaften.

Die zentrale Frage des Abends lautete: In welcher Gefahr befindet sich die Demokratie heute? Aus politikwissenschaftlicher Perspektive lässt sich zeigen, so Deitelhoff, dass die öffentlichen Auseinandersetzungen „erlahmen“ – es gebe immer weniger Debatten, der Ton verrohe und demokratische Meinungsbildungsprozesse würden oft mit Verweis auf „Sachzwänge“ im Keim erstickt.

Till van Rahden widersprach ihrer Beschreibung des aktuellen Zustands der Demokratie nicht. Ihm geht es jedoch darum, die Perspektive auf das, was Demokratie ausmacht, zu wechseln. Ihm zufolge ist sie an sich gefährdet: Demokratie ist – mit Adam Przeworski gesprochen – „organisierte Unsicherheit“. Seit ihren Anfängen ist sie Gegenstand der Auseinandersetzung; um ihre Werte, Normen und Imperative wurde und wird gerungen.

Van Rahdens These ist das Ergebnis der historischen Untersuchungen zur Geschichte der Bundesrepublik, die er in seinem im November 2019 bei Campus veröffentlichten Buch vorlegt. Vor diesem Hintergrund rät er zu Gelassenheit. Denn um Demokratie ist immer schon gestritten worden. Er versteht sie nicht als eine von verschiedenen Institutionen zusammengesetzte Herrschaftsform, die in die Krise geraten ist, sondern auch als eine Lebensform, die „der Pflege“ bedarf. Anlass zur Sorge bereitet heute vor allem der Verlust an öffentlichen Räumen – wie Stadtteilbibliotheken, Schwimmbäder und Parkanlagen –, die das demokratische Mit- und Gegeneinander ermöglichen.

Ein ausführliches Interview mit Till van Rahden wird Mitte Januar im UniReport Nr. 1.20 erscheinen.

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