Arbeitsmarkt Ostasien: Was die besten Köpfe ins Ausland lockt

Die Volkswirtschaften China und Singapur gehören zu den dynamischsten Migrationsregionen der Welt. Aber auch Japan und Korea sind auf die Zuwanderung von Fachkräften angewiesen. Der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte setzt in der Region jedes Jahr mehrere Millionen Menschen in Bewegung. Welche Rolle die Ausbildung bei der Mobilität spielt, untersuchen nun Ostasienwissenschaftlerinnen der Universitäten Frankfurt und Duisburg-Essen, der Freien Universität Berlin und des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multiethnischer und multireligiöser Gesellschaften in Göttingen. Die von der Goethe-Universität koordinierte Nachwuchsgruppe erhält dazu im Rahmen der Förderinitiative „Kleine Fächer“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die kommenden vier Jahre insgesamt mehr als 2 Millionen Euro.

Spezialistinnen und Spezialisten der IT-Branche, innovativer Start-ups oder von Top-Universitäten – überalterte Gesellschaften in Industrienationen brauchen ausländische Fachkräfte. Dies gilt für Deutschland ebenso wie für die ostasiatischen Länder Südkorea, Singapur, China und vor allem Japan. Aufgrund ihrer Lebensqualität sind diese Staaten attraktiv für qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen. Doch längst ist nicht ausgemacht, was im Wettstreit um die besten Köpfe Erfolg verspricht: Was lockt etwa gut ausgebildete chinesische Fachkräfte nach Japan, Südkorea oder Singapur? Was fördert, was hemmt die Integration der qualifizierten Zuwanderer und Zuwanderinnen? Welche sozialen Netzwerke entwickeln Arbeitsimmigranten? Welche Rolle spielt ihre Eigeninitiative zur Weiterqualifikation, ihre Ethnie und Nationalität, ihr Geschlecht und ihre Mehrsprachigkeit? Und was veranlasst die Fachkräfte, nach Jahren in ihre Heimatregion zurückzukehren?

„Wenn die Einwanderungspolitik eines Landes zukunftsfähig sein soll“, erklärt Projektleiterin Dr. Ruth Achenbach von der Goethe-Universität, „dann müssen wir die Perspektiven der Migranten und Migrantinnen genau kennen.“ Ziel des nun vom BMBF mit mehr als 2 Millionen Euro geförderten Forschungsprojekts ist, die Rolle der Qualifikation der immigrierten Fachkräfte zu untersuchen. Mit ihren Ergebnissen wollen die Wissenschaftlerinnen einen Betrag zu einer nachhaltigen Einwanderungspolitik von Industrienationen leisten.

Zum wissenschaftlichen Team gehören neben Ruth Achenbach und Dr. Joohyun Justine Park vom Interdisziplinären Zentrum für Ostasienstudien (Goethe-Universität) Dr. Helena Hof (MPI Göttingen) sowie Dr. Megha Wadhwa (Freie Universität Berlin) und Dr. Aimi Muranaka (Universität Duisburg-Essen). Darüber hinaus stehen die Wissenschaftlerinnen mit zahlreichen externen regionalen Kooperationspartnern im Austausch.

Das Forschungsprojekt sieht eine dreijährige qualitative Studienphase vor – in diesem Rahmen soll etwa die Situation ostasiatischer Start-ups in Japan und Singapur sowie ostasiatischer Fachkräfte in Südkorea untersucht werden; befragt werden ebenso Chinesinnen und Chinesen in Japan, zurückgekehrte Fachkräfte in China und vietnamesische und indische IT-Fachkräfte in Japan. Das Frankfurter Teilprojekt begleitet darüber hinaus chinesische Absolventinnen und Absolventen der 20 besten japanischen Universitäten vom job-hunting bis in die ersten Jahre auf dem Arbeitsmarkt.

Im letzten Förderjahr sollen die qualitativen Studien quantitativ ausgewertet und nach Ländern verglichen werden. Dabei streben die Wissenschaftlerinnen auch an, die dominierenden westlichen Konzepte der internationalen Migrationsforschung zu korrigieren. Von Erfahrungen der Migration nach Amerika und Europa geprägt gehen diese etwa bislang davon aus, dass sich die ökonomische Situation im Herkunfts- und im Zuwanderungsland erheblich unterscheidet. Dies ist bei der ostasiatischen Arbeitsmigration nicht zwingend der Fall.

Die Ergebnisse der empirischen Forschung sowie der Theorieentwicklung sollen nicht nur wissenschaftlich publiziert, sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden: etwa durch die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern in den Fächern Politik und Wirtschaft und einen Dokumentarfilm.

Die Wissenschaftlerinnen versprechen sich von ihrem Projekt eine Stärkung der „Kleinen Fächer“, indem das auf Regionen bezogene Wissen der Forscherinnen mit aktuellen Forschungsfragen aus Soziologie, Politik- und Wirtschaftswissenschaften verknüpft und somit die Sichtbarkeit der Kleinen Fächer erhöht wird.

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