Die vergangenen zweieinhalb Jahre hatten es für viele der Mittelständlerinnen und Mittelständler in Hessen in sich. Mit dem Format „Betrieb des Monats“ setzt die Landesregierung einmal mehr ein Zeichen für gelebte Fachkräftesicherung in Hessen. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Soziales (IWAK) der Goethe-Universität. Heute sind die acht Mittelständlerinnen und Mittelständler im Rahmen einer Feier für ihr Engagement geehrt worden.
„Ihnen ist es gelungen, dieses Zeichen wahrzunehmen, Ihre Visionen zur zukunftsfähigen Gestaltung Ihres Betriebs mutig anzugehen, in konkrete Maßnahmen zu überführen und so zur Fachkräftesicherung beizutragen. Deswegen haben wir Sie als ‚Betrieb des Monats‘ ausgezeichnet“, betont Anne Janz, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Sie hat heute im Wesertal im Landkreis Kassel acht Mittelständlerinnen und Mittelständler im Rahmen einer feierlichen Urkundenübergabe ausgezeichnet und deren bemerkenswertes Engagement gewürdigt.
Wie können wir uns angesichts der immensen Herausforderungen mit unseren Arbeits-, Fach- und Fachkräften wettbewerbsfähig für die Zukunft aufstellen, fragen sich viele Arbeitgeber, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Hierzu zählt beispielsweise auch Tina Knierim vom Traditionsgasthaus Sitte aus Darmstadt, die mit ihren Fachkräften gemeinsame Lösungen anstrebt: „Wir möchten einen angemessenen Rahmen für die Arbeit und Entwicklung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen, weswegen auf ihre Bedürfnisse eingehen und Mitgestaltung ermöglichen“.
Stefan Simon, der Inhaber der Bäckerei Simon aus dem mittelhessischen Waldbrunn-Ellar, möchte Fachkräfte über Alleinstellungsmerkmale an den Betrieb binden: „Wir stärken unseren Qualitätsanspruch weiter und werden uns auch in Zukunft von der breiten Masse absetzen, durch unsere Produkte und besondere Sozialleistungen für die Fachkräfte“. Timo Schwab, der mit seinem Deko-Studio aus Hirzenhain im Messebau und der Raumausstattung tätig ist, stellt den Betrieb für die Zukunft auf: „Investitionen in den Betrieb und die Optimierung von Arbeitsabläufen ist ausschlaggebend, um in Zukunft Herausforderungen wie Reiseitätigkeiten, Wochenendarbeit und Arbeit auf Abruf umzustrukturieren.“
Sich völlig neu erfinden, wie die Stadthalle Alsfeld es mit NextLevel Erlebnisse gerade vorgemacht hat, ist in manchen Betrieben aktuell angesagt: „Wir haben uns vom Veranstaltungs- hin zum Erlebnisanbieter transformiert und so unsere Belegschaft halten können. Interner Zusammenhalt und gemeinsame Projekte sehe ich als Erfolgsgeheimnisse zur Fachkräftebindung“, merkt Torsten Schneider an. Andere versuchen trotz der Widrigkeiten der Pandemie und zunehmender Fachkräfteengpässe gerade jungen Auszubildenden sichere und gute Zukunftsaussichten im Familienbetrieb zu bieten, wie z. B. die Schreinerei Schlingmann aus Bad König im Odenwald.
Martin Schlingmann regt an, keine Angst vor Begegnungen zu haben: „Wir müssen auf die jungen Menschen zugehen, ihre Situation verstehen. Eine persönliche Bindung zu und unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleichtert die Gewinnung von Auszubildenden und stärkt die Attraktivität der Ausbildung.“ Die Optikermeisterin Antje Ferrara aus Fulda sagt über ihren Betrieb „Die Brille“: „Wir sind uns den Herausforderungen des Einzelhandels bewusst und gehen deswegen mit breit aufgestellten Schulungen, einem übertariflichen Gehalt und Investitionen in modernes Equipment einen Schritt weiter.“ Systemrelevante Betriebe müssen gerade in unsicheren Zeiten funktionieren, wie z. B. die Energie Waldeck-Frankenberg.
