17.-20.2. / Deutsch-israelische Tagung befasst sich mit dem Werk des Philosophen Franz Rosenzweig

Am 16. Februar 1919 hat Franz Rosenzweig sein Buch „Der Stern der Erlösung“ vollendet. Zur Erinnerung daran findet in Jerusalem von 17. bis 20. Februar ein großer Kongress statt mit dem Titel „Back to Redemption: Franz Rosenzweig’s Star 1919-2019“. Federführend beteiligt ist die Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt. 

Franz Louis August Rosenzweig, Jahrgang 1886, wuchs als einziges Kind eines jüdischen Fabrikanten und Stadtpolitikers und dessen Frau in Kassel auf. Ab 1905 studierte er zunächst Medizin, bevor er sich dem Geschichts- und Philosophiestudium zuwandte. Seine Dissertation stellte die erste umfassende kritische Analyse der politischen Philosophie Hegels dar. 1913 rang Rosenzweig heftig mit sich, ob er dem Christentum beitreten wolle, entschied sich aber dagegen und widmete sich intensiven jüdischen Studien. Freiwillig meldete er sich im Ersten Weltkrieg zum Sanitätsdienst, später war er bei der Artillerie an der Balkanfront – eine prägende Erfahrung. Nach dem Krieg kehrte Rosenzweig der Geschichtswissenschaft den Rücken und widmete seine ganze Kraft dem Aufbau des Freien Jüdischen Lehrhauses in Frankfurt am Main, das Wege zu einem jüdischen Leben in der Moderne aufzeigen sollte. 1921 kam Rosenzweigs Buch „Stern der Erlösung“ heraus. Bereits von schlimmer Krankheit gezeichnet, begann Rosenzweig gemeinsam mit Martin Buber die „Verdeutschung“ der Heiligen Schrift, ein Werk, das in seiner expressiven Sprachlichkeit noch heute fasziniert. 1926 starb Franz Rosenzweig mit nur 43 Jahren.

„Der Stern der Erlösung“ gilt als ein Grundwerk jüdischen Denkens im 20. Jahrhundert. Der Kongress, den die Martin-Buber-Professur für jüdische Religionsphilosophie gemeinsam mit der Internationalen Rosenzweig-Gesellschaft e.V. und dem Franz Rosenzweig Minerva Research Center an der Hebräischen Universität Jerusalem organisiert hat, wird das Thema „Erlösung“ anhand von Rosenzweigs Werk diskutieren. Rund 100 Forscherinnen und Forscher aus Geschichts-, Philosophie- und Politikwissenschaft aus Europa, Asien, Nord- und Lateinamerika kommen in Jerusalem zusammen, um über das für „den Stern“ zentrale Konzept der Erlösung und über dessen Bedeutung für das Verständnis des Judentums, aber auch dessen Gegenwartsrelevanz zu diskutieren. Neben den historischen und theologie- wie philosophiegeschichtlichen Aspekten wird auch die interreligiöse Dimension der Frage der Erlösung im Judentum, Christentum und Islam eine zentrale Rolle spielen.

In den Vorträgen geht es nicht nur um die Rekonstruktion und Interpretation der Konzepte von Rosenzweig selbst, sondern auch um die Frage, wie Rosenzweigs Ideen auf andere Philosophen und Theologen gewirkt haben, um den Zusammenhang von Messianismus und Politik, um individuelle und kollektive Erlösung, aber auch um ästhetische Aspekte – etwa in der Musik. „Die Besonderheit dieses Kongresses liegt darin, dass im Spiegel von Rosenzweigs Denken die Erlösungsbedürftigkeit der Welt in ihrer Vielfalt reflektiert werden kann, die über die jüdischen Bezüge hinaus auch für christliche, islamische und säkulare Perspektiven relevant ist“, sagt Prof. Christian Wiese, Inhaber der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie und stellvertretender Vorsitzender der Internationalen Rosenzweig-Gesellschaft.

Der Kongress setzt die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Martin-Buber-Professur und Franz Rosenzweig Minerva Research Center fort – im Bereich der Geisteswissenschaften ist diese Kooperation von großer Bedeutung. „Dass das von Rosenzweig verkörperte Erbe deutsch-jüdischer Kultur des frühen 20. Jahrhunderts im Israel der Gegenwart und in enger deutsch-israelischer Kooperation öffentlich bedacht wird, ist für die gemeinsame Erinnerung an die zerstörte kulturelle Tradition kaum zu überschätzen“, sagt Wiese. Ebenso wichtig sei die symbolische Bedeutung Jerusalems als Veranstaltungsort. Hier die Aktualität der philosophischen Impulse des Denkers zu diskutieren, der vor der NS-Zeit wie kaum ein anderer über das Verhältnis von deutscher und jüdischer Kultur, von Judentum und Christentum, aber auch über jüdische Identität im Spannungsfeld von Exil und Nation reflektiert hat, sei mit Blick auf aktuelle christlich-jüdische wie deutsch-israelische Dialoge entscheidend.

Dass Rosenzweigs Denken noch immer aktuell ist, zeigt das große Interesse von Seiten der jüngeren Forschergeneration: Eingebettet in den Kongress ist ein von der Minerva-Stiftung finanzierter Workshop für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler im Bereich der jüdischen Religionsphilosophie, und auch die Referenten gehören großenteils der jüngeren internationalen Generation des Forschungsfeldes an, darunter mehrere Doktoranden und PostDocs der Goethe-Universität. An keinem der bisherigen Rosenzweig-Kongresse haben so viele Promovierende und junge Postdocs aktiv teilgenommen: Insgesamt präsentieren 18 Promovierende und mindestens 22 Postdocs in Jerusalem ihre Forschungsergebnisse.

Der Kongress ist auch Teil einer umfassenderen Forschungsstrategie, in der Martin Buber und Franz Rosenzweig eine zentrale Rolle spielen. So veranstalten Martin-Buber-Professur und Franz Rosenzweig Minverva Zentrum dieses Jahr anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Buber-Professur eine gemeinsame Konferenz zum politischen Denken Bubers.

Das Programm finden Sie unter folgendem Link

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