»Tag der Patientensicherheit«

Im Universitätsklinikum waren sie vorbereitet. Der Patient, der kürzlich aus einem griechischen Krankenhaus nach Frankfurt verlegt wurde, galt als Risikopatient, weil er in einem Mittelmeerland in Kontakt mit dem dortigen Gesundheitssystem gekommen war. Er wurde von vorneherein auf einem Einzelzimmer isoliert, nahm am Screening auf multiresistente Krankheitserreger teil.

Und tatsächlich wurde das Institut für „Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene“ bei dem Patienten fündig: Mitarbeiter des Instituts wiesen den gefährlichen Erreger Acinetobacter baumanii nach. Seither befindet sich an der Zimmertür ein blaues Warnschild mit speziellen Verhaltensregeln für Besucher und für das Krankenhauspersonal; vor anderen Erregern würde ein rotes oder gelbes Schild mit entsprechenden Hinweisen warnen.

Von diesem aktuellen Fall berichtete der Direktor des Instituts für medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Professor Volkhard Kempf, am „1. internationalen Tag der Patientensicherheit“ und betonte: „Auf dem Gebiet der Hygiene und Vermeidung von Infektionskrankheiten sind wir Vorreiter und haben Konzepte entwickelt, die weit über unser Haus hinaus wichtige Impulse setzen.“ Zusammen mit dem Leiter der Abteilung Krankenhaushygiene, Privatdozent Christian Brandt, erläuterte Kempf die Antworten des Uniklinikums auf die brisante und drängende Frage: „Wie lassen sich Krankenhausinfektionen vermeiden?“

Kampf gegen Keime auf allen Ebenen

Die beiden Mediziner machten deutlich, dass das Klinikum der Goethe-Universität den Kampf gegen nosokomiale (im Krankenhaus erworbene) Infektionen auf allen Ebenen führt, vom ärztlichen Direktor bis hin zu den Reinigungskräften, die auf den Stationen die Patientenzimmer putzen. Der ärztliche Direktor gehört neben Kempf, Brandt und anderen der Hygienekommission an: Diese legt fest, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, und fasst sie im so genannten Hygieneplan zusammen – gewissermaßen das Drehbuch für die Infektionsprävention.

Genauso wichtig wie das Drehbuch ist freilich die Besetzungsliste: Die eine Hauptrolle im Kampf gegen Krankenhauskeime spielt die akkreditierte Infektionsdiagnostik, der von den Gutachtern der nationalen Akkreditierungsstelle höchste Qualitätsstandards bescheinigt werden. Die andere Hauptrolle spielt das Team der Abteilung Krankenhaushygiene, das Schulungen abhält und andere Mitarbeiter des Klinikums berät, falls erforderlich auch mitten in der Nacht oder am Wochenende.

„Wir vermitteln den Mitarbeitern wissenschaftlich geprüfte Verfahren und versetzen sie so in die Lage, Infektionen bewusst zu vermeiden“, sagt Christian Brandt. Er ist Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin und wird bei seiner Arbeit unterstützt durch eine Assistenzärztin sowie fünf Hygienefachkrankenpflegekräfte – und natürlich durch die 30 hygienebeauftragten Ärzte der einzelnen Kliniken im Universitätsklinikum sowie durch dessen Betriebsärztin.

Kempf und Brandt erläuterten, wie vielschichtig sich das Thema Krankenhaushygiene für sie darstellt, angefangen bei einer gründlichen Basishygiene. Dazu gehören zum einen ganz konkrete Arbeitsanweisungen an die Fremdfirmen sowie genau festgelegte Routinen, mit denen die Arbeit der Reinigungskräfte überprüft wird. Die beiden speziell geschulten Mitarbeiter der Reinigungskontrolle – Angestellte des Universitätsklinikums – tragen ein Gel auf häufig angefasste Objekte wie Türklinken und Toilettensitze auf, das unter UV-Licht fluoresziert.

Nur wenn die Objekte nach der Reinigung im UV-Licht dunkel erscheinen, sehen die Kontrolleure, dass die Objekte gründlich gereinigt wurden. Zur Basishygiene gehören zum anderen aber auch die standardisierte, zertifizierte Sterilisation von OP-Besteck und anderen Medizinprodukten sowie korrekte Verfahren im OP und beim Umgang mit Patienten, die etwa beatmet werden oder denen ein Venenkatheter gelegt wird.

Erfolg der Frankfurter Strategie

Die Basishygiene muss natürlich ergänzt werden durch den angemessenen Umgang mit den „schweren Fällen“, sprich mit multiresistenten Krankheitserregern, gegen die eine Vielzahl der bekannten Antibiotika wirkungslos sind. Christian Brandt erläutert: „Die übertriebene, unkritische Gabe von Antibiotika bewirkt, dass zwar die unerwünschten Bakterien im Körper des Patienten absterben, so dass der Patient tatsächlich gesund wird – aber es überleben resistente Bakterien, die sich dann ausbreiten können, weil sie einen Selektionsvorteil haben.“

Daher werden bestimmte Antibiotika im Uniklinikum Frankfurt nur unter Kontrolle speziell geschulter Ärzte verordnet. Außerdem wurde am Institut für medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene die „Frankfurter Strategie gegen die Verbreitung eingeschleppter multiresistenter Erreger“ entwickelt. Darin wird beschrieben, welche Patienten zu verschiedenen Risikogruppen gehören, so dass bei ihnen ein Screening auf multiresistente Erreger vorzunehmen ist, und was bei diesem zu beachten ist.

Volkhard Kempf und Christian Brandt beobachten, dass die Frankfurter Strategie greift. Insbesondere ist es am Klinikum der Goethe-Universität noch zu keinem Ausbruch multiresistenter Erreger gekommen. Kempf beschäftigt sich allerdings nicht nur mit dem klinischen Alltag: Als stellvertretender Sprecher einer DFG-Forschergruppe zu Eigenschaften des Bakteriums Acinetobacter treibt er die Grundlagenforschung voran. Deren Sprecher ist übrigens Professor Volker Müller vom Fachbereich Biowissenschaften der Goethe-Universität. Kempf lobt die interdisziplinäre Zusammenarbeit: „Von dieser außergewöhnlichen Initiative zwischen Biologie und Medizin werden letztlich auch die Patienten profitieren, im Frankfurter Uniklinikum wie in anderen Krankenhäusern.“ [Autorin: Stefanie Hense]

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blog_vorschau_uni-reportDieser Artikel ist in der UniReport-Ausgabe 5-2015 erschienen.

(PDF-Download).

 

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