Bettina Klenk erkennt die besondere Bedeutung der Ausbildung: „Als Teil der kritischen Infrastruktur ist die eigene Ausbildung ein zentraler Aspekt der Fachkräftegewinnung, um unseren Versorgungsauftrag auch in Krisenzeiten zuverlässig sicherzustellen. Dazu stärken wir aktuell vor allem auch das Duale Studium.“ Das Klinik- und Rehabilitationszentrum Lippoldsberg im nordhessischen Wesertal siehst sich als Pflegebetrieb mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Dessen Geschäftsführer Ralf Pinnau betont: „Wir kommen ohne weiteren Zuzug von ausländischen Fachkräften und Lernenden nicht gegen die demographische Entwicklung an. Deswegen haben wir viel investiert in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, aber auch in modernste Technologien, z. B. robotik-assistierte Geräte. Das zieht Fachkräfte und Auszubildende aus aller Welt an“.
Hier gilt es kontinuierlich Fachkräfte zu gewinnen, auch gerade dann, wenn Arbeit verdichtet und herausfordernd sein kann. „Ihre Betriebe stehen für innovative Ideen und kluge Fachkräftestrategien in Hessen und darüber hinaus“, sagt Janz. Die Arbeitsfelder reichen vom klassischen Handwerk, dem Einzelhandel, der Gastronomie, dem Messebau und Eventservice bis hin zur Energieversorgung sowie zu Pflege und Gesundheit. „In diesen doch sehr unterschiedlichen Bereichen haben Sie mit Herz und Hand, mit Ihren kreativen Ansätzen und Ihrer Flexibilität bewiesen, wie man Personal nachhaltig bindet und ein attraktiver Arbeitgeber ist. Das ist in diesen Zeiten bemerkenswert und keineswegs selbstverständlich“, lobt die Staatssekretärin.
„Verantwortung, Kreativität und Mut, das sind die Zutaten, die es braucht, um angesichts der Herausforderungen, mit denen wir seit über zwei Jahren konfrontiert sind, solide und nachhaltige Wege zur Fachkräftesicherung zu entwickeln“, sagt Christa Larsen, Leitung des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt. Um Betriebe bei der Fachkräftesicherung zu unterstützen, hat die Stabstelle Fachkräftesicherung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration das IWAK beauftragt, die vielschichtigen Strategien, die die acht Preisträger anwenden, näher zu betrachten und zu bewerten.
Es sind zudem Videos der acht Preisträgerinnen und Preisträger entstanden, die interessierten Betrieben aus allen Branchen als Anregung und zur Orientierung dienen können, wenn es darum geht, sich als Betrieb in der Fachkräftesicherung gut aufzustellen (https://hessenlink.de/HMSI197). Deutlich wird in diesen Videos, dass sich die Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber den Herausforderungen stellen und ihre ganze Kraft und vor allem ihren Gestaltungswillen einsetzen. Damit und mit ihrer Flexibilität sind sie im dauerhaften Wandel gut aufgestellt. „Sie sind längst in der ‚neuen Normalität‘, die uns allen viel abverlangt, angekommen.
Ausgezeichnete „Betriebe des Monats“
- Restaurant Sitte, Stadt Darmstadt (11/2021)
- Bäckerei Simon, Waldbrunn-Ellar, Landkreis Limburg-Weilburg (12/2021)
- Schreinerei Schlingmann, Bad König / Ober Kinzig, Odenwaldkreis (1/2022)
- Stadthalle Alsfeld / NextLevel Erlebnisse, Vogelsbergkreis (2/2022)
- Die Brille, Fulda, Landkreis Fulda (3/2022)
- Deko-Studio Schwab, Hirzenhain, Wetteraukreis (4/2022)
- Klinik- und Rehabilitationszentrum Lippoldsberg, Landkreis Kassel (05/22)
- Energie Waldeck-Frankenberg, Korbach, Landkreis Waldeck-Frankenberg (6/22)