Analyse von Dinosaurier-Eierschalen: Vogelähnlicher Troodon legte 4 bis 6 Eier in ein Gemeinschaftsnest

Troodon, ein mit heutigen Vögeln eng verwandter Dinosaurier, war zwar ein Warmblüter. Sein Fortpflanzungssystem jedoch ähnelte dem von Reptilien. Dies hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Goethe-Universität Frankfurt jetzt festgestellt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wandten eine neue Methode zur genauen Bestimmung der Temperatur an, bei der die Kalkschalen der Dinosauriereier gebildet wurden. Außerdem zeigten die Forschenden, dass ein Troodon-Gelege vier bis sechs Eier umfasste. Da Nester mit bis zu 24 Eiern gefunden wurden, schließen die Forschenden, dass mehrere Troodon-Weibchen ihre Eier in Gemeinschaftsnester legten.

So könnte es ausgesehen haben: Zwei Troodons mit einem gemeinsamen Nest. Bild: Alex Boersma/PNAS

In Millionen von Jahren und als Folge vieler kleiner Veränderungen entwickelte sich eine bestimmte Gruppe von Dinosauriern, die Theropoden, zu den Vögeln, die wir heute auf unserem Planeten fliegen sehen. Vögel sind damit die einzigen Nachfahren der Dinosaurier, die das katastrophale Aussterben überlebten, das vor 66 Millionen Jahren die Kreidezeit beendete.

Troodon war ein solcher Theropode. Der fleischfressende Dinosaurier war etwa zwei Meter lang und bevölkerte vor etwa 75 Millionen Jahren die weiten, halbtrockenen Landschaften Nordamerikas. Wie einige seiner Dinosaurier-Verwandten besaß Troodon einige vogelähnliche Merkmale wie hohle und leichte Knochen. Troodon bewegte sich auf zwei Beinen fort und hatte voll entwickelte, gefiederte Flügel. Da er jedoch recht groß war, konnte er nicht fliegen. Stattdessen lief er wahrscheinlich recht schnell und fing seine Beute mit seinen starken Krallen. Troodon-Weibchen legten Eier, die mehr den asymmetrischen Eiern moderner Vögel glichen als den runden Eiern von Reptilien, den ältesten Verwandten aller Dinosaurier. Die Troodon-Eier waren gefärbt und wurden halb in den Boden eingegraben aufgefunden. Sie wurden von Troodon wahrscheinlich sitzend bebrütet.

Ein internationales Wissenschaftsteam um Dr. Mattia Tagliavento und Prof. Jens Fiebig von der Goethe-Universität Frankfurt hat nun das Kalziumkarbonat einiger gut erhaltener Troodon-Eierschalen untersucht. Die Forscher nutzten dafür eine von Fiebigs Arbeitsgruppe im Jahr 2019 entwickelte Methode, die „dual clumped isotope thermometry“. Damit konnten sie messen, inwieweit schwere Elementvarianten (Isotope) von Sauerstoff und Kohlenstoff im Karbonat nebeneinander gruppiert vorkommen. Das Ausmaß dieser „Isotopengruppierung“ ist temperaturabhängig und ermöglichte es daher den Wissenschaftlern, die Temperatur zu bestimmen, bei der die Karbonate kristallisierten.

Bei der Analyse der Troodon-Eierschalen stellte das Forscherteam fest, dass diese bei Temperaturen von 42 und 30 Grad Celsius gebildet wurden. Mattia Tagliavento, Erstautor der Studie, erklärt: “Die Isotopenzusammensetzung der Troodon-Eierschalen zeigt, dass diese ausgestorbenen Tiere eine Körpertemperatur von 42°C hatten und in der Lage waren, diese auf etwa 30°C zu senken, wie moderne Vögel.”

Um herauszufinden, ob Troodon modernen Vögeln oder Reptilien ähnlicher war, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Isotopenzusammensetzung der Eierschalen verschiedener Reptilien (Krokodil, Alligator und verschiedene Schildkrötenarten) und Vögel (Huhn, Spatz, Zaunkönig, Emu, Kiwi, Kasuar und Strauß). Sie fanden zwei unterschiedliche Isotopenmuster: Die Schalen von Reptilieneiern haben eine Isotopenzusammensetzung, die einer Bildung bei der Umgebungstemperatur entspricht. Dies rührt daher, dass die Tiere kaltblütig sind und ihre Eier langsam bilden. Bei Vögeln hingegen ist eine sogenannte „nicht-thermische Signatur“ in der Isotopenzusammensetzung erkennbar, die darauf hindeutet, dass die Eierschalenbildung sehr schnell erfolgt. Tagliavento: „Wir glauben, dass diese sehr hohe Produktionsrate damit zusammenhängt, dass Vögel im Gegensatz zu Reptilien nur einen Eierstock haben. Da sie jeweils nur ein Ei nach dem anderen produzieren können, müssen Vögel dies schneller tun“.

In den Troodon-Eierschalen konnten die Forscher die für Vögel typische Isotopenzusammensetzung nicht feststellen. Tagliavento ist überzeugt: „Dies zeigt, dass Troodon seine Eier auf eine Weise gebildet hat, die eher mit der moderner Reptilien vergleichbar ist, und es deutet darauf hin, dass sein Fortpflanzungssystem noch aus zwei Eierstöcken bestand.“

Unter der zusätzlichen Berücksichtigung des bereits bekannten Körper- und Eierschalengewichts von Troodon berechneten die Forscherinnen und Forscher anhand ihrer Analysen, dass Troodon nur 4 bis 6 Eier pro Fortpflanzungsphase produzierte. „Diese Beobachtung ist besonders interessant, weil Troodon-Nester normalerweise groß sind und bis zu 24 Eier enthalten“, erklärt Tagliavento. „Wir denken, dass dies ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass Troodon-Weibchen ihre Eier in Gemeinschaftsnester legten. Ein solches Verhalten beobachten wir heutzutage bei modernen Straußen.“

Dies seien sehr spannende Erkenntnisse, findet Jens Fiebig: „Ursprünglich haben wir die ‚dual clumped isotope‘-Thermometrie entwickelt, um die Temperaturen der Erdoberfläche vergangener geologischer Epochen genau zu rekonstruieren. Unsere neue Untersuchung zeigt, dass unsere Methode nicht nur eine zuverlässige Rekonstruktion der Temperatur erlaubt, sondern auch ermöglicht zu untersuchen, wie sich die Biomineralisierung von Karbonaten im Laufe der Erdgeschichte entwickelt hat.“

Publikation: Mattia Tagliavento, Amelia J. Davies, Miguel Bernecker, Philip T. Staudigel, Robin R. Dawson, Martin Dietzel, Katja Goetschl, Weifu Guo, Anne S. Schulp, François Therrien, Darla K. Zelenitsky, Axel Gerdes, Wolfgang Müller, Jens Fiebig: Evidence for heterothermic endothermy and reptile-like eggshell mineralization in Troodon, a non-avian maniraptoran theropod. PNAS (2023) https://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.2213987120

Hintergrund:
Thermometer für die Erdgeschichte: „Dual clumped isotope“-Methode zur Karbonatanalyse (2020)

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