Die Geschichte der Chemischen Institute schreibt Zukunft
Die Goethe-Universität Frankfurt zählt heute zu den führenden Hochschulen Deutschlands, unter anderem im Bereich der Naturwissenschaften. Ein bedeutender Teil dieser Erfolgsgeschichte ist das Institut für Chemie, das in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Veränderungen durchlaufen hat. Von den Anfängen im Frankfurter Stadtteil Bockenheim bis hin zum modernen Wissenschaftscampus Riedberg spiegelt die Geschichte des Instituts den Wandel der Universität und die Weiterentwicklung der chemischen Forschung wider.
Forschend, entdeckend, prägend – das Institut für Chemie an der Goethe-Universität Frankfurt hat eine lange und einflussreiche Geschichte, die bis in die Anfänge der Universität zurückreicht. Als die Goethe-Universität 1914 gegründet wurde, nahm auch das Institut für Chemie seine Arbeit im Stadtteil Bockenheim auf. Inmitten von engen Straßen und alten Gebäuden fanden die ersten Chemiker eher bescheidene Bedingungen vor. Doch der wissenschaftliche Eifer war groß, und das Institut gewann rasch an Anerkennung. Schon bald etablierte sich die Chemie als eines der führenden Institute in Deutschland. Die enge Verbindung der Chemie mit der Stadt Frankfurt und der umliegenden chemischen Industrie brachte über die Jahre zahlreiche Kooperationen und technologische Innovationen hervor. Unternehmen wie Hoechst oder Degussa entwickelten in Zusammenarbeit mit der Universität zahlreiche neue chemische Produkte und Verfahren.
Dies führte zu einem nachhaltigen Austausch zwischen akademischer Forschung und industrieller Anwendung. Besonders im Bereich der chemischen und pharmazeutischen Industrie spielte die Chemie in Frankfurt eine Schlüsselrolle. Absolventen fanden an den nahe gelegenen bedeutenden Standorten hervorragende Berufsmöglichkeiten vor. Dies hat sich bis heute nicht geändert.
Anfänge in Bockenheim: Der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft
Mit den Jahren stieg die Zahl der Studierenden an der Universität, und die Räumlichkeiten in Bockenheim wurden zunehmend knapp. Ende der 1950er Jahre platzte die Universität bald aus allen Nähten. Auch das Chemie-Gebäude in Bockenheim stieß langsam an seine Grenzen. Dicht gedrängt waren 370 Hauptfachstudenten der Chemie in der Robert- Mayer-Straße auf dem Campus Bockenheim untergebracht – doppelt so viele Studierende wie vom Wissenschaftsrat empfohlen. Es wurde klar: Der Bedarf an moderner Ausstattung machte Erweiterungen notwendig, die im dicht besiedelten Bockenheim nur schwer umzusetzen waren. Die Entscheidung, den naturwissenschaftlichen Bereich aus dem Stadtzentrum zu verlagern, wurde unausweichlich.
Der Weg zum Riedberg: Ein neuer Campus für die Wissenschaft
In den 1970er Jahren beschlossen die Stadt Frankfurt und das Land Hessen gemeinsam mit der Goethe-Universität, die Naturwissenschaften auf einen neuen Campus am Niederurseler Hang, dem Riedberg, zu verlegen. Zunächst als »Campus Niederursel« bezeichnet, sollte hier eine zweite Frankfurter Universität entstehen. Doch das Konzept wurde in den späten 1970er Jahren zugunsten eines spezialisierten naturwissenschaftlichen Campus aufgegeben. Die Chemie spielte dabei eine zentrale Rolle und zog als erstes Institut auf den neuen Campus um. 1983 markierte der Umzug des Instituts für Chemie auf den Riedberg den Beginn einer neuen Ära. Der Ausbau der Gesamtchemie ermöglichte 550 bis 700 Chemie-Studienplätze mit 385 Laborarbeitsplätzen. Moderne Labore und großzügige Räumlichkeiten boten den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern völlig neue Möglichkeiten. Der Campus Riedberg entwickelte sich schnell zu einem Zentrum der interdisziplinären Forschung. Neben der Chemie siedelten sich hier auch die Physik, Biowissenschaften, Pharmazie und Geowissenschaften an. Die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie den Max-Planck-Instituten für Biophysik und Hirnforschung trug ebenfalls zur wissenschaftlichen Exzellenz des Standorts bei.
Science City Riedberg: Ein Zentrum der Forschung
Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Riedberg zu einem der führenden Wissenschaftsstandorte Deutschlands. Neben Chemie, Biochemie und Pharmazie sind hier auch Physik, Geowissenschaften und Biowissenschaften vertreten. Renommierte außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie das Max- Planck-Institut für Biophysik und das Max-Planck-Institut für Hirnforschung tragen wesentlich zur Attraktivität des Standorts bei. Die enge Verknüpfung von universitärer und außeruniversitärer Forschung sowie eine moderne Infrastruktur mit Mensen, Wohnheimen und Kinderbetreuungsangeboten machen den Riedberg zu einer lebendigen »Science City«. Trotz dieser Erfolge zeigte sich in den letzten Jahren, dass die Gebäude aus den 1980er Jahren den heutigen Anforderungen der Forschung nicht mehr vollständig gerecht werden. Die chemische Forschung ist stetig komplexer geworden, und es bedarf moderner Räumlichkeiten, die sich flexibel anpassen lassen und nachhaltige Technologien integrieren.
Ein Blick in die Zukunft: Neubau für das Chemie-Institut
Um den aktuellen und künftigen Anforderungen der chemischen Forschung gerecht zu werden, baut die Goethe-Universität derzeit ein neues, modernes Gebäude für die chemischen Institute auf dem Riedberg. Dieses wird mit flexiblen Laboren ausgestattet sein, die sich dynamisch an die sich wandelnden Bedürfnisse der Forschung anpassen. Zudem setzt der Bau auf zukunftsweisende nachhaltige Konzepte wie Energieeffizienz und Ressourcenschonung. Offene Raumkonzepte werden die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die den Riedberg zu einem zentralen Wissenschaftsstandort gemacht hat, weiter fördern. Mit dem Neubau stärkt das Institut nicht nur seine führende Position in der Forschung, sondern schafft auch einen Ort, an dem künftige Generationen von Chemikerinnen und Chemikern auf höchstem Niveau ausgebildet werden – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Forschung der Zukunft prägen werden. Die Zukunft des Instituts für Chemie ist vielversprechend – und sie wird auf dem Riedberg geschrieben.
Heike Jüngst