Job, Familie, Forschung: Wie geht es den Promovierenden der Goethe-Universität?

Längsschnittstudie NACAPS untersucht Karriereverläufe von Doktorand*innen

Die zielgenaue Förderung von Promovierenden und Promovierten gehört zu den zentralen Erfolgsfaktoren der Hochschulpolitik in einer durch Vielfalt geprägten Universitätslandschaft. An der Goethe-Universität hat sich die Goethe Research Academy for Early Career Researchers (GRADE) dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben. Aber wie erfolgreich ist die Förderung? Wie geht es den Promovierenden an der Goethe-Uni? Gibt es Problemlagen und Herausforderungen, auf die zukünftige Angebote und Services reagieren sollten? Um hierüber mehr zu erfahren, kooperiert GRADE für die Goethe-Universität mit dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in der Umsetzung der Längsschnittstudie NACAPS (National Academics Panel Study). Herzstück der Studie, an der seit 2017 53 Hochschulen beteiligt sind, ist ein systematisches Monitoring zur Promotionsphase und zu Karriereverläufen von Doktorand*innen in Deutschland.

Nachdem erste Ergebnisse der Studie bereits im Februar 2020 in einem Online-Portal veröffentlicht wurden, stehen nun auch spezifische Auswertungen für die Goethe-Universität zur Verfügung, wo sich insgesamt ca. 1800 Personen an der Befragung beteiligt haben. Die befragten Promovierenden sind im Schnitt ca. 30 Jahre alt und benötigen für den Abschluss ihrer Dissertation etwa zehn Semester. Im bundesweiten Vergleich weist die Goethe-Universität mit 27,3 Prozent gegenüber 22,7 Prozent einen etwas höheren Anteil an Promovierenden mit Migrationshintergrund in erster Generation auf. Fast die Hälfte von ihnen ist innerhalb der vergangenen fünf Jahre nach Deutschland eingewandert. Auch der Anteil an weiblichen Promovierenden liegt mit etwa 55 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 48 Prozent. Mehr als ein Fünftel der Goethe-Uni-Promovierenden hat neben dem Dissertationsprojekt auch Fürsorgepflichten als Elternteil zu erfüllen. Damit liefert die Studie einen Hinweis auf die hohe Relevanz der Themen Diversity und Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Karriere und Familie an der Goethe-Universität.

Hohe Zufriedenheit mit Betreuung

Ein näherer Blick auf die Zusammensetzung der Stichprobe zeigt einen hohen Anteil an Promovierenden der Geisteswissenschaften sowie der Humanmedizin. Dem entspricht der mit fast 70 Prozent hohe Anteil an Individualpromotionen an der Goethe-Universität, der knapp 20 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Etwa ein Viertel der Promovierenden ist Mitglied in einem strukturierten Promotionsprogramm. Unter diesen wiederum nehmen die Mitglieder von integrierten Graduiertenkollegs in DFG-geförderten Sonderforschungsbereichen einen größeren Anteil ein als im Bund.

Keine Unterschiede bestehen hingegen in der Promotionsform: So streben 23 Prozent der Doktorand*innen eine kumulative Dissertation an, während über 50 Prozent der Befragten die Promotion mit einer Monographie abschließen wollen. Wie in Abb. 1 zu sehen, gaben insgesamt 63 Prozent der Befragten an der Goethe-Uni an, mit ihrem*r Betreuer*in zufrieden zu sein. Dieser Wert liegt nur geringfügig unter dem Ergebnis der anderen teilnehmenden Hochschulen. Auffällig hoch ist dagegen die Differenz in puncto Betreuungsvereinbarung. So haben an der Goethe-Uni knapp 57 Prozent der Befragten eine Betreuungsvereinbarung abgeschlossen. Im Bund sind es dagegen 77 Prozent. Die gesammelten Daten legen nahe, dass die Goethe-Uni-Promovierenden mit Betreuungsvereinbarung etwas zufriedener mit der Betreuung insgesamt sind (55 Prozent) als jene, die keine formelle Vereinbarung abgeschlossen haben (48 Prozent). Die Vermutung eines Zusammenhangs zwischen diesen Werten kann jedoch nicht ohne Weiteres bestätigt werden. Eine genauere Überprüfung der disziplinären Zusammensetzung der Stichproben und weiterer möglicher Einflüsse steht noch aus.

