Die neue PwC-Studie zur Vergütung bei Dax- und MDax-Vorständen in Kooperation mit der Goethe-Universität zeigt, dass langfristige Boni hierzulande nur unzureichend an den nachhaltigen Unternehmenserfolg gekoppelt sind. Wie sich dieser Fehler beheben ließe, erklären Remo Schmid, PwC-Experte für Vergütungsfragen und Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking, Professor an der Goethe-Universität Frankfurt, beide Mitautoren der Studie.
Gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt hat PwC die Vorstandsvergütung bei großen, börsennotierten deutschen Unternehmen auf Basis der DCGK-Mustertabellen analysiert. Was sind die zentralen Ergebnisse?
Schmid: Zunächst einmal haben wir uns mit der Gesamthöhe der Vergütungen beschäftigt. Hier zeigt unsere Auswertung, dass sich die Vorstandsgehälter 2015 im Vergleich zum Vorjahr sehr unterschiedlich entwickelt haben: Die mediane Gesamtvergütung eines Dax-Konzernchefs betrug 5,6 Millionen Euro, was einen Zuwachs von gut 3 Prozent bedeutet. Die weiteren Vorstandsmitglieder kamen auf 2,9 Millionen Euro – ein Minus von zwei Prozent. Im MDax erhielten die CEOs im Median 2,5 Millionen Euro, ihre Vorstandskollegen 1,3 Millionen Euro.
Wie setzen sich die Vergütungen zusammen?
Böcking: Sowohl im Dax als auch im MDax entfallen rund 40 Prozent der Vergütung auf die fixen Komponenten. Dazu gehören Grundvergütung, Nebenleistungen und die Aufwendungen für die Altersversorgung. Die übrigen 60 Prozent setzen sich aus variablen Gehaltskomponenten zusammen, wobei wir in unserer Analyse zwischen „Short Term Incentives“ (STI) und „Long Term Incentives“ (LTI) unterscheiden. Grob lässt sich sagen, dass die LTIs im Dax rund zwei Drittel und die STIs rund ein Drittel der variablen Komponente ausmachen. Im MDax verteilt sich die variable Vergütung in etwa gleichen Teilen auf LTI und STI.
Auf den ersten Blick entspricht diese Aufteilung den Maßgaben des Gesetzgebers und der Regierungskommission Deutscher Corporate-Governance-Kodex. Schließlich war es ja das erklärte Ziel, die Bonuszahlungen stärker am langfristigen Unternehmenserfolg auszurichten.
Schmid: Das stimmt. Allerdings kommt unsere Untersuchung zu dem Schluss, dass die meisten „Long Term Incentives“ zumeist in Cash statt in Aktien zufließen. Beispielhaft zeigt sich das bei den sogenannten „Performance Share Units“ (PSU), die von 47 Prozent aller Konzerne mit einem LTI genutzt werden – und damit das beliebteste LTI-Vehikel hierzulande sind. Obwohl es sich bei diesen PSU grundsätzlich um eine bedingte Zusage auf Aktien handelt, begleichen drei Viertel der Unternehmen den finalen Anspruch in bar. Das heißt: Zwar spiegelt die Auszahlung zunächst den Aktienkurs wider – nach der erfolgten Auszahlung allerdings entkoppelt sich die Vergütung von der Geschäftsentwicklung. Die Bezahlung orientiert sich also nicht wirklich langfristig am nachhaltigen Erfolg des Unternehmens. Mit dieser Ausgestaltung kann Deutschland im internationalen Vergleich als ein Sonderfall bezeichnet werden.
Was schlagen Sie stattdessen vor?
Schmid: Aus unserer Sicht wäre es weit zielführender, unter den langfristigen Boni auch tatsächlich Aktien zuzuteilen – und die Vorstände durch entsprechende Klauseln anzuhalten, die Papiere über einen längeren Zeitraum zu halten, auch sogar über die Organtätigkeit hinaus. Dadurch könnte eine wirklich langfristige Interessenkongruenz zwischen Vorstand und Unternehmen sichergestellt werden.
Im Ausblick Ihrer Studie gehen Sie auch auf die CSR-Richtlinie ein, die von den Konzernen verlangt, nicht-finanzielle Leistungsindikatoren künftig stärker in der Unternehmenspublizität zu berücksichtigen. Ergeben sich dadurch auch Auswirkungen auf die Vergütung?
Böcking: Das halte ich für sehr gut möglich. Wenn der Nachhaltigkeitsbegriff stärker als bislang betont wird, liegt es nahe, dass sich Aufsichtsräte veranlasst sehen, auch die Vorstandsvergütung zumindest ein Stückweit an nicht-finanziellen Aspekten – wie Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange sowie Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung – auszurichten. In Einzelfällen sehen wir das heute schon. Grundsätzlich würde sich dadurch die Möglichkeit ergeben, den Nachhaltigkeitsgedanken direkt in den Zielsystemen der Vorstandsvergütung zu verankern. Andererseits sollten die Unternehmen darauf achten, dass ihre Gehaltsstrukturen nicht noch komplexer werden, als sie es ohnehin schon sind. Vor diesem Hintergrund wäre eine andere Entwicklung begrüßenswert: Womöglich führt die CSR-Richtlinie dazu, dass sich die nicht-finanziellen Leistungsparameter in Zukunft ohnehin schon im Aktienkurs niederschlagen. Damit flösse der Nachhaltigkeitsaspekt indirekt bereits in die Vergütung des Vorstands ein – wenn Vorstände langfristig aktienbasiert vergütet werden.
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Bibliographische Daten
Vergütungsstudie 2016 – Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung des Dax und MDax 2014 und 2015
Autoren
Remo Schmid, Dr. Henning Hönsch, Prof. Dr. Hans-Joachim Böcking
Herausgeber
PwC, Frankfurt am Main
Bibliographie/Quelle
November 2016 | 58 Seiten
Preis
kostenfrei
Ansprechpartner
Remo Schmid
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