In seiner Rede bei einem Empfang des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Jahre 1991 plädierte der kamerunische Germanist Norbert Ndong dafür, die Germanistik in Afrika anders als die Binnengermanistik bzw. die Inlandgermanistik in Deutschland zu gestalten. Die afrikanische Germanistik könnte sich ihm zufolge nur als eine interkulturelle Literaturwissenschaft entfalten und legitimieren. Die Position Ndongs schließt sich an die Diskussion über die Legitimation der Germanistik im frankophonen Subsahara-Afrika nach der Einrichtung von Deutschabteilungen in den 1970er Jahren an. Die Kernthese dieser Diskussion lautete: Wie kann die Germanistik zur Entwicklung der Anfang der 1960er Jahre politisch unabhängig gewordenen afrikanischen Länder beitragen? Der Legitimationsdruck führte die ersten afrikanischen Germanisten der „Ecole de Hanovre“ zu Goethe und den Vertretern der Deutschen Klassik, bei denen sie anspruchs- und sinnvolle Themen fanden, die ihr Konzept einer Germanistik als entwicklungsorientierter Wissenschaft bestätigten. Die Auseinandersetzung mit Goethe und der Deutschen Klassik bzw. einer aus afrikanischer Perspektive fremdkulturellen Philologie ebnete damit den Weg für eine interkulturell orientierte Literaturwissenschaft im frankophonen Subsahara-Afrika. Die interkulturell orientierte Germanistik in Afrika lässt heute etwa Tendenzen der Ethnologisierung, der Politisierung, des Postkolonialen und anderer postmoderner Diskurse erkennen, so dass die interkulturelle Literaturwissenschaft innerhalb der afrikanischen Germanistik zu einer Dachwissenschaft geworden ist, unter der viele andere Wissenschaften und Diskurse einquartiert sind. Dieser Vortrag wird den Versuch unternehmen, Aspekte und Tendenzen der Germanistik in Subsahara-Afrika aufzuzeigen und Überlegungen über die Zukunft des Faches anzustellen.
Ein Abendvortrag in Kollaboration zwischen FZHG und ZIAF
Paul N’guessan-Béchié ist Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Université Félix Houphouet-Boigny, Abidjan
Zeit: 18:00 – 20:00 Uhr
Ort: IG 1.314 (Eisenhowersaal), Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt
Veranstalter
Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften
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