Während die Auswertung der Betreuungszufriedenheit insgesamt noch Entwicklungspotenziale für den institutionellen Support von Promovierenden an der Goethe-Uni erkennen lässt, werden die Angebote zur individuellen Weiterbildung weitgehend positiv betrachtet. Unzufrieden mit dem Kursangebot sind weniger als 10 Prozent der Promovierenden an der Goethe-Universität. Die große Mehrheit der Befragten (74 Prozent) gab an, dass ihnen verschiedene Qualifizierungsangebote für Promovierende bekannt sind. Im Schnitt nahmen Goethe-Uni-Promovierende im vergangenen Jahr an zwei Kursen teil. Besonders häufig wurden Kurse zu guter wissenschaftlicher Praxis sowie zum wissenschaftlichen Schreiben besucht. Auch fachspezifische Themen und Präsentationstechniken sind beliebte Felder der Weiterbildung. Etwas weniger besucht wurden Kurse zum Verfassen englischer Texte sowie zur Karriereplanung.

Dabei sind die beruflichen Ziele der Goethe-Uni-Promovierenden breit gestreut. So planen 24 Prozent eine Karriere an der Hochschule, 22 Prozent in Privatwirtschaft und Industrie, 15 Prozent im öffentlichen Dienst (ohne Wissenschaft), 8 Prozent an außeruniversitären Forschungseinrichtungen und 7 Prozent in einem anderen Sektor. 22 Prozent der Befragten sind noch unentschlossen. Von den 34 Prozent der Promovierenden, die nach der Promotion zunächst in der Wissenschaft bleiben möchten, strebt nur ein Drittel eine Professur an. Diese Ergebnisse unterstreichen den Bedarf an einer möglichst breit gefächerten Karriereberatung für Doktorand*innen und Postdocs an der Goethe-Universität. Die bundesweiten Werte zur Karriere in der Wissenschaft sind weitgehend identisch.

Finanzierung

In der Promotionsfinanzierung zeigen sich dagegen deutliche Unterschiede. Wie in Abb. 2 zu sehen, finanzieren sich 62 Prozent der Promovierenden hauptsächlich durch eine wissenschaftliche Stelle oder ein Promotionsstipendium. 38 Prozent verfügen also über keine ausreichende wissenschaftsspezifische Finanzierung. Für 26 Prozent der Goethe-Uni-Promovierenden ist eine nichtwissenschaftliche Berufstätigkeit die Haupteinkommensquelle. 3 Prozent finanzieren sich hauptsächlich durch Sozialleistungen inkl. Elterngeld und für 9 Prozent sind Unterstützung von Verwandten oder Sonstiges die wichtigste Einkommensquelle. Zum Vergleich: Deutschlandweit können immerhin 74 Prozent der Promovierenden ihre Promotion durch eine wissenschaftliche Stelle oder ein Stipendium finanzieren.

Nach Abschluss der zweiten Panel-Befragung im März 2020 arbeitet das DZHW aktuell an der Auswertung und Integration der neuen Daten in das öffentliche Datenportal. Unter https://nacaps-datenportal.de stehen bereits jetzt die ersten Gesamtergebnisse zur Einsicht. Im Jahr 2021 wird die nächste Kohorte von Promovierenden zur Befragung eingeladen. Im weiteren Verlauf der Studie ist eine schrittweise Verfeinerung der Datenbasis zu erwarten, so dass sukzessive ein Bild der langfristigen Promotions- und Karriereverläufe von Doktorand*innen entsteht. GRADE wird diesen Prozess für die Goethe-Universität als Kooperationspartner weiterhin begleiten und die gewonnenen Erkenntnisse in den Ausbau der Unterstützungsangebote für Promovierende einfließen lassen. Einen Schwerpunkt wird hier die Schnittstelle zwischen der Promotion und den vielfältigen individuellen Karrierewegen bilden, die sich bereits in der ersten Befragungsrunde abzeichnen.

Moritz Hoffmann, GRADE

Dieser Beitrag ist in der Ausgabe 5.20 des UniReport erschienen.

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