Begleitend zur Schopenhauer-Ausstellung „Selbst Denken“ in der Universitätsbibliothek Frankfurt hält der Philosoph Michael Fleiter einen Vortrag, in welchem er Bezüge zwischen der Stadt Frankfurt und Schopenhauers Philosophie beleuchtet. Die Ausstellung „Selbst Denken“ zum 200-jährigen Jubiläum von Schopenhauers Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ ist an diesem Tag von 13 bis 20 Uhr geöffnet. Eine Anmeldung für den Vortrag oder die Ausstellungsbesichtigung ist nicht nötig.
Vortrag: Michael Fleiter, „Schopenhauers Frankfurt – eine Stadt im Spiegel seiner Philosophie“ Donnerstag, 16. Januar 2020, 18.00 Uhr; Eingangshalle der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main; Bockenheimer Landstr. 134-138, 60325 Frankfurt am Main.
Als Arthur Schopenhauer sich 1833 in Frankfurt am Main niederließ, war die Wahl des Wohnortes für ihn äußerst wichtig. Auf dem Deckel seines Rechnungsbuches notierte er als Vorzüge der Stadt: Modernität, Internationalität, die Freiheit großstädtischen Lebens und vor allem eine Vielzahl naturwissenschaftlicher Institutionen, die er für die Fortführung seiner philosophischen Arbeit benötigte. Er nutzte die Informationen über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die er sich im Naturhistorischen Museum und im Physikalischen Kabinett, in Bibliotheken und Lesesälen aneignete, um seine zuvor entstandene, metaphysische Willensphilosophie mit Ergebnissen zeitgenössischer Naturwissenschaft zu untermauern.
Die Ansichten des Philosophen irritierten die meisten Zeitgenossen. Dass der Mensch − triebgesteuert und an die natürliche Gesetzmäßigkeit seiner physischen Ausstattung gebunden − in naher Verwandtschaft mit dem Tier steht; dass in der Welt nicht göttliche Vorsehung, sondern ein blinder Lebenswille vorwaltet: Solche und ähnliche Einsichten empfanden viele als ernüchternd und kränkend und nur wenige waren bereit, dem Querdenker zu folgen. Stattdessen ersann man eine Fülle von Anekdoten, die in erster Linie Eigentümlichkeiten der Person betrafen. Schopenhauers philosophische Bedeutung und die Rolle, die Frankfurt in diesem Zusammenhang spielte, blieben weitgehend ausgespart.
Der Vortrag lässt das von Anekdoten geprägte Bild außer Acht, stattdessen setzt er Ort und Werk zueinander in Beziehung. Auf diese Weise wird die moderne Entwicklung des Stadtbildes sichtbar wie ihr wissenschaftlicher, auf bürgerlichen Stiftungen basierender Rang. Zugleich rücken Kernpunkte der Schopenhauerschen Philosophie in den Fokus, welche die Geschichte der Wissenschaft und Philosophie in Frankfurt fortschreiben − eine Geschichte von ungebrochener Aktualität.
Infos zur Ausstellung:
www.ub.uni-frankfurt.de/ausstellung/selbst-denken.html