Diskussion: Exzellenziniative und Geisteswissenschaften

Hochschulpolitisches Gespräch des VHD an der Goethe-Universität. 5. Oktober, Campus Westend
Hochschulpolitisches Gespräch des VHD an der Goethe-Universität. 5. Oktober, Campus Westend

Auf Einladung des Verbandes der Historiker und Historikerinnen (VHD) diskutierten an der Goethe-Universität Wissenschaftler und Wissenschaftsmanager über die Bedeutung der Exzellenzinitiative für die Geistes- und Sozialwissenschaften.

Dass die Exzellenzinitiative dem Wissenschaftsstandort Deutschland neue Impulse gibt, ist wohl unbestritten. Doch profitieren auch die Geisteswissenschaften davon, oder lassen sich dort sogar negative Auswirkungen beobachten? Einleitend fragte Moderator Jan-Martin Wiarda Prof. Tilmann Reitz (Friedrich-Schiller-Universität Jena), ob die von ihm initiierte Petition „Argumente gegen die Exzellenzinitiative“ auf große Resonanz gestoßen sei.

„Die Wirkung war vielleicht nicht groß, aber ich habe von vielen Seiten Zuspruch erhalten“, erklärte Reitz. Die Exzellenzinitiative und ihre Fortführung als „Exzellenzstrategie“ würde von den meisten Geisteswissenschaftlern in Deutschland kritisch gesehen. Dem widersprach vehement Prof. Martin Schulze Wessel (LMU München). Der Historiker sieht keine Fundamentalkritik an der „ExIni“ in seinem Fach; er betonte, dass die Geschichtswissenschaften in der Exzellenzinitiative sogar gut aufgehoben seien.

Eine Benachteiligung der Geisteswissenschaften wollte auch Prof. Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, nicht erkennen. „Der Cluster Herausbildung Normativer Ordnung an der Goethe-Uni zeigt doch, dass geisteswissenschaftliche Forschungsverbünde gut funktionieren.“ Tatsache sei allerdings, konzedierte Strohschneider, dass es Bereiche innerhalb der Geisteswissenschaften gebe, die nicht von großen Forschungsverbünden profitieren: „Ich bin aber gegen eine Art von Schutzraum für bestimmte Disziplinen.“

Prof. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität, hielt der Einschätzung, dass Geisteswissenschaften in der Konkurrenz mit anderen Disziplinen prinzipiell den Kürzeren ziehen würden, entgegen, dass dies an ihrer Hochschule nicht zutreffe: So sei der Fachbereich Philosophie und Geschichtswissenschaften der zweitstärkste an der Goethe-Uni, was das Einwerben von Drittmitteln angehe. Allerdings gab Wolff zu bedenken, dass die Universitäten bei sinkender Grundversorgung zunehmend von Drittmitteln abhängig seien; dies könne zu einer „ständigen Volatilität“ führen.

Hohes Ansehen der „ExIni“

Prinzipiell genieße die Exzellenzinitiative aber auch im Ausland eine hohe Wertschätzung, so Wolff. Die von Tilmann Reitz pejorativ ins Spiel gebrachte „symbolische“ Bedeutung der ExIni wollte Martin Schulze Wessel nicht als Kritik stehen lassen; die Exzellenzinitiative habe einen neuen produktiven Geist in der Wissenschaft erzeugt, das müsse man anerkennen Dr. Ulrich Schüller, Abteilungsleiter „Wissenschaftssystem“ beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, merkte dazu an, dass er die „Symbolkraft“ der ExIni an sich auch positiv sehe. Allerdings sollte ein Programm zur Förderung von Spitzenforschung klar formulierte Ziele haben.

Dass der Bund sich mit dem Programm um die „Starken“ im Wissenschaftssystem kümmere, sei überhaupt nicht kritisch zu sehen. Auch jenseits der ExIni werde Wissenschaft gefördert. Verbünde in Geisteswissenschaften könnten als „Irritationsverdichter“ in Wissenschaft und Gesellschaft hineinwirken, erklärte Peter Strohschneider. Die grundsätzliche Überlastung deutscher Universitäten mit zu vielen Aufgaben dürfe man aber nicht übersehen; hier werde langfristig eine Differenzierung der Universitätslandschaft stattfinden, die aber die ExIni allein nicht leisten könne: Schwerpunktsetzungen auf Lehre oder Forschung seien vorstellbar.

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