Schwerewellen entstehen in der Atmosphäre durch destabilisierende Prozesse, beispielsweise an Wetterfronten, bei Gewittern oder wenn Luftmassen über Gebirge streichen. Gelegentlich kann man sie als Wolkenbänder am Himmel sehen. Für Klima- und Wettervorhersage-Modelle sind sie jedoch wegen ihrer kurzen Wellenlänge weitgehend „unsichtbar“. Erst durch spezielle Zusatzkomponenten in den Modellen können die Effekte von Schwerewellen berücksichtigt werden. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Forschergruppe „MS-GWaves“ unter Federführung der Goethe-Universität hat solche Parametrisierungen inzwischen weiterentwickelt und wird sie in der zweiten Förderperiode testen.
Obwohl Schwerewellen vergleichsweise kurze Wellenlängen von nur einigen 100 Metern bis zu einigen 100 Kilometern haben, beeinflussen sie die Verbreitung von Wasserdampf und die großräumigen Winde und Temperaturverteilungen zuweilen erheblich. Am stärksten ausgeprägt ist dieser Effekt in den höheren Schichten der Atmosphäre. Diese wirken wiederum so stark auch auf die tieferen Schichten ein, dass eine realistische Modellierung von Wetter und Klima in der Atmosphäre nicht ohne belastbare Berücksichtigung von Schwerewellen möglich ist. Schwerewellen sind aber auch für die Vorhersage von Turbulenzen für den Flugverkehr wichtig, und sie spielen eine bedeutsame Rolle in Starkwetterereignissen wie schweren Regenfällen oder Stürmen.
In der ersten Förderphase haben die 10 beteiligten Forschungsinstitute die Entstehung von Schwerewellen in einer der bisher aufwändigsten Messkampagnen mit Radar, leistungsfähigen Lasern, Raketen und Forschungsflugzeugen und auch in Labormessungen ausgiebig dokumentiert. Darüber hinaus haben sie die Theorie der Entstehung und Ausbreitung von Schwerewellen soweit verbessert, dass deren Entwicklung sich auch in hochauflösenden numerischen Modellen wesentlich zuverlässiger nachvollziehen lässt.
Die dabei gewonnenen Erkenntnisse haben die Forscher um Prof. Ulrich Achatz vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität in einem weiteren Schritt genutzt, um Parametrisierungen, die den Einfluss von Schwerewellen beschreiben, in typischerweise nur gröber auflösenden Wetter- und Klimamodellen zu verbessern. Sie haben das vom Deutschen Wetterdienst und dem Max-Planck-Institut für Meteorologie verwendete Wetter- und Klimamodell ICON inzwischen zum Modell UA-ICON erweitert, das exaktere Vorhersagen für die obere Atmosphäre erlaubt. UA-ICON kann mit verschiedenen Auflösungen betrieben werden, so dass Schwerewellen darin wahlweise entweder für Testzwecke explizit simuliert werden können oder im operationellen Betrieb parametrisiert werden müssen. In der zweiten Förderphase werden die weiterentwickelten Parametrisierungen nun in dieses Modell eingebaut und dort erprobt.
Die Auswirkungen auf Wettervorhersage und Klimamodellierung sollen ein weiterer Schwerpunkt sein. Ein wichtiger Aspekt ist dabei in einer Zusammenarbeit mit der Universität Mainz eine verbesserte Beschreibung der Wechselwirkung von Schwerewellen und Eiswolken (Cirren). Möglicherweise spielt diese für das Klima eine bedeutende Rolle.
Information: Prof. Ulrich Achatz, Institut Atmosphäre und Umwelt, Fachbereich 11, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-40243, achatz@iau.uni-frankfurt.de.