Goethe-Universität und Jüdische Akademie schließen Vertrag über Zusammenarbeit

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Gemeinsame Forschung und Kooperation in der Lehre geplant / Konzert zum 110. Geburtstag der Goethe-Universität

Die Goethe-Universität Frankfurt am Main und die Jüdische Akademie des Zentralrats der Juden in Deutschland wollen eng zusammenarbeiten. Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, und Universitäts-Präsident Prof. Dr. Enrico Schleiff unterzeichneten am Mittwoch einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Im Anschluss beging die Goethe-Universität ihren 110. Geburtstag mit einem Empfang und einem Konzert im hr-Sendesaal.

Präsident Prof. Dr. Enrico Schleiff und Präsident des Zentralrats Dr. Josef Schuster | Foto: Stefanie Wetzel

FRANKFURT. Die Jüdische Akademie, die derzeit in Frankfurt entsteht, soll ein Zentrum der Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte und Religion, Kultur und Denktradition werden und aktuelle Debatten aufgreifen und bereichern, in Forschung, akademischer Lehre und Interaktion mit der Gesellschaft. Deshalb haben die Goethe–Universität und die Jüdische Akademie eine „institutionelle Kooperation im Sinn einer dauerhaften und regelmäßigen wissenschaftlichen Zusammenarbeit“ vereinbart, wie es im Vertrag heißt, der am Mittwoch unterzeichnet wurde. Mit ihrem Sitz in Frankfurt verstehe sich die Jüdische Akademie, so der Vertrag, „als intellektuelles Zentrum und Anziehungspunkt für Jüdinnen und Juden aus Deutschland und Europa, Angehörige anderer Religionsgemeinschaften sowie für die interessierte Öffentlichkeit, die sich für jüdische, interkulturelle, interreligiöse oder universalistische Fragestellungen interessieren“.

„Mit der Kooperation knüpfen wir an eine reiche Tradition unserer Universitätsgeschichte ebenso an wie an zahlreiche Kooperationen der Gegenwart“, erläutert Präsident Schleiff. „Als Gründung aus der Stadtgesellschaft für die Stadt- und die darüber hinaus gehende Gesellschaft verdanken wir unsere Existenz auch und gerade den jüdischen Bürgern, die 1914 zu den Gründern der Stiftungsuniversität zählten. Franz Rosenzweig gründete Anfang der 1920er Jahre das Freie Jüdische Lehrhaus, das viele Berührungspunkte mit der Frankfurter Universität hatte. Auch heute haben wir einen starken Fokus auf jüdischer Religionswissenschaft, -philosophie und Judaistik, aber auch auf über die Grenzen der Religion hinaus gehende Themen wie Dynamiken des Religiösen, Erinnerungskulturen oder ,Erziehung nach Auschwitz‘, um nur einige Beispiele zu nennen. In diesem und dem vorangegangenen Semester haben wir gemeinsam mit der Bildungsakademie des Zentralrats als Vorläuferin der Jüdischen Akademie eine Ringvorlesung ‚Antisemitismus. Erinnerungskultur. Demokratie.‘ veranstaltet – auch mit Blick auf die leider seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sichtbar gewordene Geschichtsvergessenheit.“

„Diese Kooperation ist von großer Bedeutung für die Jüdische Akademie und für das jüdische Leben, nicht nur in Frankfurt, sondern in ganz Deutschland“, sagt Zentralrats-Präsident Dr. Josef Schuster. „Hier werden natürlich gemeinsame wissenschaftliche Interessen gelebt, weiter vertieft und ausgebaut. Es gibt bereits eine Reihe von Projekten, die nun auch in diese neue Form gegossen werden können. Universitäten sind im Nervensystem einer modernen Gesellschaft zentral, ihr Ausfall kann uns alle in den Abgrund stürzen. Seit dem 7. Oktober 2023 sind viele Hochschulen in Deutschland Schauplatz der dunkelsten Seiten unserer Gesellschaft geworden. Partnerschaften wie diese geben uns die Zuversicht, dass diese Kräfte nicht obsiegen werden. Mit der Kooperation mit der Jüdischen Akademie geht die Goethe-Universität in bewegten Zeiten einen wichtigen Schritt an der Seite jüdischen Lebens, jüdischen Denkens, jüdischen Perspektiven für unsere Gesellschaft.“

„Als Stiftungsuniversität, die auf Initiative vieler jüdischer Bürgerinnen und Bürger gegründet wurde, steht die Goethe-Universität seit mehr als einem Jahrhundert für Chancengerechtigkeit und die Einbindung jüdischer Perspektiven in Wissenschaft und Gesellschaft“, kommentiert Ministerpräsident Boris Rhein. „Durch die Zusammenarbeit mit der Jüdischen Akademie wird diese Tradition nicht nur fortgesetzt, sondern in besonderer Weise vertieft und in die Zukunft getragen. Gerade in Zeiten wie diesen ist es besonders wichtig, kulturelle und religiöse Vielfalt zu leben und durch institutionelle Kooperationen die demokratische Widerstandskraft unserer Gesellschaft zu stärken.“

