
Wer hat Angst vor Gender? Who’s Afraid of Gender? Foto: Jason Rogers
Cornelia Goethe Colloquien im Sommersemester – Auch Vortrag von Carolin Emcke, Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels
Selten hat der Begriff „Gender“ in der großen Politik eine solche Rolle gespielt wie heute. Nicht nur an den Rändern, sondern immer mehr auch in der Mitte des politischen Spektrums wird neben dem Neoliberalismus und der Globalisierung auch Gender für die gesellschaftlichen Krisen der Gegenwart verantwortlich gemacht. Die öffentliche Vorlesungsreihe „Wer hat Angst vor Gender?“, die im Sommersemester vom Cornelia Goethe Centrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse (CGC) veranstaltet wird, geht dieser Frage nach und nimmt die Ängste insofern ernst, als sie die Positionen und Politiken des Anti-Genderismus in einer interdisziplinären Perspektive offen und kritisch rekonstruiert.
Prominenter Gast dieser Cornelia Goethe-Colloquien ist die freie Publizistin Dr. Carolin Emcke, die im vergangenen Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde und auch Alumna der Goethe-Universität ist: Titel ihres Vortrags, der am 5. Juli (Mittwoch) um 18.15 Uhr im Festsaal des Casinos stattfindet, ist in Anlehnung an ihr jüngstes Buch „Gegen den Hass oder: Die Ordnung der Reinheit“.
Gender-Studies, lange Zeit als exotisches „kleines Fach“ geführt, haben sich im Verlauf der vergangenen dreißig Jahre international, aber auch an deutschen Hochschulen etabliert und im universitären Kanon verankert. Kritik daran gab es immer, jedoch nie zuvor in einer solchen Lautstärke wie heute. So mehren sich beispielsweise auch in Parteiprogrammen Forderungen nach einer Abschaffung des „Gendermainstreaming“, der Gender-Diskurse und der Gender-Studies. Wie konnte es zu dieser massiven Kritik kommen? Wie konnten ein theoretisches Konzept und sein interdisziplinäres Forschungsfeld in diesem Maß zum Fokus und Kristallisationspunkt gesellschaftlicher Ängste und an diese appellierender politischer Rhetorik werden? Diese Fragen werden in der Vortragsreihe aufgegriffen, die von Prof. Vinzenz Hediger, Prof. Helma Lutz und PD Dr. Marc Siegel konzipiert wurde.
Das Spektrum der Vorträge reicht von der neuesten medizinischen Forschung, die zeigt, dass Geschlecht keineswegs als so fixiert zu verstehen ist, wie dies „Anti-Genderisten“ aus der Biologie suggerieren, über die Soziologie, die Publizistik und die Medienforschung bis zur katholischen Theologie. Ziel der Reihe – so die Ankündigung des Cornelia Goethe Centrums – ist es, „den Anti-Genderismus in ein reflektiertes Verhältnis zu den Positionen der Genderforschung zu setzen und eine Kartografie der gegenseitigen Beunruhigungen zu entwerfen, aus der ersichtlich wird, wer genau, weshalb und mit welcher Berechtigung Angst vor Gender hat“.