Am 18. Dezember 2018 findet zum zweiten Mal der Wissenschaftstag #4genderstudies statt. Ziel ist es, kurz und knapp verständlich zu machen, was Gender Studies sind und tun. Unter dem #4genderstudies und mit Statements wird aufgezeigt, was Geschlechterforschung leistet und warum Geschlechterperspektiven für die Gesellschaft als Ganzes von Bedeutung sind. Geschlechterforschung steht unter Druck – Geschlechterforscher*innen sind zunehmend Hetzkampagnen und Angriffen ausgesetzt, in Ungarn wurde das Studienfach gar verboten.
Das betrifft auch die Goethe-Universität: denn das Cornelia Goethe Centrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse kooperiert u.a. im Rahmen des Erasmusprogramm mit der Central European University in Budapest. Der Wissenschaftstag stellt eine Antwort auf diese Entwicklungen dar. Er bietet außerdem die Möglichkeit, Gender Studies zu unterstützen – auch wenn es sich nicht um die eigene Forschungsperspektive oder das eigene Forschungsfeld handelt. Denn: welche Forschungsrichtung wird es als nächstes treffen?
Statements aus dem Cornelia Goethe Centrum zum Wissenschaftstag #4genderstudies
»Dank der Gender Studies können wir in der Soziologie soziale Ungleichheiten als gesellschaftliche Verhältnisse begreifen, die vormals als vermeintlich ‚natürliche‘ Gegebenheiten gar nicht erst in den Blick der Sozialwissenschaften gerieten. So zum Beispiel die geschlechtliche Arbeitsteilung, unter der Frauen* auch in hochindustrialisierten Ländern aktuell einen Großteil der unbezahlten und gesellschaftlich unterbewerteten Sorge- und Reproduktionsarbeit leisten müssen.« Prof. Kirsa Kosnick
»Gender Studies sind attraktive, nachgefragte Studienangebote. Ungleichheiten und Gerechtigkeit, sexuelle Differenz(en), dekoloniale und postcoloniale Perspektiven, transnationale Beziehungen feministischer Bewegungen oder die kritische Auseinandersetzung mit Zukunftsthemen wie die Gestaltung von Sorge und Fürsorge stehen im Mittelpunkt von Forschung und Lehre. Absolvent*innen berichten, dass sie Geschlechterwissen und Genderkompetenzen in vielen Tätigkeitsfeldern nutzen können. Ihr Fazit: „Mit Gender Studies sieht man besser.“« Dr. Marianne Schmidbaur
»Für die Erziehungswissenschaft, die sich auf schulische wie außerschulische Felder bezieht, erweist sich die soziale Kategorie Geschlecht als zentral für die Analyse und Gestaltung von Bildungs- und Erziehungsverhältnissen. Die gender studies interessieren sich dabei nicht nur für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer, sondern auch für jene, die sich unter dem Label „Queer“ formieren. Wissenschaftliche Analysen verbinden sich dabei mit Forderungen nach Anerkennung und Achtung globaler Kinder- und Menschenrechte.« Prof. Barbara Friebertshäuser
»Der Sport ist traditionell eine Männerwelt, weshalb Frauen im Sport vielfach benachteiligt waren und es zum Teil noch immer sind. Geschlecht ist eine fortwährende Strukturkategorie des Sports, woraus zahlreiche soziale Ungleichheiten resultieren. Die Sportwissenschaft kann daher gar nicht anders, als die Geschlechterverhältnisse im Sport zu thematisieren. Sportsoziologie ohne Gender Studies wäre entsprechend wie Fußball ohne Ball – undenkbar.« Prof. Robert Gugutzer
»Filmwissenschaft ist zumal in Frankfurt seit ihren Anfängen in den 1970er Jahren eine feministische Disziplin. Das verdankt sich Personen wie meiner Lehrstuhlvorgängerin Heide Schlüpmann, aber auch den Gegenständen selbst. Wer über eine Kunstform spricht, die wie keine zweite die Grundkonflikte moderner Gesellschaften artikuliert, und dabei nicht immer auch die Frage nach Geschlechterverhältnissen stellt, verliert sich in Trivialitäten.« Prof. Vinzenz Hediger
»Was heißt es, als Frau oder als Mann zu lesen? Die in den Gender Studies in den Fokus gerückten Aspekte nach dem Verhältnis der Geschlechter zueinander sind für einen kritischen und produktiven Umgang mit Literatur grundlegend – zumal in Frankfurt, wo Silvia Bovenschen zu den Pionierinnen dieser kulturwissenschaftlich erweiterten Germanistik gehörte. Die Frage nach imaginierter Weiblichkeit wird ergänzt durch eine Analyse der Konstruktionen von Männlichkeit sowie eine Lektüre gegen den Strich.« Apl. Prof. Carola Hilmes
»Bei der sozialpsychologischen Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen, i.B. ihrer intergenerationalen und individuellen Folgen spielt die Erforschung von Geschlechterbeziehungen eine bedeutsame Rolle. Ob es um Wandel von Familie und Elternschaft, von Generationsverhältnissen und Lebensphasen geht, um Migration oder um sozialpsychologische Studien zu Beschleunigung, Optimierung und Digitalisierung: stets gilt es, geschlechterbezogene Dimensionen präzise zu berücksichtigen.« Prof. Vera King
