Eine gemeinsame Studie des Instituts für Medizinische Virologie der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und der School of Biosciences an der University of Kent (Canterbury, Großbritannien) hat zu neuen Erkenntnissen bezüglich der Resistenzmechanismen in Leukämiezellen gegenüber einer vielverwendeten Arzneistoffklasse, den sogenannten Nukleosidanaloga, geführt. Diese Erkenntnisse sind wichtig für die Entwicklung verbesserter Krebstherapien.
Nukleoside sind die Träger der Erbinformation in der DNA. Chemisch veränderte Nukleoside, die sogenannten Nukleosidanaloga, hemmen die DNA-Bildung und induzieren Zelltod in Krebszellen. Das Enzym SAMHD1 vermittelt Resistenz gegenüber einer Reihe unterschiedlicher Nukleosidanaloga. Die von der Frankfurter Stiftung für krebskranke Kinder unterstützte Studie untersuchte das Nukleosidanalogon 2′-C-cyano-2′-deoxy-1-β-D-arabino-pentofuranosyl-cytosine (CNDAC), in der Hoffnung, dass es als SAMHD1-Hemmer Leukämiezellen, die bisher nicht auf eine Therapie ansprechen, zur Behandlung sensibilisieren könnte.
Überraschenderweise stellten die Wissenschaftler jedoch fest, dass CNDAC kein SAMHD1-Hemmstoff ist. Allerdings zeigten die Ergebnisse, dass sich die Resistenzmechanismen gegenüber Nukleosidanaloga zwischen Krebszellen, die von vornherein gegen diese Wirkstoffe unempfindlich sind, und solchen, die ursprünglich empfindlich waren, jedoch im Zuge der Behandlung resistent geworden sind, unterscheiden.
In Leukämiezellen, die von Anfang an unempfindlich waren, waren hohe Spiegel von SAMHD1 hierfür verantwortlich. In Leukämiezellen, die ihre Resistenz gegenüber Nukleosidanaloga erst erworben hatten, verursachte ein anderes Enzym (DCK) verantwortlich, das für die Aktivierung von Nukleosidanaloga in Krebszellen wichtig ist, die Resistenz. Erfreulicherweise waren Leukämiezellen mit erworbener Resistenz gegenüber Nukleosidanaloga nur unempfindlich gegen andere Nukleosidanaloga, die auf dieselbe Weise aktiviert werden, nicht jedoch gegenüber anderen Wirkstoffen. Daher besteht die Hoffnung auf weitere Therapiemöglichkeiten für Patienten, in denen Nukleosidanaloga als Therapie nicht mehr wirksam sind. Diese Erkenntnisse tragen zur Entwicklung zielgerichteter Therapien für Leukämiepatienten bei.
Professor Jindrich Cinatl von der Goethe-Universität sagte: „Es ist sehr ermutigend, dass Resistenzen gegenüber Nukleosidanaloga nicht automatisch auch zu einer verringerten Empfindlichkeit gegenüber anderen Therapien führen. Dies eröffnet potentielle weitere Behandlungsmöglichkeiten für Patienten, bei denen die Standardtherapie nicht mehr wirksam ist.“ Professor Martin Michaelis, University of Kent, sagte: „Das Wissen über die Unterschiede zwischen vorbestehenden und erworbenen Resistenzen ist ein wichtiger Fortschritt für unser Verständnis, warum Krebstherapien manchmal nicht wirksam sind. Diese Erkenntnisse werden zur Entwicklung verbesserter Krebsbehandlungen beitragen.“
The study „Differences between intrinsic and acquired nucleoside analogue resistance in acute myeloid leukaemia cells“ is published by the Journal of Experimental & Clinical Cancer Research (University of Kent’s School of Biosciences – Katie-May McLaughlin, Dr Mark N. Wass, Professor Martin Michaelis; Goethe University Frankfurt – Tamara Rothenburger, Dominique Thomas, Yannick Schreiber, Florian Rothweiler, Berna Bilen, Samira Farmand, Denisa Bojkova, Rui Costa, Dr Nerea Ferreirós, Gerd Geisslinger, Thomas Oellerich, Jindrich Cinatl; LMU Munich – Paul R. Wratil, Tamara Pflantz, Oliver T. Keppler; Dana-Farber Cancer Institute – Kirsten Knecht, Katie Digianantonio, Joshua Temple, Yong Xiong – Yale University; Constanze Schneider).
URL: https://jeccr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13046-021-02093-4 DOI: 10.1186/s13046-021-02093-4