Auf dem Campus Westend gehört das Gebäude der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (RuW) zu den neueren Bauten (eröffnet 2008), bei denen bereits verstärkt auf eine klimabewusste Bauweise geachtet wurde. Mittlerweile kann mit neuer Technologie aber noch deutlich mehr Energie gespart werden, ohne dass daraus Nachteile für die Gebäudenutzer*innen entstehen. In einem Pilotprojekt wurden jetzt auf einer Etage des RuW – der des Dekanats und der Abteilung Marketing des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften (FB 02) – intelligente Thermostate getestet, mit denen der Bedarf an Heizenergie um 40 Prozent reduziert wird.
Dirk Seitz, Teamleiter im Energiemanagement, ist stets umtriebig, wenn es um gute Energielösungen für die Goethe-Universität geht. Darum war das Interesse des Ingenieurs auch schnell geweckt, als die Firma Vilisto mit ihm Kontakt aufnahm und ihm von ihrer Neuentwicklung berichtete: Das Start-up aus Hamburg hat selbstlernende Thermostate auf den Markt gebracht, die den Heizenergiebedarf in Räumen eigenständig an den jeweiligen Bedarf anpassen können. Ist zum Beispiel keine Person in einem Raum, wird für dieses Zimmer automatisch die Temperatur gesenkt. Das junge Unternehmen hatte auch auf anderen Ebenen bereits überzeugt und den hessischen Energiepreis gewonnen. Seitz und Vilisto vereinbarten, die Technik an der Goethe-Universität mit einem Pilotprojekt auszuprobieren.
Von den Energiespar-Dialogen an der Goethe-Uni (Bonussystem belohnt von Kolleg*innen identifizieren Energiesparlösungen für den eigenen Bereich: https://tinygu.de/em-anreizsysteme) kannte Dirk Seitz verschiedene Kolleg*innen, die sich in ihrem Arbeitsbereich für mehr Umweltschutz engagieren. Eine von ihnen ist Nicole Marx, Mitarbeiterin im Dekanat des Fachbereichs 02. Sie war begeistert von dem Vorhaben und gerne bereit, in den Dialog mit den Kolleg*innen im Dekanat zu gehen, um deren Zustimmung einzuholen. „Wir hatten schon vor Corona ein paar Maßnahmen identifiziert, um unsere Ökobilanz zu verbessern“, erzählt sie. „Wir nutzen unter anderem das Serverhotel des Hochschulrechenzentrums und planen – teilweise haben wir bereits – Pool-Drucker anstatt einzelne Drucker in den Büros.“ Dementsprechend wurde die Entscheidung schnell gemeinsam gefällt, die selbstlernenden Thermostate auf der RuW-Etage einbauen zu lassen.
Weil sich Gitter über den Unterflurkonvektoren befinden, sind die Heizkörper im RuW-Gebäude manuell schwer zu regulieren. Kein Problem für die selbstlernenden Thermostate: Diese heizen morgens rechtzeitig vor und senken vollautomatisch ab, sobald keine Wärme mehr benötigt wird beziehungsweise, wenn die Büros nicht genutzt werden. Nach der Durchführung einer unverbindlichen Projektanalyse bestätigte sich, dass die Ausstattung mit den selbstlernenden Thermostaten innerhalb des Dekanatsbereiches bzw. der Abteilung Marketing im RuW-Gebäude sinnvoll ist.
Im Februar 2022 wurden die intelligenten Thermostate installiert; Dauer: ein Tag. Die Zusammenarbeit mit dem „schnellen, jungen, motivierten Vilisto-Team“ sei reibungslos gewesen und habe Spaß gemacht, sind sich Seitz und Marx einig. Nach einer zweiwöchigen Anlernphase hatte die intelligente Heizkörpersteuerung die Nutzungsmuster der einzelnen Räume erlernt. „Früher standen die Thermostate durchgehend auf Stufe 5 – heute heizen sie nur noch bedarfsgerecht“, erklärt Seitz. Zwei Monate wurden die Verbräuche an Wärmemengenzählern gemessen und ausgewertet. Das Ergebnis: In Kombination mit der effizienten Betonkernaktivierung des Gebäudes konnte derEnergieverbrauch der Konvektoren, die mit den intelligenten Thermostaten ausgestattet worden waren, witterungsbereinigt um 41,3 Prozent reduziert werden.
Nicole Marx ist es ein Anliegen, auch Kolleg*innen aus anderen Unibereichen zu motivieren, mit dem Energiemanagement in Kontakt zu treten. Sie betont: „Man braucht wirklich keine Bedenken zu haben, bei so einem Projekt mitzumachen. Das Energiemanagement hat uns die ganze Arbeit abgenommen und sich um alles gekümmert. Meine Aufgabe war nur, den Kolleginnen und Kollegen zu erzählen, was bei dem Thermostat-Austausch gemacht werden würde und wie wir damit ohne Einbußen bei der Büroqualität signifikant Energie sparen können. Wir waren uns dann schnell einig, dass wir das machen wollen.“ „Energieeinsparung und Klimaschutz gehen uns alle an“, sagt auch Dr. Antje Judt, die Geschäftsführerin des Dekanats im FB 02. „Die intelligenten Thermostate sind eine ideale Möglichkeit, ohne Komfortverlust Energie zu sparen und damit den CO2-Ausstoß zu verringern. Wir wünschen uns, dass dieses Pilotprojekt uniweit ausgerollt wird.“
Die Vermittlungsleistung, die Nicole Marx in den Fachbereich hinein übernommen hat, war dabei sehr wertvoll für die Kolleg*innen im Energiemanagement. Dirk Seitz: „Erst durch die Unterstützung und das Engagement von Frau Marx, dem Team des Dekanats sowie der Abteilung Marketing wurde es uns möglich, ein Projekt wie dieses umzusetzen!“
Bis zu einem möglichen uniweiten Roll-out ist es noch ein Stück Weg – Seitz hofft aber, dass ein Einbau der selbstlernenden Thermostate bald zumindest im gesamten RuW-Gebäude möglich sein wird. Jetzt testet er die neue Heizregulation erst einmal in einem Altbau: Die über hundert Jahre alte Villa in der Bockenheimer Landstraße, in der das Internationale Studienkolleg seinen Sitz hat, ist von der energetischen Aufstellung her so ziemlich das Gegenteil zum modernen RuW-Gebäude. „Ich bin gespannt, was wir hier erreichen können.“
Jährliche Einsparungen Pilotprojekt RuW-Gebäude:
Heizenergie: 27.643 kWh Kosten: 2.499,45 €
CO2- Emissionen: ca. 6,01 t/a
Amortisation: ca. 5 Jahre
Quelle: GoetheSpektrum (3/22)