»Die Amerikanistik/American Studies sind durch Women‘s und Gender Studies historisch stark geprägt worden. Gender ist auch heute in den cultural und literary studies als Analysekategorie unverzichtbar, besonders in der Überschneidung mit anderen Strukturkategorien, die Ungleichheiten hervorbringen. Die Gender Studies haben das Fach insgesamt interdisziplinärer und erfolgreicher gemacht. Die Relevanz der Analysekategorie gender für Literatur, Kultur, Gesellschaft muss aber auch für die Zukunft stark gemacht werden.« Prof. Susanne Opfermann
»Gender makes the world go round. Anders gesagt: Geschlechterverhältnisse und Vorstellungen über Weiblichkeit und Männlichkeit sind bestimmend für Weltpolitik. Ohne gender könnten wir die Zusammenhänge von Maskulinismus und Krieg nicht begreifen. Ohne gender wüssten wir gar nicht, dass die landwirtschaftliche Arbeit von Frauen die Welt ernährt. Und ohne „gender“ könnten wir uns keine bessere, gerechtere Zukunft für alle Menschen denken.« Prof. Uta Ruppert
»Gerechtes Recht berücksichtigt die Lebenssituation und Perspektiven aller Menschen. Lange Zeit stützte das Recht allein die dominierende Stellung des heterosexuellen Mannes; erst die Gender Studies haben diesen blinden Fleck erhellt. Die Erforschung der Kategorie Geschlecht und ihrer Auswirkungen bleibt eine zentrale Aufgabe, solange tatsächliche Gleichberechtigung nicht erreicht ist und Geschlecht in der Lebenswirklichkeit Relevanz hat. Gerechtigkeit braucht Gender Studies!« Prof. Ute Sacksofsky
»Gender Studies beschäftigen sich mit Geschlechtervielfalt, verschiedenen Strömungen der Frauenbewegung und sexueller Vielfalt (LGBTQI*). Zudem setzt diese Wissenschaft sich kritisch mit bestehenden Herrschaftsstrukturen und der Verteilung von Privilegien auseinander. Für mich bedeutet das Studium der Gender Studies meine eigenen Privilegien zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Gender Studies sind eine Wissenschaft, die immer wieder kritische Fragen stellt, um Unsichtbares sichtbar zu machen und Geschlechterhierarchien zu überwinden. Gerade in der heutigen Zeit muss einer solchen Wissenschaft eine Daseinsberechtigung im universitären Kontext eingeräumt werden.« Sophia Jendrzejewski
»Gender Studies bieten Raum für Wissenschaftler*innen aller Disziplinen ihre Forschung analytisch zu erweitern und so auf neue kreative und revolutionäre Ansätze zu stoßen. Gesellschaftlich leisten Gender Studies so einen wichtigen normativen Beitrag für mehr Gerechtigkeit und gegen Marginalisierung und Diskriminierung: In der Politik, im Alltag, in der Liebe, in der Familie und bei der Arbeit.« Friederike Alm
»„Gender Studies“ meint nicht nur „Frauen“ und „Männer“. Bart, Lippenstift und Rock, eine „Provokation“ in der Öffentlichkeit, die Gelächter oder gar bisweilen extreme Anfeindungen hervorbringt. Warum ist das so? Was macht das mit Personen, die diesen Anfeindungen ausgesetzt sind? Die Gender Studies bieten Antworten, viele müssen aber erst noch gefunden werden. Dafür braucht es Gelder für Forschungseinrichtungen und diverse Perspektiven #4genderstudies.« Chris Hey
»Im Bereich der Theaterwissenschaft waren Fragen, die aus dem Bereich der Gender Studies aufgebracht worden sind, in den vergangenen Jahren zentral: Von den Erkenntnissen in diesem äußerst produktiven Forschungsfeld her wird die Geschichte des Theaters und der Performance Art heute anders neu geschrieben. Fragen der geschlechtlichen Identität stehen im Zentrum einer großen Zahl gegenwärtiger künstlerischer Arbeiten im Bereich von Theater und Performance und finden ein großes Echo in der analytischen Theaterforschung.« Prof. Nikolaus Müller-Scholl
»Der Gleichstellungsrat des Fachbereich 03 der Goethe Universität Frankfurt wurde 1988 mit dem Ziel gegründet, die Diskriminierung von Frauen* am Fachbereich abzubauen. Diese Institutionalisierung von gleichstellungs- und frauen*politischer Arbeit gründet sich auf die von den genderstudies vorangetrieben Analyse der Gesellschaft als ein unter anderem von patriarchaler Herrschaft durchzogener Raum. Damit hat die gleichstellungspolitische Arbeit ihre Wissensgrundlage erst durch die in den gender studies angestoßene Problematisierung des Androzentrismus. Dies bedeutet für den Rat auf unterschiedlichen strukturellen Ebenen des Fachbereichs die Anliegen von Frauen* zu unterstützen, aber ebenso setzt sich der Gleichstellungsrat auch an der Goethe-Universität dafür ein, feministische Inhalte in der Lehre sowie der Forschung zu stärken.« Gleichstellungsrat