Frankfurter Forschertradition: Grabungen im antiken Priene

Innenansicht vom Arbeitsraum in Priene: Bau und Ausstattung dieses Depots haben die Freunde der Goethe-Universität gefördert; Foto: Wulf Raeck

Die Freundesvereinigung unterstützt seit 20 Jahren die Aktivitäten der Archäologen.

In Hochzeiten der Grabungskampagne tragen Frankfurter Archäologen und ihre lokalen Helfer pro Tag bis zu 20 Kisten mit Keramikstücken, Münzen und Glasscherben ins Grabungshaus im westtürkischen Priene. Dort muss dann alles gereinigt und katalogisiert werden; eine mühsame, aber spannende Detailarbeit, die seit einigen Jahren unter idealen Bedingungen abläuft – und dies auch dank der großzügigen Unterstützung der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität für 15 Arbeitsplätze.

Insgesamt haben die Freunde in den vergangenen 20 Jahren das Archäologen-Team um Prof. Wulf Raeck und Privatdozent Dr. Axel Filges mit 32.000 Euro unterstützt. Im Vergleich zu den 750.000 Euro aus Drittmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und großer Stiftungen nimmt sich der Betrag bescheiden aus.

„Doch die Zuwendungen der Freundesvereinigung tragen entscheidend zum Gelingen unserer Grabungen bei“, so Raeck. Priene, in hellenistischer Zeit noch Hafenstadt am Nordrand der Schwemmebene des Mäanderflusses („Büyük Menderes“), ist eine antike Stadt wie aus dem Lehrbuch:

Die wichtigsten antiken Gebäudetypen vom Athena-Tempel bis zum Buleuterion, dem städtischen Versammlungshaus an der Agora, sind zumindest in ihren Grundmauern gut erhalten; Wohnquartiere nach einem einheitlichen rechtwinkeligen Raster („insulae“) prägen den Stadtplan. Im 4. Jahrhundert v. Chr. begann die Besiedlung, in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. waren fast alle wichtigen Gebäude fertiggestellt.

Beinahe zur selben Zeit aber verschütteten gewaltige Erdmassen – sie lösten sich nach einem Erdbeben von der nahegelegenen Teloneia-Felswand – fast ein Drittel der Wohngebiete, und ein anschließender Brand verwüstete weitere Bereiche der Stadt. Unter den Erdschichten präsentiert sich heute den Archäologen eine Momentaufnahme des damaligen Alltagslebens: Kochtöpfe, Feinkeramik, Bleigewichte, Möbelbeschläge und kleine Terrakotta- und Marmorfiguren.

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Offensichtlich ließen sich die Bewohner nicht entmutigen und bauten ihre Stadt, in der bis zu 5000 Menschen lebten, wieder auf. Schon ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden große Bereiche des Stadtgebietes von Priene freigelegt, daran war auch der erste Frankfurter Professor für Archäologie, Hans Schrader, beteiligt, in den 1950er Jahren folgte Prof. Gerhard Kleiner aus der Main-Metropole.

Und Ende der 1990er Jahre setzte Prof. Raeck im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts die Frankfurter Tradition in Priene fort; gefördert von der DFG erforschte er gemeinsam mit dem Münchner Bauhistoriker Prof. Wolf Koenigs Stadtentwicklung, Wohnverhältnisse und Lebensbedingungen in der antiken Stadt. Ein weiteres DFG-Projekt mit Kieler und Bonner Kollegen schloss sich bis 2012 an.

Zunächst waren die Arbeitsbedingungen in Priene schwierig: Das Depot mit den Grabungsfunden und auch die Arbeitsplätze für die etwa 20 Wissenschaftler und Studierenden, die regelmäßig im August und September sechs Wochen dort arbeiten, waren auf drei ehemalige Ladenlokale verteilt. Der Bürgermeister von Priene, das heute Güllübahçe heißt, sorgte dafür, dass die Wissenschaftler ein Grundstück für ein eigenes zweistöckiges Grabungshaus mit Depot und Arbeitssaal bekamen.

Das Gebäude konnte dann schließlich 2008 bezogen werden. Dazu Raeck, der bis 2014 die Grabungen leitete und 2015 in Pension ging: „Wenn damals die Freundesvereinigung nicht eingesprungen wäre, hätten wir in dem neuen Gebäude nicht vernünftig arbeiten können. Die schnelle, unbürokratische Hilfe ist so wichtig für unsere Arbeit.“ Und auf die Unterstützung der Freunde können die Frankfurter Archäologen bis heute setzen, wie Filges, Raecks Nachfolger in Priene, berichtet:

„Im Sommer 2016 benötigten wir dringend ein Stahlregal, das auch für schwerste Lasten geeignet ist. Denn aus dem Museum im nur 20 Kilometer entfernt gelegenen Milet wurden Dutzende bis zu 200 Kilo schwere Architekturblöcke des Athena-Tempels nach Priene zurückgebracht. Das Regal ließ sich mit Unterstützung der Freundesvereinigung schnell und vor allem kostengünstig vor Ort fertigen.“

Seit 2014 leitet nun Prof. Hakan Mert von der Uludağ-Universität Bursa, mit dem schon Raeck eng kooperiert hat, die Grabungen in Priene. „Inzwischen hat sich ein vertrauensvolles Team gebildet. Vieles läuft zweisprachig – auch die Funddokumentation und die wöchentlichen Grabungsvorträge“, so Filges. Neben Grabungen – zurzeit besonders an den Hängen, wo kleine private Kultstätten zu finden sind – steht der Erhalt des antiken Erbes im Fokus der deutsch-türkischen Anstrengungen.

Dazu Filges: „Die 2000 Jahre alten Bauwerke sind durch ihre Ausgrabung wieder den klimatischen Bedingungen ausgesetzt, so dass es in unsere Verantwortung fällt, die freigelegten Gebäudereste nachhaltig zu sichern.“ So werden beispielsweise die Mauerkronen – für Besucher kaum sichtbar – sorgsam konserviert, um einer weiteren Verwitterung zuvorzukommen. Apropos Besucher: Zwar tummeln sich in Priene nicht so viele Touristen wie im nahegelegenen Ephesus oder in Didyma.

Aber wer kommt, ist begeistert von dieser kompakten und überschaubaren Anlage in fantastischer Lage, und er wird bestens mit verschiedenen Schautafeln und einem Flyer informiert, der von den Frankfurter Archäologen erarbeitet und von den Freunden der Goethe-Universität mitfinanziert wurde. Vielleicht haben die Freunde auch mal wieder Interesse, wie schon in den 1990er Jahren, in fachkundiger Begleitung nach Priene zu fahren? Es gibt viel Neues zu entdecken!

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 6.17 (PDF-Download) des UniReport erschienen.

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