Chaincourt Theatre goes digital

Die Chaincourt Theatre Company hat sich in diesem Semester ein neues Betätigungsfeld erarbeitet: Corona-bedingt konnten die Studierenden nicht an den üblichen Orten in Präsenz proben, sondern waren auf den Austausch im digitalen Universum angewiesen. Doch hat die Theatergruppe am Institut für England- und Amerikastudien das Beste aus der ungewohnten Situation gemacht und sich kurzerhand dreigeteilt: Sie präsentiert jetzt im November mehrere kleinere Stücke, geprobt und aufgenommen in den letzten Monaten, im Internet. Die kreative Umsetzung der Stücke und Regie wurde von Studierenden des Fachbereichs 10 übernommen. Künstlerisch unterstützt wurden sie dabei von James Fisk, Lektor für Englisch am Institut für England- und Amerikastudien, der über eine mehrjährige Theatererfahrung verfügt.

Das Radiohörspiel „The Hitch-Hiker“, geschrieben von der in New York geborenen Schriftstellerin Lucille Fletcher, wurde zum ersten Mal am 17. November 1941 in der Orson Welles Show auf dem Radiosender CBS ausgestrahlt. Neben der musikalischen Untermalung geschrieben von Fletchers damaligem Ehemann, Bernard Herrmann, spielten Orson Welles und seine Theatergruppe der Mercury Players zwischen 1941 und 1946 bei vier Radio-Performances des Werks selbst mit. Seit seiner Erstausstrahlung 1941 wurde „The Hitch-Hiker“ mehrmals für Film und Fernsehen adaptiert und erlangte als eine Episode der Hit-Serie „The Twilight Zone“ unter Rod Serling Bekanntheit. Inspiriert von der Orson Welles-typischen Suspense (Ungewissheit), machten sich sechs Mitglieder der Chaincourt Theatre Company ihre gegenwärtige Arbeitssituation der ‚Zoom-Ära‘ über das Sommersemester 2020 zunutze und bringen „The Hitch-Hiker“ nun wieder in der Fassung eines gespenstigen Hörspiels zur Aufführung. Die Geschichte verfolgt Ronnie Adams, eine junge Frau aus Brooklyn, auf ihrem Weg von New York nach Kalifornien. Gespannt auf die lange und einsame Fahrt durch Amerikas diverse Landschaften, beginnt Ronnie ihre Autoreise. Dieser nimmt jedoch eine unerwartete Wendung, als sie plötzlich auf eine Hitchhikerin trifft, welche Ronnie auf jeder Etappe der 3000 Meilen wie ein Schatten zu verfolgen scheint.

Zwar wurde „The Hitch-Hiker“ eigentlich für das Radio geschrieben, eignet sich aber perfekt für eine virtuelle Inszenierung. Protagonist Ronald Adams reist quer durch die Vereinigten Staaten und begegnet dabei verschiedensten Persönlichkeiten. Über ihm schwebt dabei wie ein Damoklesschwert die immerwährende Frage, wem er am Ende gegenüberstehen wird: sich selbst oder dem Anderen. Die Chaincourt Theatre Company überwindet in dieser Inszenierung den digitalen Rahmen und macht die Software Zoom zu einem performativen Medium, das sich genau zwischen Theater und Film positioniert.

Das dritte Stück ist „Sorry, Wrong Number“; es wurde 1943 zunächst als Radiohörspiel von Lucille Fletcher geschrieben. Ein zu seiner Zeit hoch gefeiertes Stück, von Regisseur Orson Welles als “the greatest single radio script ever written” gelobt, erlebt es nun ein zeitgemäßes Update mit der Chaincourt Produktion des Werkes. Über den Verlauf des Sommersemesters 2020 fanden sich acht Mitglieder der Chaincourt Theatergruppe virtuell über Zoom zusammen und arbeiteten gemeinsam an einer zeitgenössischen Inszenierung des Werkes. In „Sorry, Wrong Number“ folgt das Publikum der Odyssee von Mrs. Stevenson, die, nachdem sie durch Zufall ein Gespräch zwischen zwei zwielichtigen Gestalten überhört, alles daran setzt diese von ihren mörderischen Plänen abzuhalten. Doch das ist nicht so einfach, wenn niemand das Haus verlassen kann.

Links für die Aufführungen auf YouTube (mit Veröffentlichungsdaten):

Mehr Informationen: https://chaincourt.org/

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