Die Forschungsstelle Demokratische Innovationen an der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Veränderungen mögliche Szenarien für die Zukunft der Demokratie. Dabei ist die systematische Verzahnung von repräsentativen Institutionen und Bürgerbeteiligungsverfahren in demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen ein zentraler Aspekt. Gemeinsam mit der Stadt Filderstadt erprobt die Forschungsstelle in einem Experiment Potenziale innovativer direktdemokratischer Wahlverfahren. „Erfolgreiche Demokratien brauchen Innovationen – Gesellschaften verändern sich und die Politik muss mit diesem Wandel Schritt halten“, sagt Prof. Brigitte Geißel, Politikwissenschaftlerin und Leiterin der Forschungsstelle Demokratische Innovationen an der Goethe-Universität Frankfurt.
Vom 3. bis 9. Juli können sich die Einwohner von Filderstadt an einer Themenwahl beteiligen. Anders als bei üblichen Wahlen werden hier keine Personen gewählt. Die Fraktionen des Filderstädter Gemeinderates haben die lokalen Themen, wie schulische Angebote oder S-Bahn-Anbindung, über die abgestimmt werden können, zuvor bestimmt. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern der Goethe-Universität haben diese auch den Wahlzettel erstellt. Die Ergebnisse werden anonym behandelt und der Stadt zur Verfügung gestellt. Die Vorteile des neuen Verfahrens liegen darin, dass die Wähler gleichzeitig vielen verschiedenen Themen ihre Stimme geben können. Sie können die Themen gewichten und eine Rangordnung festlegen.
Der Gemeinderat sowie die Stadtverwaltung erhalten so ein unverbindliches Stimmungsbild aus der Bevölkerung und die Wissenschaftler Daten für ihre Forschung. Denn zusätzlich hält jeder Wähler seine Eindrücke auf einem Fragebogen fest. Das gesamte Verfahren dauert rund 20 Minuten. Das Ergebnis der Wahl ist für den Gemeinderat bzw. die Verwaltung nicht bindend. „Es ist aber eine Möglichkeit für die Bevölkerung, an einem wissenschaftlichen und bundesweit einzigartigen Experiment teilzunehmen, das unserer Demokratie einen Dienst erweisen kann“, sagt Christoph Traub, Oberbürgermeister der Stadt Filderstadt. Für das Experiment wurde Filderstadt ausgewählt, da die Stadt und ihre Bewohner besonders viel Erfahrung im Umgang mit Bürgerbeteiligung haben.
Quelle: Pressemitteilung vom 27. Juni 2017