„Diese Kooperation bildet ein ganz besonderes Band zwischen der Goethe-Universität, die ihre Gründung ganz maßgeblich dem Wirken großer jüdischer Familien verdankt, und der Jüdischen Akademie des Zentralrats als Dachverband und Vertretung der jüdischen Gemeinden in Deutschland“, ergänzt der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus sowie Staatssekretär im Hessischen Ministerium der Finanzen, Uwe Becker, der die Grüße des Ministerpräsidenten bei der Unterzeichnung überbrachte. „Die Tradition des Jüdischen Lehrhauses und der Grundgedanke zur Verankerung von Lehren und Lernen als gesellschaftliches Bindeglied werden hier vereint. Ich bin sicher, dass hieraus eine in Europa einzigartige Denkfabrik jüdischer wie nichtjüdischer Sichtweisen auf die Entwicklung unserer Gesellschaft erwachsen wird.“

Der in Frankfurt unterzeichnete Vertrag nennt als „Strategische Ziele und Handlungsfelder“ die Fortsetzung bestehender und Anbahnung weiterer Forschungskooperationen, um neue Forschungsfragen und -perspektiven auch aus transdisziplinärer Sicht bearbeiten und Diskurse bereichern zu können. Auch sollen Verbundforschung und Kooperationen mit Orientierung an der internationalen Spitzenforschung, das gemeinsame Einwerben von Fördermitteln und die gegenseitige Unterstützung bei der Gewinnung von Partnern gestärkt werden. In der forschungsorientierten Lehre sollen beispielsweise gemeinsam betreute Promotionsarbeiten, die Öffnung ausgewählter Veranstaltungen und gemeinsame Vorlesungsreihen, Workshops, Seminaren oder Konferenzen sowie Publikationen möglich sein.

Prof. Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt und Honorarprofessorin an der Goethe-Universität, hielt bei der Unterzeichnungsfeier auf dem Gelände des Hessischen Rundfunks (hr) einen Impulsvortrag. Im Anschluss an die Unterzeichnung beging die Goethe-Universität im hr-Sendesaal ihren 110. Geburtstag mit einem Empfang und einem Konzert des Sinfonieorchesters der Buchmann-Mehta School of Music an der Tel Aviv University (TAU) unter der Leitung des renommierten Dirigenten Zubin Mehta mit Werken von Ludwig van Beethoven und Paul Ben-Haim. Zu Gast waren neben den Teilnehmenden der Unterzeichnung auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und die Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt, Dr. Ina Hartwig. Die TAU ist der Goethe-Universität seit 1984 als Partnerin verbunden. Diese besondere Freundschaft wurde durch den gemeinsamen Josef Buchmann Doktoranden Stipendienfonds initiiert. Das Konzert ist ein Geburtstagsgeschenk, das Ehrensenator Dr. h.c. Josef Buchmann und Frau Dr. h.c. Bareket Buchmann der Goethe-Universität bereiteten.

Präsident Prof. Dr. Enrico Schleiff und Head of The Buchmann-Mehta School of Music Dr. Uri Binyamin Rom | Foto: Peter Kiefer

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Vor dem großen Jubiläumskonzert sammelten sich die Gäste zum Empfang in der Goldhalle des Hessischen Rundfunks. (Foto: Peter Kiefer)
Josef Schuster und Marc Dainow, Präsident und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. (Foto: Peter Kiefer)
Zubin Mehta und die jungen Musiker und Musikerinnen des Sinfonieorchesters der Buchmann-Mehta School of Music an der Tel Aviv University (TAU). (Foto: Peter Kiefer)
Enrico Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, mit Bareket Buchmann. Das Konzert war ein Geburtstagsgeschenk, des Ehepaars Buchmann an die Goethe-Universität. (Foto: Peter Kiefer)
Zubin Mehta dankt der ersten Geige. (Foto: Peter Kiefer)
Standing Ovations für eine grandiose Darbietung der Eroica von Ludwig van Beethoven. (Foto: Peter Kiefer)
Blumen für den Maestro. (Foto: Peter Kiefer)
Gruppenbild mit Ministerin (von links): Bettina Stark-Watzinger (Bundesministerin für Bildung und Forschung), Dr. h.c. Bareket Buchmann, Prof. Enrico Schleiff mit Ehefrau Antje Schleiff sowie Uwe Becker, Staatssekretär im Hessischen Finanzministerium. (Foto: Peter Kiefer)
Sabine Andresen (links) und Viera Pirker, seit diesem Jahr im Amt als Vizepräsidentinnen der Goethe-Universität. (Foto: Peter Kiefer)

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