Aufgewachsen in Bad Nauheim, begann Marcus Matthias Opp seine wissenschaftliche Karriere in den USA. Heute arbeitet er als Professor in Stockholm. Nun ist der Wirtschaftswissenschaftler für einige Monate ins Rhein-Main-Gebiet zurückgekehrt – als Träger des Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreises der Alexander von Humboldt-Stiftung. Sein Forschungsthema: „Sustainable Finance“ – nachhaltige Geldanlagen.
Er ist blond, groß – und er forscht und lehrt an der Stockholm School of Economics: Prof. Marcus Opp könnte glatt als Schwede durchgehen. Wenn, ja, wenn er nur fließend Schwedisch spräche. Die Wissenschaftssprache im Land von Pippi Langstrumpf und Ikea ist jedoch Englisch, und auch im alltäglichen Gespräch kommen einem die höflichen Schweden mit der gemeinsamen Fremdsprache entgegen. „Es ist wirklich nicht leicht, in Schweden Schwedisch zu lernen“, sagt Marcus Opp und grinst. Ansonsten gefalle es ihm aber rundum gut im Norden Europas, nicht nur wegen der vielen Natur und der sportlichen Möglichkeiten, so der passionierte Tennisspieler und Radfahrer.
Der heute 43-Jährige hat Deutschland schon 2003 Lebewohl gesagt, um für viele Jahre in die USA zu gehen. Wie viele Jahre es werden würden, sei ihm damals nicht klar gewesen. Eine Stelle in einem Doktoranden-Programm für junge Wissenschaftler an der University of Chicago, sie eröffnete Marcus Opp den Start in die wissenschaftliche Karriere. „Das ist eine tolle Sache: Diese Programme sind allein dafür da, Wissenschaftler auszubilden. Man ist gut bezahlt und kann sich ausschließlich auf sein Wissen und seine Forschung konzentrieren – ohne Lehrverpflichtung“, schwärmt er. Der Austausch mit anderen Doktoranden und mit den Professoren – einige Namen waren ihm aus dem Studium wohlbekannt – bewegte sich von Beginn an auf hohem Niveau. Als Opp 2008 Professor für Finance in Berkeley wurde und seinen ersten Kurs geben musste, war das allerdings in Sachen Lehre ein Sprung ins kalte Wasser. Heute ist die Lehre eine willkommene Abwechslung, sein Herz gehört jedoch der Forschung.
Die wollte er nach einem einjährigen Gastaufenthalt in Harvard gern in Europa weitertreiben, und so kehrte er nach 14 Jahren 2017 zurück auf den „alten Kontinent“ und wurde Professor für Finance an der Stockholm School of Economics. Als Bessel-Preisträger wird Marcus Opp nun bis September in der Nähe seiner Heimatstadt Bad Nauheim verbringen, wo seine Eltern leben. Er ist zu Gast bei Prof. Roman Inderst, mit dem er bereits in der Vergangenheit gemeinsam gearbeitet hat. Inderst, Professor für Finanzen und Ökonomie und Leibniz-Preisträger 2010, interessiert sich wie Opp für Sustainable Finance, die Überschneidung von Nachhaltigkeit und Finanzen.
In Zeiten von Klimawandel und weltweit wachsendem Umweltbewusstsein sind „grüne“ Strategien auch im Finanzwesen immer wichtiger. Nachhaltige Geldanlagen versprechen dem Investor ein gutes Gewissen –, aber kann er damit auch Geld verdienen? Und kann er mit seinem Investitionsverhalten die Wirklichkeit verändern? Marcus Opp sieht das eher kritisch: Viele machten sich vor, dass Nachhaltigkeit und Profit Hand in Hand gehen könnten. Doch oft seien grüne Anlagen nur eine Art Mogelpackung, die entweder nicht wirklich grün oder nicht wirklich rentabel sind.
Das Wort vom „Greenwashing“ macht derzeit auch in der Presse die Runde. Damit ist nicht immer nur das Schönreden von problematischen Industrien gemeint, sondern auch Handlungen wie diese: Ein Unternehmen, das sich den Anschein der Nachhaltigkeit geben will, trennt sich von problematischen Bestandteilen wie z. B. einem Kohlekraftwerk oder einer Ölplattform. „Damit verschwindet das Kraftwerk oder die Plattform aber nicht einfach aus der Realität. Es gibt nur einen neuen Eigentümer, und ob der die bislang hohen Sicherheits- und Umweltstandards einhält, ist höchst unsicher“, erklärt Opp. Und damit wäre der Umwelt nicht gedient – ganz im Gegenteil.
Marcus Opp hat in Mannheim Betriebswirtschaftslehre studiert, aber schon früh gemerkt, dass ihn eher die volkswirtschaftlichen Bestandteile seines Studiums interessieren. Und so geht es ihm auch bei der Forschung zu Sustainable Finance darum, zukunftsfähige Lösungen zu finden im Sinne der Gesellschaft. 2011 war er schon einmal für drei Monate zu Gast an der Goethe-Universität. Den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen hat er in guter Erinnerung, er ist wichtig für die Entwicklung neuer Ideen und Theorien. Deshalb hofft er auch diesmal auf möglichst viele persönliche Begegnungen, z. B. in der Mensa, für ihn „eine typisch deutsche Einrichtung“. Die Kommunikation per Zoom und Co. sei dafür kein wirklicher Ersatz.