Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit

Gemeinsames Medienstatement anlässlich der Konferenz „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“

Anlässlich der heutigen Konferenz „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ an der Goethe-Universität erneuern sowohl die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff, als auch der Co-Sprecher des Exzellenzclusters Herausbildung normativer Ordnungen, Prof. Dr. Klaus Günther, sowie Prof. Dr. Susanne Schröter ihre Plädoyers für die Wissenschaftsfreiheit.

Auch in Fortsetzung des Frankfurter March for Science vom vergangenen Wochenende sagte Prof. Birgitta Wolff:

„Das Präsidium der Goethe-Universität sieht seine Aufgabe darin, für die Wissenschaftsfreiheit einzutreten und ist keine „Diskurspolizei“. Dabei ist uns besonders wichtig, dass in der Goethe-Universität unterschiedliche wissenschaftliche Positionen eingenommen und nach den Regeln des akademischen Diskurses vertreten werden können. Wissenschaftsfreiheit bedeutet dabei auch, dass Fachbereiche, Institute und Professuren der Goethe-Universität nicht nur frei darin sind, Veranstaltungen in eigener Regie und mit eigener thematischer Ausrichtung zu gestalten. Es ist vielmehr ausdrücklich Teil ihrer Aufgaben“, so Wolff. „Wenn anonyme Gruppen einzelne Forschende diskreditieren oder gar bedrohen sollten, ist das in mindestens zweifacher Hinsicht inakzeptabel: Statt offen für ihre Position einzutreten, agieren sie aus der Anonymität heraus und sind damit gerade nicht bereit, in den universitären Diskurs einzutreten; sie bedienen sich einer wissenschaftsfernen, herabwürdigenden Rhetorik mit verunglimpfenden Zuschreibungen, die das Gegenüber als Wissenschaftler und Person herabsetzen. Sie versuchen dadurch dem Diskurs und seinen Beteiligten ihre wissenschaftsferne Ideologie aufzuzwingen. Ein wissenschaftsgeleitetes Erkenntnisstreben, basierend auf der Vielfalt von Forschungsperspektiven und Methoden, setzt die Freiheit der Wissenschaft voraus. Dass sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Goethe-Universität dieser sicher sein können, dafür werde ich als Präsidentin heute, aber auch in Zukunft eintreten.“   

Prof. Klaus Günther betonte: „Im Forschungsprogramm von Normative Orders geht es seit unserem Beginn im Jahr 2007 darum, die vielen Facetten des gesellschaftlichen Wandels in der Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen sorgfältig zu erforschen und die damit verbundenen normativen Fragen herauszuarbeiten. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung über Prinzipien, Werte, Normen und Rechte, deren Entstehungsbedingungen, Hintergründe und Folgen ist von dem Interesse geleitet, zum öffentlich nachprüfbaren Erkenntnisgewinn beizutragen. Dies geschieht in der Wissenschaft durch wechselseitige Kritik in einem freien Wettbewerb um die besseren Argumente, in dem die Beteiligten einander mit Respekt und Toleranz begegnen.

Ein solches Erkenntnisinteresse ist, in bester Frankfurter Tradition, emanzipatorisch. Daher gilt es, in aller Entschiedenheit die Freiheit der wissenschaftlichen Kontroverse gerade bei unterschiedlichen inhaltlichen Auffassungen zu verteidigen, wie es sie auch innerhalb unseres Forschungsverbundes für die im Rahmen der heutigen Konferenz zu diskutierende Frage des Kopftuchtragens gibt. Dazu gehört es selbstverständlich auch, Behauptungen, die auf Rassismus und Xenophobie basieren, mit Gründen als unhaltbar zurückzuweisen.

Um es ganz deutlich zu sagen: Wenn an einer Institution, an der ich beteiligt bin, Referentinnen oder Referenten eingeladen werden, deren Haltungen mir nicht passen, verlangt es die Toleranz nicht, dass ich mir meinen Widerspruch verkneife. Aber sie verlangt, dass ich andere, unbequeme Positionen nicht unterbinde.“

Prof. Susanne Schröter erklärte: „Universitäten sind Orte, die auch von kontroversen Debatten zu aktuellen Themen leben. Diese Auseinandersetzungen beflügeln den wissenschaftlichen Diskurs und wirken produktiv in die Gesellschaft hinein. Dafür braucht es den freien Austausch von Argumenten und den Widerstreit der Positionen. Das Präsidium der Goethe-Universität hat sich in aller Deutlichkeit für diese Freiheit der Wissenschaft ausgesprochen und Probleme, die im Vorfeld unserer Konferenz entstanden sind, kooperativ und konstruktiv gelöst. Wir sind für diese großartige Unterstützung außerordentlich dankbar.“

In den vergangenen Wochen hatte es Versuche gegeben, die Konferenz „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ an der Goethe-Universität zu verhindern und die verantwortliche Wissenschaftlerin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam des Forschungsverbundes Normativer Ordnungen, Prof. Dr. Susanne Schröter, persönlich und wissenschaftlich zu diskreditieren. Dies hat große mediale Aufmerksamkeit erregt. Die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff, hatte sich unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe am 26. April in einer öffentlichen Stellungnahme im Namen des Präsidiums der Universität hinter Frau Schröter und die Tagung gestellt und diese verteidigt (https://aktuelles.uni-frankfurt.de/aktuelles/statement-der-praesidentin-der-goethe-universitaet-zur-kampagne-gegen-prof-susanne-schroeter/).

Das Leitbild der Goethe-Universität

Die Goethe-Universität ist eine weltoffene Werkstatt der Zukunft mitten in Europa. 1914 von BürgerInnen für BürgerInnen gegründet, hat sie seit 2008 als autonome Stiftungsuniversität an diese Tradition wieder angeknüpft. Ihrer wechselvollen Geschichte kritisch verpflichtet, ist sie geleitet von den Ideen der Europäischen Aufklärung, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit und wendet sich gegen Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus. Die Goethe-Universität ist ein Ort argumentativer Auseinandersetzung; Forschung und Lehre stehen in gesellschaftlicher Verantwortung. Mit Johann Wolfgang Goethe als Dichter, Denker und Naturforscher verbindet sie innovatives Denken und fächerübergreifendes Handeln.

Zu unseren Grundsätzen zählen:

  • Wir antworten in disziplinärer Vielfalt auf gesellschaftliche Fragen.
  • Wir bekennen uns zur Freiheit und Einheit von Forschung und Lehre.
  • Wir forschen, lehren und lernen auf internationalem Niveau.
  • Wir überprüfen konstruktiv-kritisch unsere eigenen Leistungen.
  • Wir verstehen uns als lernende Organisation.
  • Wir sorgen für transparente Leitungsstrukturen und Partizipation aller Beteiligten.
  • Wir verwirklichen Chancengleichheit.

Grundlage unseres Denkens und Handelns ist die Wertschätzung von Offenheit und Vielfalt. Daher sucht die Bürgeruniversität den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen.

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