Koloniales Erbe: Goethe-Universität forscht an internationalem Projekt zu Konflikten der Landnutzung in Westafrika

Kleinbauern im Süden der westafrikanischen Staaten Togo und Benin spüren die Auswirkungen des Klimawandels: Der Regen in der Baumsavanne fällt unregelmäßiger, Zeiten für Aussaat und Ernte verschieben sich, es wird trockener. Hinzu kommen Landnutzungskonflikte mit Wanderhirten, die ihren Ursprung in Umsiedlungen während der Kolonialzeit haben. Ein internationales Forschungsprojekt unter Leitung des Geographen Prof. Jürgen Runge von der Goethe-Universität (ZIAF) untersucht die Auswirkungen des Kolonialismus und will Lösungsansätze der indigenen Gemeinschaften für die Umwelt und Klimaprobleme identifizieren und die Gemeinschaften in politische Prozesse einbinden.

Halbnomadische Peulh/Fulbe betreiben Wanderweidewirtschaft, dringen in Togo und Bénin mit ihren Rindern in die Felder ansässiger Kabyé-Kleinbauern ein und verursachen Landnutzungskonflikte in den Savannenwäldern. Der Prozess verschärft sich unter dem Einfluss des Klimawandels und knapper werdender Ressourcen. Foto: Jürgen Runge, Goethe-Universität Frankfurt

Rund 50.000 Bauern der Volksgruppe Kabyè wurden während der deutschen und französischen Kolonialzeit im Gebiet der heutigen westafrikanischen Staaten Togo und Benin Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhundert vom bevölkerungsreichen Norden in den spärlich besiedelten Süden zwangsumgesiedelt. Die deutsche Kolonialmacht benötigte Arbeitskräfte zum Aufbau von Transportwegen, die französische Regierung wollte diesen Landstrich landwirtschaftlich entwickeln.

Bis heute ist die Landwirtschaft in diesem Landesteil – natürlicherweise eine Baumsavanne – jedoch wegen der weniger fruchtbaren Böden und den Wechseln zwischen zwei feuchten und zwei trockenen Jahreszeiten schwierig. Der Klimawandel verschärft die landwirtschaftlichen Probleme und lässt Landnutzungskonflikte mit der Volksgruppe der halbnomadischen Peulh/Fulbe eskalieren, die dort ihre Rinderherden weiden lassen.

Im fruchtbaren hügeligen Norden, wo die Kabyè traditionell Landwirtschaft auf Terrassen betreiben, die durch niedrige Steinmauern begrenzt sind, kam es in Folge der Umsiedlungen zu Arbeitskräftemangel, Marktverzerrungen und Landflucht. Die indigene Bevölkerung verarmte, es drohte ein soziokultureller Kollaps, dem etwa die politische Führung Togos seit der Unabhängigkeit des Landes entgegenzuwirken versucht.

Im Projekt „Indigenous People of West Africa, IPWA“ will nun ein internationales Wissenschaftsteam Folgen der Kolonialzeit detailliert untersuchen und gegenwärtige restriktive soziale und politische Strukturen offenlegen, um indigene Volksgruppen zu stärken und eine Regierungsführung (Good Governance) zu fördern, die auch indigene Führungspersönlichkeiten einschließt. Damit soll der Weg geebnet werden, dass indigene Gemeinschaften an der Identifizierung von Innovationen, Lösungen und Wegen zur Anpassung und Abschwächung des Umwelt- und Klimawandels beteiligt werden.

Das dreijährige Vorhaben IPWA startet im Juli 2024 und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem kanadischen New Frontiers in Research und (NFRF), der US-amerikanischen National Science Foundation, des Schweizerischen Nationalfonds und der Sao Paolo Research Foundation FAPESP mit 620.000 Euro für drei Jahre gefördert.

Eingebettet ist IPWA in ein Konsortium zum globalen Umwelt- und Klimawandel bei indigenen Gruppen mit Forschenden aus Kanada, Brasilien, Schweiz, Thailand und den USA.

Projekt: Confronting ‘Green Colonialism’ – Indigenous-led Action and Solutions for Food-Water-Energy Sustainability (IPWA).

Goethe-Universität Frankfurt
University of Alberta, Kanada
Michigan State University
Universität St. Gallen, Schweiz
University of Sao Paolo, Brasilien
Université de Kara, Kara, Togo
Université d‘Abomey-Calavi, Cotonou, Bénin

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